Wir machen kurz Film!

72 Stunden Zeit für 72 Sekunden Film. Dies waren die Rahmenbedingungen des Kurzfilmwettbewerbs des Zürcher Filmfestivals (ZFF) 2014. Marius Thut, Luca Wieland und Martin Lustenberger haben sich der Herausforderung gestellt. aaand Action!

Freitag, 26. September

12:00 Uhr Der Startschuss. Auf der Offiziellen Page des ZFF wird das Thema für den Wettbewerb bekanntgegeben. “Zufall” lautet es und soll innerhalb der nächsten drei Tage möglichst kreativ in einem Film verpackt werden. Wir nehmen es erst mal gelassen. Während Martin am Abend noch in Zürich herumlümmelt machen sich Luca und Marius mal so ein paar erste Gedanken zu dem Thema. Zeitdruck? Ach was, es sind ja noch fast drei ganze Tage!

Samstag, 27. September

10:00 Uhr Die Ruhe vor dem Sturm. Eigentlich war vereinbart worden, um zehn Uhr so richtig loszulegen, aber irgendwie verspätet sich alles ein bisschen. Mit einer geschätzten halben Stunde Verspätung kann es dann aber endlich losgehen. Was als nüchterne Diskussion über Zufall startet, entwickelt sich schnell zum philosophischen Gott und die Welt Gespräch, weit weg von allem, was man als Idee für einen 72 Sekunden dauernden Kurzfilm gebrauchen könnte.

13:00 Uhr Hunger macht sich breit. Den ganzen Morgen haben wir damit verbracht auf jede mögliche und unmögliche Art Inspirationsquellen anzuzapfen. Was konkret dann zum Beispiel so funktionierte: Wir sassen in einem Kreis und jeder durfte jeweils nur ein Wort sagen. Der nächste in der Reihe  musste dann jeweils das erste Wort sagen, dass er mit dem eben gesagten Wort assoziiert. Konkrete Ideen sind zwar immer noch keine vorhanden, dafür die bestellte Familien-Pizza. En Guete!

16:00 Uhr Endlich! Die Idee steht, die Schauspielerin ist organisiert – Simone Bosiers hat sich freundlicherweise bereit erklärt – und die Location, … nun ja, das ist das Problem. Woher bekommen wir bloss am Samstag ein Labor mit Hörsaal? Keine Chance, so kommen wir nicht weiter. Wir müssen die Idee beerdigen, aber wir geben nicht auf. Noch nicht.

17:00 Uhr Also zurück auf Feld eins. Doch es ist bereits schon nach fünf Uhr und wir haben immer noch keine einzige Szene im Kasten, ja noch nicht mal eine Idee. Langsam aber sicher macht sich Unsicherheit breit. Wird das noch was? Darauf gibts erst mal ein Bier! Und tatsächlich: der Alkohol scheint zu wirken. Keine halbe Stunde später ist DIE Idee geboren. Schnell schnappt sich Marius den Stift und schon eine weitere halbe Stunde später, steht das Storyboard.

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20:00 Uhr Langsam wird es Abend, doch unser Tag ist noch lange nicht zu Ende. Eigentlich beginnt er erst jetzt so richtig. Mit der Hilfe von Ruedi Müller und Hans-Peter Manzoni haben wir uns nächtlichen Zutritt zur HTW und zur Technikausleihe verschafft. Die Technikschlacht kann losgehen. Als aller erstes müssen wir unser Set einrichten. Das alleine nimmt schon zwei Stunden in Anspruch.

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22:10 Uhr Wir beginnen mit dem Dreh der ersten Szene. Alles läuft nach Plan. Szene um Szene arbeiten wir unser Storyboard ab, Stunde um Stunde verstreicht.

03:40 Uhr Zum Schluss kommt die Schlüsselszene: der fallende Wischmob. Wir sind zuversichtlich, denn schon beim zweiten Trockenversuch (ohne Kamera) hat alles bestens geklappt. Hätten wir doch nur schon gedreht. Nach geschätzten 30 (und gefühlten 30’000) Aufnahmen gelingt uns endlich ein zweites Mal. Unglaublich! Die Uhr zeigt mittlerweile schon vier Uhr dreissig. Und noch steht uns das Aufräumen bevor…

6:30 Uhr Todmüde fallen wir ins Bett. Alle Szenen sind im Kasten und das Material wieder an seinem gewohnten Ort.

Sonntag 28. September

12:30 Uhr Wir haben uns sechs Stunden schlaf gegönnt. Es bleiben uns noch 24 Stunden Zeit für den Schnitt, das Colorgrading und den Ton. Das sollten wir locker schaffen.

17:00 Uhr Der Rohschnitt steht, war ganz schön knifflig unsere Story auf diese 72 Sekunden herunter zu brechen. Langsam macht sich der fehlende Schlaf bemerkbar, die Produktivität neigt sich gegen null und die Motivation ist auch nicht mehr das was sie einmal war.

23:00 Uhr Martin ist auf dem Sofa eingeschlafen. Eigentlich ist alles soweit fertig, nur der Ton macht uns das Leben noch schwer. Dieses verdammte Rauschen will einfach nicht verschwinden. Alles haben wir schon versucht! Um halb zwei geben wir auf, zu müde jetzt noch grossartige Veränderungen zu machen.

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Montag 29. September

9:00 Uhr Der Ton wird ein letztes mal überarbeitet, der Film rausgerendert und punkt 12 Uhr auf den Server vom Zürich Filmfestival geladen. Viel Aufwand für 72 Sekunden Film!

Und hier das Ergebnis:

 

Kritik
von Marius Thut, Martin Lustenberger und Luca Wieland

Konzept und Stoyboard:

Dank eines gut durchdachten Storyboards konnten wir uns viel Zeit ersparen. Ansonsten hätte wohl eine Nacht nicht für die Dreharbeiten gereicht. Da wir genau wussten welche Einstellungen wir brauchten, mussten wir die Geschichte nicht chronologisch filmen. So konnten wir beispielsweise zuerst alle Aufnahmen machen, welche direkt von hinten aufgenommen werden sollten, dann jene von der Seite, dann alle von vorne usw.

Lehrreich war die Erfahrung, dass eine Gute Idee manchmal sehr sehr viel Zeit braucht, man teilweise sogar eine erste Idee vollkommen über Bord werfen muss bevor die zündende Idee kommt. So jedenfalls ist es uns bei diesem Projekt ergangen. Im Rückblick muss man sagen, dass uns wahrscheinlich nichts besseres hätte passieren können.

Licht

Ziel war es die Möglichkeiten des Lichtes voll auszuschöpfen und damit zu spielen, um so eine möglichst Stimmungsvolle Szenerie zu schaffen. Da wir alles OnLocation drehten, konnten wir das Licht für jede einzelne Einstellung spezifisch einstellen. Das wir in der Nacht drehten spielte uns natürlich in die Karten, so hatten wir die ganze Kontrolle über das Licht und kein Tageslicht das uns hätte einen Strich durch die Rechnung machen können.

So wurde für jede Einstellung, ob wir seitlich, frontal oder von ausserhalb des Zimmers filmten, ein separates Lichtsetting erstellt um so eine möglichst einheitliche Lichtstimmung zu erhalten. Dabei haben wir vor allem mit CTB und CTO Folie gearbeitet. Diese Folien spannt man vor die Scheinwerfer um damit zum Beispiel das warme Licht einer Strassenlaterne nachzuahmen. Des weiteren arbeiteten wir mit Aufhellern, Spotlichter um bestimmter stellen im Bild hervorzuheben und mit den im Film zu sehenden Steh- und Bürotischlampe.

Mit der Lichtstimmung im Zimmer selbst sind wir zufrieden und haben da unser Ziel erreicht. Die Aufnahmen ausserhalb des Zimmers sind etwas zu hell und passen nicht ganz in unser Lichtkonzept.

Bewegung im Bild

Alle Aufnahmen in unserem 72-Sekunden Video wurden auf einem Slider gemacht. Es ist erstaunlich wie viel Leben ein Bild bekommt, auch wenn nur ganz kleine Slides gemacht werden. Das Bild ist dynamischer und wir finden der Zuschauer wird so unterbewusst mehr in die Geschichte hineingezogen, auch wenn er die Bewegung meist nicht einmal bewusst wahrnimmt.

Arbeit im Team

Wir konnten sehr speditiv zusammenarbeiten. Trotz des Durchhängers am Samstag Nachmittag, waren wir während des Nachtdrehs voll konzentriert und haben eine gute Gruppendynamik entwickelt. Es war ein intensives aber Lehrreiches Wochenende.

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