Watch out! Real oder animiert?

Was braucht es, damit eine Computer generierte Uhr von der Realität nicht mehr zu unterscheiden ist? Eine ganze Menge, wie dieses Projekt aufzeigen soll – auch im Jahr 2020 noch.

CGI (Computer Generated Images) gibt es schon lange, aber wirklich realitätsgetreu sind sie erst seit etwa zehn Jahren. Wie alle innovativen Technologien waren sie zu Beginn für viele unbezahlbar. Das hat sich inzwischen geändert. Dennoch sind 3D-Animationen verhältnismässig teuer geblieben. Erstaunlich, wenn man bedenkt, was AI und intelligente Algorithmen bereits heute schon erreichen. Ein Sprung in eine unbekannte, aber perfekte Welt.

Von der Perfektion angetrieben, entwickeln Unternehmen immer bessere Produkte. Damit steigt auch der Anspruch an professionell produzierter Werbung, um das noch so kleinste Detail in das richtige Licht zu rücken. Immer mehr setzen darum auf Werbung aus der 3D-Software, so dass die Realität mit der 3D-Welt verschwimmt. Vor allem in der Produktwerbung haben 3D-Animationen schon vor Jahren Einzug gehalten. Der einzige Unterschied zu früher ist, dass die Animationen heutzutage so detailliert sind, dass sie oft nicht mehr von der Realität unterschieden werden können. Aber was für einen Aufwand steckt hinter einer 3D-Produktion, damit sie möglichst fotorealistisch wirkt?

Auf dieser Basis entstand das Projekt «Watch out!». Inspiriert von der Uhrenindustrie entstand die Idee eine Uhrenwerbung zu produzieren. Natürlich nicht völlig frei erfunden sondern angelehnt an ein reales Modell der IWC Portugieser. Mit den blauen Zeigern erinnert sie an das tiefblaue Schimmern der Ozeane. Den sportlichen Aspekt des Segelns bringt der Chronograph zum Ausdruck. Aber seht selbst, was ein Laie wie ich mit viel Geduld zustande gebracht hat.

Der Spot ist zwar ganz ok, aber nicht wirklich aussagekräftig. Es fehlt die Verbundenheit zum Ozean, das Gefühl vom Segeln und der Freiheit. Um diese Sehnsucht transportieren zu können, entschied ich mich die Botschaft mit realen Bildern zu verstärken. Dadurch gewinnt die Uhr an Charakter, damit der Zuschauer emotional berührt wird und im besten Fall sich mit der Uhr identifizieren kann.

Was ich rückblickend bestätigen kann, ein solches Rendering ist sehr aufwendig. Klar, ich musste noch viel lernen und recherchieren, aber was mich wirklich überrascht hat, ist der Zeitaufwand den ich für ganz kleine Details investieren musste. Der gesamte Arbeitsprozess erstreckte sich schlussendlich über einenhalb Monate. Alleine das Rendern dauerte am Schluss 30 Stunden bei sehr niedriger Qualität. Aus Effizienzgründen verzichtete ich auf ein hochqualitatives Rendering, da ich sonst über eine Woche mein Computer durchgehend hätte rendern lassen müsse. Eine kurze, aber meiner Meinung sehr interessante Rechnung:

8 Szenen à 5 Sekunden
5 sek = 125 Frames
8 x 125 = 1’000 Frames

Renderzeit pro Frame
hohe Qualität: 15 min +
mittlere Qualität: ~ 5 min

effektive Renderzeit
HQ: 1000 x 15 = 15’000 min (250 Stunden, 10.4 Tage)
MQ: 1000 x 5 = 5’000 min (83 Stunden, 3.4 Tage)

Computer Spezifikationen
6th Gen Intel Core i7, 4.2 GHz
Nvidia GeForce RTX 2070 Super

Aus dieser Rechnung geht auch hervor, warum es wichtig ist die Rendereinstellungen wieder und wieder auf die Zeitperformance zu testen, bevor das finale Rendering gestartet wird. In der Slideshow findet ihr ein paar Einblicke zum Arbeitsprozess.

Quellen und Credits
Music:
Odesza – Line of Sight (Reprise) Instrumental

Footage:
The Ocean Race
Portugal by drone – Eaglewood Pictures
Moody 54 DS – HanseYacht AG
Dehler 30 one design – HanseYacht AG

This Animation was created as a non-profit project and for educational purpose only. However please contact me if you are not ok with the use of your footage. Thanks 🙂

(bae)

Kritik
von Noah Debbabi

Dieses Projekt wollte ich schon seit längerem realiseren, allerdings hatte ich erst jetzt die Gelegenheit mit einer professionellen 3D-Software zu arbeiten. In diesem Fall war das Cinema 4D. Mir war es wichtig der Uhr eine Bedeutung aus dem realen Leben zu zuweisen, damit sie wie eine reale Uhr für eine bestimmte Zielgruppe zugeschnitten ist. Damit lässt sich auch die Botschaft in einem Werbespot viel einfacher formen und für ein bestimmtes Kundensegment angesprochen werden. Ich bin mit dem resultat zufrieden obwohl ich noch viel Verbesserungspotenzial sehe. Dennoch fände ich spannend, wie viele das 3D Rendering auf den ersten Blick als Animation erkannt haben.

Vorbereitungen

Zu Beginn musste ich mir einiges an Wissen aneignen damit ich erstens eine sabuere Geometrie der Uhr hinbekomme und zweitens fotorealistische Shaders habe, welche nicht zu viel Renderzeit benötigen. Ausserdem hatte ich etwas Schwierigkeiten, präzise Daten für die korrekten Proportionen zu finden. Das ist wichtig, damit sich die Materialien im Renderer richtig verhalten.

  • Inspiration finden und analysieren
  • Recherche zur Geometrie in 3D
  • Recherche zu Shading und Texturing für Fotorealismus
  • Modellproportionen definieren

Modellieren

Das Modellieren der Grundstruktur war zu beginn sehr einfach umzusetzen. Erst beim Modellieren der Details hatte ich mit ein paar Artefakten in der Geometrie zu kämpfen. Um das Armband schön rund zu modellieren, hatte ich auf die Hilfe des Bendeffekts gezählt. Leider klappte das aber nicht. Auch hier musste ich einen relativ aufwendigen Workaround finden.

  • Modellieren der Grundstruktur
  • Modellieren der Details am Body
  • Modellieren des Ziffernblatts
  • Korrekturen nach Subdivision Surface
  • Modellieren des Armbandes

Shading und Texturing

Dieser Part erforderte viel Geldud um die perfekten Einstellungen der Materialen zu finden. Es war viel Try and Error und Recherchieren, bis ich die Hauptshaders hatte. Aber schlussendlich habe ich ein passablen Weg gefunden und neben bei ganz viel über Physik und Shader Technologie gelernt. ;)

  • Ausleuchten der Szene
  • Definition der einzelnen Materialen
  • Analysieren von Refrections und IOR
  • Testen von Reflektionen im Kombination mit Ground-Diffusion
  • Definition des Renderers mit viel Ausprobieren
  • Troubleshooting Glas im ProRenderer
  • Wechsel zu Physical Renderer
  • Korrektur der Beleuchtung
  • Balancing der Rendertime

Animation

Für die Animationen erstellte ich insgesamt acht Szenen mit unterschiedlicher Beleuchtung und Studio Setting.

  • Erstellen einer Shotlist
  • Erstellen der einzelnen Szenen
  • Erneutes Ausleuchten der Szenen
  • Erstellen der Kamerafahrten
  • Testing

Rendering

Der physische Renderer sowie der integrierte ProRenderer von Cinema 4D eignen sich optimal für fotorealistische Projekte. Leider musste ich aber auf den ProRenderer schlussenlich verzichten, da ich bei den Refractions im Glas ewig lange Renderzeiten hatte. Nach langem Troubleshooting entschied ich mich dann mit dem integrierten physischen Renderer zu arbeiten. Das verlangsamte mein Arbeitsprozess erheblich, da ich auf die Rechenleistung meines CPU's angewiesen war. Hätte ich den ProRenderer verwenden können, hätte ich die volle Rechenleistung meiner RTX GPU nutzen können. Allgemein bemerkte ich, dass bei solchen Projekten die Computer und Software Leistung essentiel für den Workflow ist. Als Beispiel erreichen fotorealistische Renderings von Architekten gut und gerne Renderzeiten von über 12 Stunden pro Bild. Also galt es die Renderzeiten pro Bild mindestens unter vier Minuten pro Bild zu bekommen - ohne einen grossen Qualitätsverlust. Das gesamte Rendering nahm schlussendlich bei einer passablen Qualität nur 30 Stunden in Anspruch. Hätte ich die samples auf ein Niveau für fotorealismus gebracht, wären die Renderzeiten im Rahmen dieses Projektes hart am Limit (geschätzt mindestens 90 Stunden). Das entspricht etwa zwei Arbeitswochen, in denen ich nicht weiter arbeiten hätte können.

  • Testen der Rendereinstellungen
  • Balancing der Rendertime
  • Rendern

Compositing in After Effects

Um die Animationen realitätsgetreuer zu machen, ergänzte ich sie mit Volumetric Light und Staub Elementen.

  • Color Correction
  • Licht Korrekturen
  • Erstellen eines Ozean aus Partikel
  • Erstellen der Texteinblender

Sounddesign in Premiere Pro und Audition

Um schlussendlich die Uhr zum Leben zu erwecken, braucht es ein Audiokulisse. Mit Töne der Uhr wie zB das Ticken, Ozeangeräusch sowie Drones wirkt die Uhr viel mächtiger.

  • Atmospähre Sounds suchen
  • Töne aufnehmen und suchen
  • Ton mischen
  • Finales Rendering in Media Encoder

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