Wie man ein schnulziges Liebeslied produziert – Sunny Cat and Moon Lion

Ich wollte schon immer einen schnulzigen Liebessong produzieren. Von der ersten Melodie bis zum fertigen Lied mit Animation habe ich dafür einiges dazugelernt. Und alles angetrieben durch den Wunsch, der wichtigsten Person in meinem Leben eine Freude zu machen.

Der Produktionsprozess dieses Liedes hat über ein Jahr in Anspruch genommen. Es musste so perfekt wie nur irgend möglich sein, das war ich der personifizierten Grossartigkeit schuldig, die mich tagtäglich glücklich macht. Okay, okay, ich lasse die schnulzigen Passagen aus dem Text raus, davon gibt’s dann genug im fertigen Projekt. Um dich nicht zu langweilen, habe ich die Schritte zu einem schnulzigen Liebeslied in drei einfachen Punkten hier zusammengefasst (und falls du direkt zum Ergebnis kommen willst, scroll einfach ganz runter):

Die Melodie

Zuerst musste ich mich für den Stil entscheiden. Es sollte schnulzig sein, vor Schmalz quasi überquellen, das war von Anfang an klar. Doch man kann das in quasi jede Stilrichtung pressen. Eine Rock-Ballade, ein Country-Gejaule oder gar eine Oper? Ich entschied mich für ein fröhliches Ukulele-Geklimper, wie man es bei jedem zweiten Kickstarter-Video hört. Nur sollte es natürlich etwas mehr instrumentales Fleisch am Lied-Knochen haben. So erstellte ich eine Art auditives Moodboard, bestehend unter Anderem aus dem agressiv-fröhlichen Lied “I am happy” von Kate Micucci (featured in Scrubs), dem leicht melancholischen Song ‘In my mind’ von Amanda Palmer (featured in Life is strange) oder dem liebenswürdigen “Be wherever you are” von Rebecca Sugar und Zach Callison (featured in Steven Universe)

Das wichtigste für einen Song ist eine singbare, angenehm klingende Melodie. Ich habe mich stunden- und tagelang mit meiner Ukulele hingesessen, den Quintenzirkel mit den verschiedensten Akkorden verglichen und schliesslich ein paar einzelne Griffe herausgesucht, die mir zusammenzupassen schienen. In verschiedenen Kombinationen reihte ich sie aneinander und endlich, endlich war ich zufrieden mit dem allgemeinen Zusammenspiel der Klänge. Dann realisierte ich, dass ich einfach nur eine C-Tonleiter hinunterspielte, mit dem letzten Ton als Ausnahme, welche wieder eine hoffnungsvollere, höhere Note spielte. Aber das war schlussendlich egal, es hilft der Singbarkeit eines Liedes, wenn es nicht aus grossen Tonhöhensprüngen besteht. Für die eigentliche Melodie habe ich jedem Akkord einen Takt gegeben und mich dann viele weitere Stunden aufgenommen, wie ich einzelne Töne aus den entsprechenden Akkorden ausprobiert habe, bis plötzlich:

Der Text

Da die Melodie nun sass, konnte ich den Text darauf schreiben. “Sunny Cat and Moon Lion” scheint auf den ersten Blick ein seltsamer Name für ein Lied zu sein. Zugegebenermassen auch auf den Zweiten. Doch die Katze und der Löwe beziehen sich auf die Charaktere aus einem aktuell entstehenden Buch, welche uns zwei symbolisieren sollten. Eine fröhliche Katze mit sonnigem Gemüt und ein eher besonnener Löwe, der seine Kraft aus dem Mond schöpft. Diese zwei grundsätzlichen Charaktere und wie sie/wir sich/uns kennengelernt hatten, das wollte ich repräsentieren. Für den Refrain wurde mir von diversen Sängern empfohlen, mindestens eine Zeile zu wiederholen, damit sich das Lied in den Köpfen der Zuhörer besser einnistet. Diese Zeile sollte dann auch noch der Titel sein, um die Erinnerung daran sofort wieder auszulösen. In diesem Fall war das nun also gegeben. Aber ich wollte nicht langweilig und berechenbar bleiben und so machte ich mich auf die Suche nach Wörtern mit zwei Silben, die sich auf “sunny” oder “moon” reimten. Sie sollten das im vorangehenden Vers Geschehene reflektieren. Der zweite Teil des Refrains war leicht, denn ich wollte immer für meine Liebe da sein, auch wenn sich die Zeiten wechseln. Dabei vermied ich bewusst so etwas wie “Through good times and bad times”, oder wie RTL es nennen würde: GZSZ.

Die Geschichte der Verse erzählt eine vereinfachte Version unseres Kennenlernens mithilfe der aus der Literatur bekannten Heldenreise. Sie beginnt mit dem Ruf des Abenteuers (das erste Treffen), dem Bauch des Walfischs (die erste Zurückweisung) und dem daraus resultierenden tiefsten Punkt (Katze fühlt sich wie in einem leeren Universum), dem Weg der Prüfungen inklusive Transformation (ein Jahr getrennt voneinander, mit anderen Partnern, welche ihre Charakterentwicklung begünstigen)  und der Rückkehr über die Schwelle (sie kommen zusammen) mit abschliessender Freiheit zum Leben (sie beschützen und lieben einander über alle Herausforderungen hinweg). Da ein Lied aber nicht einfach nur Text abspulen sollte, habe ich für jeden Vers ein anderes Reimschema benutzt.

Die Produktion

Nach der Melodie und dem Text war es nun an der Zeit, zur Tat zu schreiten. Ich konnte nicht sofort mit professionellen Leuten arbeiten, dafür waren einerseits viele Details des Liedes (zum Beispiel die Verteilung der Worte innerhalb eines Verses) noch nicht fix genug und andererseits war ich dafür selbst noch zu schüchtern. Was, wenn sie es nicht so sangen, wie ich es mir vorgestellt hatte? So nahm ich für eine erste Demoversion die Melodie mit meiner Ukulele auf und setzte Samples aus verschiedenen anderen Liedern darunter (die 8-bit-Drums symbolisierten dabei die Tatsache, dass wir beide ein wenig Nerds sind). Das sollte für einen gewissen Rhythmus und ein Verständnis des generellen Feelings des Songs für meine Sängerin vermitteln. Und diese war niemand anderes als meine Cousine Mirjam, welche jahrelang in einem Jugendchor gesungen hatte. Sie half mir bei ein paar Versen, bessere Worte zu finden, die sich einfacher mit der Melodie vereinbaren liessen. Allgemein hilft es, Aussenstehende um Rückmeldungen zu bitten, da man selbst etwaige Unstimmigkeiten und Fehler durch die lange Arbeit daran schon gar nicht mehr hört. Ursprünglich hatte ich das Ende des Songs als Duett gedacht, das war dann auch in unserer Demoversion der Fall. Ich dachte, es sei romantisch, wenn die beiden Charaktere danach zusammen singen, aber es kam nicht ganz so rüber, wie ich es mir gewünscht hätte (diese Version hatte ich auch als Easter-Egg in einem meiner früheren Digezz-Beiträge versteckt):

Für die finale Version liess ich dann den männlichen Teil weg. Besonders da die Stimme der Sängerin Abigail Cline, für die ich mich nach monatelangem Suchen entschied, zu schön war um sie mit einem zweiten Lead zu “besudeln”. Und nach nochmal einem weiteren Monat fand ich dann endlich einen vielseitigen Musiker namens Xavier Briceño, der mit Ukulele, Gitarre, Mandoline, Bongos und Keyboard umzugehen wusste. Aus früheren Erfahrungen wusste ich, dass ich meiner Nerven willen die Anzahl externer Musiker auf ein Minimum reduzieren musste. Und mithilfe all dieser Instrumente konnte er mit meiner Anleitung wunderbar die Basis des Lieds aufbauen.

Schliesslich hatte ich alle nötigen Tracks zusammen und machte mich an den Mix-Down und das Mastering. Equalizer holten das Beste aus jedem Instrument und Abigails Stimme heraus. Und ich entschied mich, für den tiefsten Punkt langsam die Instrumente wegfallen zu lassen, so wie dem Charakter der Boden unter den Füssen wegfällt.

Die Animation habe ich dann mit After Effects im Stile des Spiels Night in the woods zusammengeschustert.

Und mit ein paar weiteren kleinen Feinschliff-Arbeiten war es dann fertig, mein erstes eigenes schnulziges Liebeslied. Enjoy ^^

(twb)

Kritik
von Sebastian Walter

Ich habe eigentlich alles bereits im Text gesagt. Also nutze ich diesen Ort, um dir einen angenehmen Tag zu wünschen und dir die Daumen zu drücken. Auf dass dir alles gelingen möge, was du dir heute vornimmst :)

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