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Women on Waves

Die jährlichen Einnahmen von digitalen Comics stiegen in den letzten sechs Jahren auf rund 75 Millionen Dollar. Und dennoch gingen die Einnahmen des grossen Comicverlags Marvel im vergangenen Jahr um satte zehn Millionen Dollar zurück. Auf den Rückgang angesprochen meinte Marvel-Vizechef David Gabriel in einem Interview: Frauen als Superheldinnen seien schlecht für das Geschäft.

So sei der Wunsch-Superheld ihrer Kunden ganz traditionell: sehr männlich, weiss und hetero. Die Netzgemeinde ist damit nicht einverstanden und ich ebenso wenig. Aus diesem Grund entschied ich, ein Projekt mit einer weiblichen Superheldin umzusetzen.

In den letzten Jahren setzte Marvel auf mehr Diversität in ihren Geschichten. So entstand beispielsweise eine schwarze Frau, die in den Iron Man Anzug schlüpft, oder ein südamerikanischer Spiderman. Aber auch homosexuelle Superhelden erschienen auf der Bildfläche. Das Marvel-Universum erweiterte sich rasant durch die neue Diversität – im Jahr 2015 verkaufte sich die weibliche Version von Thor sogar besser als das Original.

Nun kommt eine weitere weibliche Figur in das Superhelden-Universum: Captain Reby – Hüterin der Frauenrechte. Gemeinsam mit ihrer Crew Women on Waves schlägt sie sich mit feindlichen Ländern, Kriegsschiffen und Klagen herum.

Die Figur von Captian Reby ist an die Niederländerin Rebecca Gomperts angelehnt. Die studierte Medizinerin und Künstlerin spezialisierte sich nach ihrem Abschluss auf Abtreibungen und war für Greenpeace als Ärztin und Umweltaktivistin tätig. Dabei begegnete sie vielen Frauen, welche keine Möglichkeit für eine sichere und legale Abtreibung hatten.

Tausende Frauen sterben jedes Jahr, weil sie eigenständig – ohne Hilfe vom Staat – versuchen, ihre Schwangerschaft abzubrechen. Dies geschieht mit Hilfe von Chemikalien, Kleiderbügeln oder Gewalt gegen sich selbst – dabei riskieren sie ihr eigenes Leben. Methoden, wie sich die Treppe herunterzustürzen, fest in den Bauch zu schlagen oder mit giftiger Bleiche den Fötus zu töten, sind weitläufig bekannt. Laut Zahlen von World Health stirbt eine aus 450 Frauen im Zuge einer illegalen Abtreibung. Es handelt sich demnach um die häufigste Todesursache bei schwangeren Frauen. Bei legalen Abtreibungen liegt das Risiko lediglich bei 1 : 500’000. Nichtsdestotrotz leben fast 40 Prozent der Weltbevölkerung in Gegenden, in denen Abtreibungen verboten sind – teilweise sogar im Falle einer Vergewaltigung. Bestürzt über Gesetze, die Frauen zu Straftäterinnen machen, beschloss Gomperts etwas dagegen zu unternehmen. So kam es zur Gründung von Women on Waves.

Women on Waves ist eine Art schwimmende Arztpraxis. Dabei bereist das Team von Frau Gomperts Länder, in denen Abtreibung unter Strafe steht. An den Häfen holen sie Frauen an Bord, die ungewollt schwanger sind. Anschliessend fahren sie über die Landesgrenze in internationales Gewässer. Dort führen sie ein Aufklärungsgespräch und reden über die individuelle Situation. Wenn die Frauen danach noch immer von ihrem Vorhaben überzeugt sind, erhalten sie die Abtreibungspille. Anschliessend werden sie wieder nach Hause gebracht. Rebecca Gomperts bietet so Frauen aus aller Welt einen Ort, an dem sie die Pillen legal schlucken können. Denn sobald sie die Landesgrenze der entsprechenden Länder hinter sich gelassen haben, gilt auf dem Schiff niederländisches Recht. Dieses erlaubt Abtreibungen bis zur 24. Schwangerschaftswoche.

Schätzungen zufolge sind von den weltweit 210 Millionen Schwangerschaften im Jahr rund 80 Millionen ungewollt. Amnesty International fordert daher die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs. Es soll also weder die Frau, deren Schwangerschaft unterbrochen wurde, noch die Person, die den Abbruch vorgenommen hat, strafrechtlich verfolgt werden. Wichtig dabei sind aber auch präventive Massnahmen: Jedes Mädchen und jede Frau muss Zugang zu Informationen über Sexualität und zu Methoden der Schwangerschaftsverhütung haben.

Den juristischen Trick, unter niederländischer Flagge in internationalem Gewässer zu fahren, lernte Rebecca Gomperts während ihrer Zeit bei Greenpeace. Was nach einem grossen Abenteuer klingt, bringt jedoch auch viel Papierkram, aufwändige Sponsorensuche und langwierige Gerichtsverfahren mit sich. Sie nutzt Lücken im Gesetz, um in ihrer Sache vorwärts zu kommen. Bisher hatte sie in ihrer Karriere elf Gerichtsverfahren zu bewältigen. Natürlich ist auch der Empfang in den jeweiligen Ländern nicht besonders herzlich. Bei ihrer Ankunft wird sie oft vom Hass der Abtreibungsgegner begrüsst. Ihr werden Eier, Farbbeutel und Bilder von blutverschmierten Föten nachgeworfen.

Mit dem technischen Fortschritt setzt Rebecca Gomperts und ihr Team aber auch auf modernere Methoden als die schwimmende Klinik. Klickt auf den Button unten und erfahrt über Captain Reby’s Abenteuer, die so – mehr oder weniger – auch tatsächlich passiert sind.

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Abtreibungen Schweiz
Im Durchschnitt wird jede zehnte Schwangerschaft in der Schweiz abgebrochen. Im Jahre 2015 wurden in der Schweiz offiziell 10’255 Abtreibungen vollzogen. Davon waren rund fünf Prozent Spätabtreibungen nach der 12. Schwangerschaftswoche. Ein Schwangerschaftsabbruch ist generell kein Gesundheitsrisiko. Nur vereinzelt treten nach dem Eingriff Komplikationen auf.

Methoden
Ein Schwangerschaftsabbruch kann auf zwei Arten erfolgen – medikamentös oder chirurgisch.

  • Medikamentöser Schwangerschaftsabbruch (bis zur 12. Schwangerschaftswoche)
  • Chirurgischer Schwangerschaftsabbruch (nach der 12. Schwangerschaftswoche)

Die «Pille danach»
Die «Pille danach» ist eine Möglichkeit, eine mögliche Schwangerschaft (ungeschützter Verkehr, geplatztes Kondom) sofort zu verhindern. Dafür gibt zwei verschiedene Medikamente. Das eine muss innerhalb von 72 Stunden nach dem Geschlechtsverkehr eingenommen werden, das andere ist bis zu fünf Tagen wirksam. Je schneller die Tabletten eingenommen werden, desto grösser ist die Chance, eine Schwangerschaft zu verhindern. Auf keinen Fall ist die «Pille danach» als regelmässige Verhütung geeignet – sie ist ausschliesslich für den Notfall gedacht.

Die «Pille danach» hat eine zweifache Wirkung: Einerseits verhindert sie den Eisprung der Frau. Hat der Eisprung der Frau jedoch bereits stattgefunden und ist die Eizelle von einem Spermium befruchtet worden, verhindert sie die Einnistung des Embryos – sie wirkt damit also frühabtreibend. Der beste Schutz besteht allerdings darin, gar nicht erst in diese Situation zu gelangen. Deshalb sollte eine zuverlässige Verhütungsmethode für jede sexuell aktive Frau selbstverständlich sein. Spätestens nach einem Schwangerschaftsabbruch muss sicher verhütet werden. Der Frauenarzt berät diesbezüglich gerne.

Rechte des Partners?
Ist eine Frau ungewollt schwanger hat der Partner lediglich das Recht, seine Meinung zu äussern, ob er Vater werden möchte oder nicht. Er kann seine Partnerin aber weder zur Abtreibung noch zum Austragen zwingen. Entsprechende Klagen von potentiellen Vätern wiesen sowohl nationale Gerichte verschiedener Länder als auch die Europäische Kommission für Menschenrechte ab.

Abtreibungsgesetzte Europa

Weitere Informationen gibt es bei der Schwangerschaftsabbruch-Infostelle (SVSS)

Wer mehr über Women on Waves erfahren will, findet ihre Webseite hier.

(fms)

Kritik
von Nora Kasper

Was experimentelles soll es sein, hier auf Digezz. Wieso also nicht die gute alte Foto-(Love-)Story auferleben lassen? Das gab es früher in jeder Mädchen-Zeitschrift. Meistens ging es dann um den ersten grossen Liebeskummer oder eine gute Freundin, die einen hinterging. Einfach ganz viel Drama.

Wie kann man die Fotostory auf den heutigen Stand der Technik bringen?

  • Anstelle auf Papier soll es ins Web.
  • Fotos? Langweilig – bewegt sollen die Bilder sein.

Als Bewegtbild entschied ich mich dann zwischen Videos und Gif’s. Als ehemalige Lustiges Taschenbuch, Asterix & Obelix und Lucky Luke Leserin fiel mein Entscheid auf die Gif’s. So kann ich „meine Welt“ zeichnen. Die kurze Dauer und das ständige Wiederholen der Gif’s ermöglich dem Zuschauer ein einfaches Verstehen der Geschichte.

Ideenfindung
Gleich mal auf der Feminismus Welle mitreiten, war meine Devise. Sprichwörtlich. Schon vorher erfuhr ich vom Einsatz von Rebecca Gomperts und ihrer Women on Waves (WoW) Crew. Wie sie auf dem Schiff für Frauenrechte kämpfen. Das ist mal ein tolles Vorbild. Und schon hatte ich die Hauptfigur meiner Geschichte gefunden.

Etwas neu erfinden brauchte ich nicht. Der „Alltag“ von Women on Waves ist genug abenteuerlich. Die dargestellten Geschichten fanden auch wirklich statt. Das Drumherum (ein altes Piratenschiff, Flaschenpost, Crew besteht aus Tieren) wurde natürlich dazu gedichtet, es soll ja ein eigenes Universum sein.

Im Jahr 2004 wurden WoW am Einlaufen in portugiesisches Gewässer von Kriegsschiffen verhindert.

Später bekam WoW vom Europäischen Gerichtshof Recht, dass es illegal war, sie mit Kriegsschiffen aus dem Hafen zu treiben. 2’000 Euro erhielten sie als Entschädigung.

Von Deutschland aus steuerte Rebecca Gomperts eine Drohne voller Abtreibungspillen nach Polen. Hätte sie das Päckchen persönlich geliefert, hätte sie sich damit strafbar gemacht. Deswegen entschied sie sich für den Luftweg. Ärger gab es dann nicht wie erwartet mit Polen, sondern mit Deutschland. Denn deutsche Beamte versuchten ihr das Steuergerät für die Drohne zu entreissen, es folgte eine Rangelei und schlussendlich eine Anzeige.

Character Design
Die Figur sollte feminin aber doch stark rüber kommen. Erst schrieb ich einige Attribute, welche die Figur besitzen sollte, auf ein Papier. Es folgten unzählige Prototypen. Überlegungen ob Hose oder Kleid, Piratin ja oder nein, welche geometrische Figur liegt ihr zugrunde etc. beschäftigten mich lange.

Wie soll die Figur in meiner Geschichte heissen? Rebecca Gomperts wäre zu offensichtlich und langweilig gewesen. Wie es sich für einen Anführer gebührt, erhielt sie den Titel Captain und Reby als Abkürzung für Rebecca.

Technische Umsetzung
Bevor ich mich an die Zeichnung der Gif’s machen wollte, sollte der technische Rahmen stehen. Da ich mich gerne mit HTML, JS und CSS herumschlage, begann ich einen statischen Code selbst zu programmieren.

Ich wollte wie in den alten Fotostorys die Bilder ungleichmässig gross gestalten. Einmal zwei „Zeilen“ gross oder lang, dann wieder nur eine Zeile hoch. Es sollte Abwechslung drin haben. Ich arbeitete auch mit Bootstrap, aber kam dennoch nicht vorwärts. Langsam vergeudete ich zu viel Zeit mit dem Code, dass ich mich für eine Wordpress Seite entschied.

Ich fand ein geeignetes Grid-Theme, das ich mit Child-Themes meinen Wünschen anpasste.Die Seite selbst steht im Hintergrund, damit die Bilder alle Aufmerksamkeit bekommen.

Eine grosse Herausforderung kam dann mit dem Einpflegen der Gif’s auf mich zu. Ich versuchte vorab Gif’s mit unterschiedlichen Grössen in die Seite zu stellen. Teilweise liefen sie gar nicht, nur einmal oder wurden nicht angezeigt.

Wordpress unterstützt Gif’s noch nicht optimal. Ich fand diverse Tipps von unzähligen Forumsbeiträgen. Ab einer bestimmten Pixelgrösse spielt es die Gif’s nicht mehr ab. Ich versuchte es mit Plugins, welche die Gif’s abspielen sollten. Schlussendlich fand ich die Lösung: Die Grösse der Gif’s darf maximal 400px x 400px sein. In Adobe Photoshop, wo ich die Gif’s erstelle, muss ich zweimal angeben, dass das Gif im Forever-Loop laufen sollte.

Zusätzlich installierte ich das Plugin Wordpress Smush. Es sorgt dafür, dass nur jene Gif’s vom Browser geladen werden, die auch ersichtlich sind. Der Workflow stand nun also.

Recherche
Um WoW möglichst verständlich erklären zu können, las ich mich tief in das Thema ein. Glücklicherweise wird viel über sie berichtet. Den genauen medizinischen Ablauf einer Abtreibung wollte ich aber nicht erklären. Eine kurze Übersicht über die Abtreibungsgesetze soll die kleine Tabelle liefern.

Umsetzung Gif’s
Das Storyboard war niedergeschrieben, nun galt es die einzelnen Bilder dazu zu zeichnen. Ich zeichne wirklich gerne, aber das mit der Perspektive habe ich leider nun wirklich nicht drauf. Sorry Frau Hess! Dabei nehme ich nun die künstlerische Freiheit in Anspruch. Inspiration holte ich mir bei Fotos von den echten Gegenständen. Denn nicht überall lässt sich ein Kriegsschiff zum abzeichnen finden. Zusätzlich war meine Devise: Übertreiben. Wie es eine der 12 Prinzipien der Animation von Disney Zeichner Ollie Johnston und Frank Thomas ist.

12 Prinzipien der Animation

  1. Quetschen und Strecken
  2. Ausholen oder vorwegnehmen
  3. Posen inszenieren
  4. Straight ahead & pose to pose
  5. Überlappende Bewegungen
  6. Beschleunigen und Abbremsen
  7. Bewegungsbögen
  8. Zweitrangige Bewegung
  9. Bewegungsdauer
  10. Übertreiben
  11. Stabil und solide zeichnen
  12. Reiz, Charme und Charisma

Mit der Photoshop Extension Animator Toolbar lässt sich in Adobe Photoshop ganz leicht Gif’s erstellen. Da ein Gif, in dem sich alles bewegt, zu viel Action für meine Webseite wäre, und ein Betrachter gar nicht mehr wissen würde, wohin er schauen sollte, entschied ich mich dazu, nur etwas im Bild zu animieren.

Mit diesem Ergebnis bin ich auch sehr zufrieden. Der Fokus ist klar ersichtlich und dennoch hat es genug Bewegung. Ans Arbeiten mit dem Wacom Tablet gewöhne ich mich immer mehr. Das selbe wie auf Papier wird es für mich aber nie sein.

Anfangs wollte ich den „Erzähler-Text“ in der Geschichte so handhaben wie in den Donald Duck Comics: Ein kleines farbiges Rechteck oben links im Bild mit Text. Das kann bei einer Grösse von 400px x 400px nur leider niemand mehr lesen. Daher erhielt der Text mehr Platz und wird auch als Bild mit der Masse 400px x 400px dargestellt.

Auf Nummerierung in den Bildern verzichtete ich ganz bewusst. Jeder, der schon einmal ein Comic in der Hand hielt, weiss, dass man die Bilder von links nach rechts liest. Möchte jemand ein Bild vergössern, so sieht er jeweils dann die entsprechende Nummer.

Fazit
Den Aufwand für dieses Projekt unterschätzte ich sehr. Obwohl  ich wusste, dass dies mein einziges Digezz-Projekt für dieses Semester werden wird, sass ich schlussendlich viel länger daran als gewollt. Aber der kleine Perfektionist in mir wollte, dass alles stimmig ist. Mit dem Endergebnis bin ich auch zufrieden. Es zeigt meinen Stil und nicht etwas, das ich nicht bin. Und wenn ich damit auf die Arbeit von Women on Waves aufmerksam machen konnte, ist mein Ziel erreicht.

Quellen
Dreimalalles – Nordamerika Comic Umsatz übersteigt 1 Milliarde Dollar
SRF Kultur – Frauen als Superhelden sind schlecht fürs Geschäft
G. Willow Wilson – Zeichnerin von Marvel
BBC – Marvels female Thor Comic Book outsells the male Version
World Health Organisation – Schwangerschaft
Interview Rebecca Gomperts mit der Zeit
Familienleben – Abtreibung in der Schwangerschaft

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