We had a bad feeling about this…

Was tun, wenn man mit seiner besseren Hälfte aufgrund des Lockdowns zu Hause festsitzt und alle geplanten Projekte über den Haufen geworfen wurden? Man spielt mit Legos – aber halt MMP-Style.

Der Volksmund sagt, dass Langeweile erfinderisch mache, und Langeweile war unser steter Begleiter während des Corona-Lockdowns. Sowie jede Menge Zeit. Flavias Idee, einen Stop Motion Film drehen zu wollen in Kombination mit Jans Star Wars Legosammlung, hielt den Prozess der Ideenfindung kurz. Wir würden einen Lego-Star-Wars-Stop-Motion-Film drehen.

Für Jan, als eingefleischten Star Wars Fan, war es wichtig, dass die Szene so nahe wie möglich am Original ist. Deshalb entschieden wir uns, die ikonische Szene vom Ende der dritten Episode, Revenge of the Sith, als Anakin Skywalker zu Darth Vader wird, nachzustellen. Eine Szene, die jeder Star Wars Fan kennt und die nicht zuletzt wegen ihrem schrecklichen «NOOOOOOOO!!!!»-Schrei zu einer Kultszene wurde.

Nach einer Reihe Makro-Bewegungen, mühseliger Filmarbeit und einer Improvisations-Orgie hatten wir nach anderthalb Stunden dann auch endlich unsere ersten 5 Sekunden Bildmaterial. Uns war schnell klar, dass wir uns in unserer Langeweile ein sehr kniffliges und aufwendiges Projekt vornahmen. Aber hey, wenn eine einfacher X-Wing den Todesstern zerstören kann, können wir auch anderthalb Minuten Film produzieren.
Schlussendlich schafften es rund 1’200 Bilder in den finalen Film. Das entspricht mit einer Bildrate von 12fps gut anderthalb Minuten Film. Ein Aufwand, der wie geschaffen für die Anforderungen von Digezz ist.

Solch ein nervenaufreibendes und zeitintensives Projekt hat ungemeines Potential auf Streitigkeiten. Diese blieben uns zum Glück gänzlich erspart. Wir würden diese Tatsache als mindestens genauso grosse Leistung wie den Film selbst einstufen. Man kann sagen, dass die Macht mit uns war.

Zum Vergleich hier das Original. Die entscheidende Szene beginnt bei 3:13.

(bae)

Kritik
von Flavia Bernold und Jan van Ditzhuijzen

Idee

Wie bei vielen anderen auch, hat das Coronavirus unsere ursprünglichen Projekte über Bord geworfen und wir sassen ohne Projekt und Equipment zu Hause. Relativ bald hatten wir alle Optionen durchgedacht und entschieden uns, einen Stop Motion Film zu drehen. Da wir in einem Haushalt mit diversen Star Wars Lego-Sets festsassen, war auch relativ schnell klar, was für einen Film wir drehen würden. Wir entschieden uns dafür, eine Szene aus der Star Wars Reihe eins zu eins mit Lego nachzuspielen.

Vorgehen

Preproduction

Jeder hat zwar schon einmal von Stop Motion gehört, aber selbst gemacht noch nie. Zuerst haben wir online über die Technik recherchiert und die nötigen professionellen Techniktools in Haushaltsgeräte übersetzt. Die Kamera wich dem Handy, aus dem Locher resp. dem Notenständer wurde ein Stativ, unsere Lichtquelle war die Bürotischlampe.

Als nächstes haben wir eine für Stop Motion Newbies geeignete Szene herausgesucht, die uns mit den uns verfügbaren Mitteln so originalgetreu wie möglich nachstellbar erschien. Die ikonische Noo-Szene empfanden wir dafür die richtige.

Für die Einrichtung des Filmsets haben wir ein Büro umgekrempelt und komplett abgedunkelt. Eine schwarze Yogamatte und eine Folie dienten als Unterlage und Hintergrund. Aus der Schreibtischlampe mit handelsüblichem Papier als Diffusor wurde die einzige Lichtquelle. Davor platzierten wir den Notenständer und befestigten das Handy mittels einem Gorillastativ daran.

Nach kurzem Herumproben legten wir uns auf eine Framerate von 12 fps fest. Nicht zu viele Bilder und trotzdem flüssig. Dann ging es los.

Production

Vor jedem «Dreh» (respektive Fotoshoot) haben wir die Szene genaustens analysiert: Bewegungen der Figuren, Dauer der Bewegungen, Einstellung, Schwenks, Unschärfefahrten, Beleuchtung etc. Danach haben wir festgelegt, wer welche Rolle übernimmt: Fotograf und Lego-Figuren-Beweger.

Mit viel Liebe zum Detail richteten wir die einzelnen Szenen ein, sodass es jeweils fast solange dauerte, wie das anschliessende Produzieren der Bilder. Zudem wurden die Figuren vor jedem Dreh geputzt (kleine Staubartikel sind auf Aufnahmen plötzlich sehr gross). Im Schnitt dauerte der Dreh einer Szene von 5 Sekunden 1.5 Stunden.

Das Ergebnis steht und fällt mit den Bewegungen. Sie mussten sehr klein sein, von Auge fast nicht wahrnehmbar. Dabei half uns die App «Stop Motion Studio», welche dank halbtransparenten Bildern immer den Unterschied zum vorherigen Foto anzeigt. Indem wir mit dem Fernauslöser die Bilder machten, konnten wir verhindern, dass diese verschwammen.

Hier ein kurzer Timelapse der letzten Szene (oder zumindest 1/3 davon):

 

Mit 1600 Bildern ging es in die Postproduction.

Postproduction

In Lightroom liessen sich die Bilder am einfachsten und effizientesten bearbeiten. Wobei wir nicht viel bearbeitet haben. Die Color Correction und das Grading konnten jeweils gleich für die gesamte Szene synchronisiert werden. Schwieriger wurde es mit Fingern, die es ins Bild geschafft haben und anderen Makeln, die manuell entfernt werden mussten. Noise Reduction hatte grossen Anteil daran, dass Nahaufnahmen nicht mehr ganz so verpixelt waren.

Im Premiere Pro haben wir die Szenen endlich zu einer ganzen Sequenz zusammengesetzt und mit Musik, unterstützenden Geräuschen und dem Voiceover, welches Darth Vader-mässig bearbeitet wurde, versehen.

Das typische Intro durfte natürlich nicht fehlen. Dieses haben wir im After Effects animiert und mit eigenem personalisiertem Crawl bespielt. Und der Film war komplett.

Herausforderungen

Davon gab es definitiv viele! Die grösste bestand aus dem fehlenden Equipment. Natürlich fanden wir für alles einen Ersatz, aber unsere Erwartungen an die Qualität des Resultats mussten wir etwas senken. Ebenfalls eine Herausforderung stellte das Bewegen der Figuren von A nach B dar – besonders bei fliegenden Elementen. Es lief darauf hinaus, dass jemand das Objekt mit sehr ruhiger Hand halten und die Bewegung ausführen musste. Gewisse Szenen (Zerstörungsmomente) mussten wir gänzlich auslassen, da wir keine Möglichkeiten hatten, diese umzusetzen. So hatten wir auch beim Intro, welches wir ursprünglich ebenfalls in Stop Motion Technik drehen wollten, keine Chance.

Fazit

Das Projekt war nicht nur für uns als MMP-Studenten und Newbies der Stop Motion Technik eine lehrreiche Erfahrung, sondern auch für uns als Paar. Um ein solches Projekt realisieren zu können, braucht es viel Zeit, Geduld und Nerven, Kompromissbereitschaft gegenüber dem Partner und ab und zu ein Bier. Eine gute Planung der Szenen war entscheidend für das Resultat. Trotz der sehr kniffligen und mental oft sehr anstrengenden Arbeit hatten wir viel Spass dabei und sind sehr zufrieden mit dem finalen Resultat.

PS: wir waren nicht die ersten...

Nach Beendigung unseres Filmes und dem Upload hier auf Digezz haben wir unser Video auf YouTube gesucht und gefunden. Zusammen mit einem Stop Motion Video, das unserem nicht ähnlicher sein könnte. Es stellt dieselbe Szene, mit demselben Legoset und denselben Einstellungen dar. Wir haben lange überlegt, wie wir damit umgehen sollen, dass jemand daselbe Projekt genauso bereits durchgeführt hat und wir das nicht realisiert haben. Wir waren erst geschockt, haben dann darüber nachgedacht und sind zu folgenden Schlüssen gekommen.

1. Wir sind immernoch sehr stolz auf unser Video. Dass unsere Umsetzung der Szene der einer anderen Person (die bereits Jahre an Erfahrung in Lego Stop Motion hat) so ähnlich ist, liess die erste Euphorie zwar etwas ernüchtern, aber es hat uns auch bestätigt. Denn wenn unser Stop Motion Video, nach Analyse des Originals, auf ein solch ähnliches Resultat, wie das des Profis kommt, haben wir etwas richtig gemacht.

2. Warum haben wir das nicht gegoogelt? Heute googelt man doch jeden Shizzle, warum kamen wir nicht auf die Idee, während der Recherche auch diese Szene als Lego Version zu suchen? Wir haben diverse Tutorials und Umsetzungen von Lego Stop Motion Szenen geschaut - aber nicht diese. Das Learning in diesem Fall bleibt zwiespältig. Entweder, dass wir für ein nächstes Projekt erst alles googlen sollten, um zu schauen, ob etwas ähnliches bereits exisitiert. So können wir sicherstellen, dass unser Projekt wirklich einzigartig ist. Oder aber, eben genau NICHT googlen. Denn hätten wir es gegoogelt und gefunden, hätten wir es entweder trotz Feuer und Flamme für diese Szene nicht gemacht oder es hätte während der gesamten Produktion wie ein Damoklesschwert über uns gestanden. Either way, jeder muss für sich selber entscheiden, wie er das in Zukunft handlen möchte. Denn zu guter Letzt sollte man immer noch das tun, für das man brennt.

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