Wunderbari Gnad – das Lyricsvideo

Das Label GfC Worship Bern, welches sich in der Gründungsphase befindet, hat im Sommer dieses Jahres seinen zweiten Song veröffentlicht. Wir durften das Lyricsvideo dazu produzieren.

Der Titel des Liedes lautet «Wunderbari Gnad» und handelt von Gnade, die sich menschlicher Vernunft entzieht und so wenig fassbar wie erklärbar ist. Von Gefangenschaft zur Freiheit, von Zerbruch zur Wiederherstellung – wunderbare Gnade.

Wir wünschen viel Vergnügen mit dem Video:

(fms)

Kritik
von Nathan Beer und Pascal Albisser

Projektbeschreib

Das entstehende Label GfC Worship Bern veröffentlichte im Sommer dieses Jahres den Song Wunderbari Gnad. Da das Lyricsvideo zum vorangehenden Lied ein Erfolg gewesen war, sollte auch der neue Song ein solches Video erhalten.

Der Leiter von GfC Worship Bern kennt Nathan Beer persönlich und beauftragte ihn mit der Produktion des Lyricsvideos. Da es sich dabei um ein anspruchsvolles und herausforderndes Projekt handelte, fragte Nathan Pascal Albisser um Unterstützung.
Konkrete Vorgaben gab uns der Leiter von GfC Worship Bern keine. Stattdessen beschrieb er das Gefühl, welches er mit dem Lied vermitteln wollte. Die Stimmung sollte im Verlauf des Videos von Befangen zu Befreit wechseln. Dies versuchte er mit einer Geschichte greifbarer zu machen. Sie sollte uns als Leitfaden für die im Lyricsvideo zu übermittelnden Gefühle dienen.

Hier die Geschichte:

“(Intro) Der dichte Nebel hat sich bereits ein wenig gelichtet. Meine Umgebung wird immer deutlicher und klarer. Endlich. Wie lange haben wir darauf gewartet? Wie lange haben wir uns das herbeigesehnt? Lange Zeit wurde unser Land von einem schrecklichen Tyrannen regiert. Mit Gewalt, Lügen und Unterdrückung hatte er seine Macht demonstriert. Wir litten unter seiner Herrschaft und wünschten uns den Tag der Erlösung herbei. Unser Leben war geprägt von Hoffnungslosigkeit, Sinnlosigkeit, Trauer und Schmerz. Und dann kam der Tag. Der Tag der Befreiung. Niemand hatte es erwartet. Niemand hatte ihn erwartet. Er kam so plötzlich, so überraschend, so anders.

Langsam bewege ich mich durch die Gassen der Stadt. Meine Füsse berühren die kalten Pflastersteine, ich weiche Scherben und Trümmern aus. Alles ist ruhig. Es scheint, als ob die Menschen sich noch nicht trauten, aus ihren Häusern, Verschanzungen und Verstecken herauszukommen. Misstrauen. Angst vor Enttäuschung. Was, wenn sich nichts geändert hat? Was, wenn immer noch alles beim Alten ist? Aber ich spüre etwas Fremdes. Ich rieche den Neuanfang in der noch nebligen, feuchten, aber klaren Morgenluft. Und plötzlich beginnt etwas in mir. Eine Melodie, ein Lied. Ich atme tief ein und beginne zu singen, während ich weiter durch die Gassen gehe. Zuerst zögerlich, aber mit Hoffnung, Erleichterung und einem aufkeimenden Gefühl von Freiheit. (Vers 1) „Di Zerbrochne heilsch mit dire Macht…“. Ich blicke hinauf in den Himmel, der durch den Nebel immer deutlicher zu sehen ist. (Chorus 1) „Am Chrüz heschs voubracht, am Chrüz hesch zaut. Dür dini Wunde bini gheilt, dür dis Stärbe bini befreit.“. Ich gehe weiter. Nach einer Weile erreiche ich das Stadttor und den schmalen Weg, der hinaus auf einen Hügel führt. Langsam begebe ich mich auf diesen Weg nach oben. Ich blicke zurück auf die Stadt. Es steigen immer noch vereinzelte Rauchschwaden auf, hier und da bahnen sich aber einzelne Sonnenstrahlen ihren Weg durch die Dichte des Nebels. Wieder singe ich die Worte von vorhin. Ich möchte, dass es alle hören. Das alle es verstehen. Wenn mein Gesang vorher noch zögerlich war, spüre ich jetzt eine Kraft, die in mir aufsteigt, und sich ihren Weg in die Melodie bahnt. (Vers 2) Ich singe bestimmter, überzeugter. „..Vergäbig bietisch ah jedem wo wott, housch üs use us üser Not..“ In mir wächst eine Freude heran, ein Lob, das verbreitet und herausgesungen werden will. Ich setze meinen Weg fort. Auf dem Hügel steht ein einfaches Holzkreuz. (Chorus 2) Meine Augen füllen sich mit Tränen. Das ist es. So viel Einfachheit und doch so revolutionär. Ein weiterer Blick auf die Stadt unter mir lässt mich innehalten. Menschen kommen langsam, noch zögernd aus ihren Häusern.

Als ob sie durch den Gesang, die Worte und die Melodie aus ihren Verstecken gelockt würden, machen sie sich daran, den Hügel zu erklimmen.

(Intro 2, Bridge, Chorus 3, Bridge 2) Plötzlich entdecke ich etwas, das am Fusse des Kreuzes liegt. Ich trete näher und erkenne eine Flagge. Ich breite sie aus und lese auf weissem Stoff in grossen, kräftigen Lettern: „Wunderbari Gnad“ Ich weiss was ich zu tun habe. Bestimmt greife ich die Fahnenstange und hebe sie hoch über meinen Kopf. Immer mehr Menschen kommen den Weg hoch, klettern über die Trümmer hinweg, öffnen ihre Fenster und Türen, Alte und Junge, Kinder werden an den Händen ergriffen und auf den Hügel begleitet. Und das erste Mal seit Jahren entdecke ich etwas Neues in den Augen der Menschen: Hoffnung, Mut, Freude. Immer mehr Menschen gesellen sich um das Kreuz, sie strömen aus allen Teilen der Stadt herbei, noch mehr Banner tauchen auf.

Wir stimmen gemeinsam in die Worte ein. „Wunderbari Gnad, i bi gheilt, bi gfange gsi, doch iz bini befreit!“ Mein Herz jubelt. Das ist es. Das ist der Neuanfang. Vorbei sind Trauer, Gewalt, Schmerz und Unterdrückung. Wunderbare Gnade. Leben im Überfluss. Frieden, der mein Denken übersteigt. Überschäumende Freude. Grenzenlose Freiheit. Eine neue Herrschaft hat begonnen. Gnade regiert.”

Konzeption

Nachdem wir uns mit unserem Auftraggeber getroffen hatten, begannen wir mit der Suche nach einem Konzept.

Eine Recherche über das Medium “Lyricsvideo” war Ausgangspunkt unserer Überlegungen. Wir fanden dabei heraus, dass sich ein Lyricsvideo stark von einem narrativen Video unterscheidet. Im Gegensatz zu beispielsweise einem Musikvideo spielt die Handlung beim Lyricsvideo eine sehr untergeordnete Rolle. Wo es bei einem Musikvideo explizit um Storytelling und Inszenierung geht, steht im Lyricsvideo der Text im Fokus. Das Storytelling muss dabei den Songtext unterstreichen, darf den Zuschauer aber nicht davon ablenken.

Eine filmische Inszenierung der erwähnten Geschichte kam somit nicht mehr in Frage. Zu sehr stand dabei die Handlung im Zentrum. Auch eine rein graphische Umsetzung kam für uns nicht in Frage. Dazu fehlten uns schlichtweg die technischen Fähigkeiten.

Das stellte uns vor grosse Herausforderungen. Wir wollten nicht nur einige schöne Landschaftsbilder zusammenhangslos aneinander schneiden. Auf der Metaebene sollten die Einstellungen den Mood der Story einfangen und unterschwellig einen Spannungsbogen zeichnen. Allerdings hatten wir keine Erfahrung mit einer solchen abstrakten Art des Storytellings. Die Filmprojekte, an denen wir bis jetzt beteiligt waren, hatten einen klar narrativen und handlungsbezogenen Charakter.

Es folgte eine Phase des intensiven Überlegens und Scribbelns. Zu Guter Letzt entschlossen wir uns, das Lyricsvideo in und um die Ruine einer Burg zu drehen. Dabei sollte die Ruine den Zustand der Gefangenheit visualisieren. Unser Konzept sah vor, von nahen, beengenden und dunkeln Einstellungen nach und nach in weite, helle und offene Bilder überzugehen. Gleichzeitig wollten wir uns im Verlauf des Videos immer mehr von der Ruine und damit vom Symbol der Befangenheit lösen. Dieser Lösungsprozess sollte mit Drohnenaufnahmen, einer Visualisierung der im Lied aufgegriffenen Freiheit und Freude, enden.

Production

Nach der Konzeptionsarbeit begann die Umsetzung. Als Drehort entschieden wir uns für die Ruine Jagdburg bei Niederstocken. Die Ruine ist nicht restauriert und macht daher einen wilden Eindruck. Zudem liegt sie in einer sehr schönen Umgebung. Um die Idee von anfänglich dunklen Bildern umzusetzen, mussten wir vor Sonnenaufgang am Set sein. Mit folgendem Material arbeiteten wir:

einer Canon 550d,
einer Canon 70d,
einer Phantom dji pro 4,
einer Glidecam
diversen Objektiven

Unsere Ausrüstung stellte uns vor einige Probleme. Zum einen sind die Bildsensoren der verwendeten Kameras zu erwähnen. Sowohl die 550d wie auch die 70d verfügen nicht über einen Full-frame Sensor. Dies führt dazu, dass die ISO-Werte nicht hoch eingestellt werden können, ohne dass das Bild zu rauschen beginnt. Dies ist beim Filmen in der Dämmerung nicht gerade von Vorteil. Auch die dji pro 4 glänzt nicht, wenn es um die Grösse des Bildsensors geht. Die Kamera der Drohne zeichnet zwar in 4k auf, stösst in low-light Situationen jedoch sehr schnell an ihre Grenzen. Gerade in der Dämmerung waren die Bilder entweder zu dunkel oder begannen zu rauschen.

Ein weiteres Problem war das Fehlen von Bildstabilisatoren in beiden verwendeten Kameras. Trotz der auf dem Set vorhandenen Glidecam drehten wir das meiste Bildmaterial aus der Hand. Dies resultierte zum Teil in sehr verwackelte Einstellungen. Über die Limitierung unserer Ausrüstung waren wir uns im Vorfeld im klaren. Allerdings war in der Ausleihe keine Canon 5d mehr verfügbar, und auch bei der Drohne waren unsere Optionen limitiert.

Die Dreharbeiten verliefen insgesamt sehr gut. Das Konzept diente uns beim Filmen als Orientierung. Allerdings gingen wir dabei nicht sehr strukturiert vor. Wir fokussierten uns vor allem auf das Einfangen von schönen Stimmungen und behielten dabei das Konzept im Hinterkopf. Nach ca. vier Stunden hatten wir genug Material im Kasten.

Post-Production

Mit dem erfolgreich beendeten Drehtag begann die Postproduction. Nun galt es, das Konzept zu materialisieren. Diese Phase war vom gesamten Projekt die schwierigste, zog sich über mehrer Monate hinweg und durchlief mehrere Iterationen. Nachdem wir einen ersten Rohschnitt erstellt hatten, legten wir ihn unserem Auftraggeber vor. Seinem Feedback entsprechend entwickelten wir das Video weiter. Die erste Version war in ihrer Aussage unklar, zu wild und stilistisch noch nicht ausgearbeitet. Sie enthielt zu viele Stimmungswechsel und wirkte nicht als Einheit. Erst nach einem sorgfältigen Hinterfragen von jeder verwendeten Einstellung begann das Video zu funktionieren. Einen weiteren ästhetischen Mehrwert generierten wir zudem mit dem Einfügen von Stilmitteln wie Rauschen, Filmfehler, Farbverziehungen (Colordistortions) und Farbüberblendungen (Colorburn).

Folgenden Herausforderungen mussten wir uns beim Schnitt stellen:

Die Umsetzung des Konzepts erwies sich im Schnitt als Schwierig. Storytelling auf der Metaebene ist sehr vielschichtig und abstrakt, was für uns eine neue Erfahrung war. Die gewählten Einstellung musste immer wieder hinterfragt und kritisch betrachtet werden. Der erste Entwurf wurde dem Konzept nicht gerecht und durchlief vor der Fertigstellung einige Gesamtüberarbeitungen.
Die Gestaltung des Textes war eine grosse Hürde. Um die Lesbarkeit zu erhöhen, verwendeten wir zuerst eine Schriftgröße, die den ganzen Bildschirm füllte. Einige Iterationen später begannen wir diese Entscheidung zu Hinterfragen, denn stilistisch wirkte der Text noch sehr plump. Erst nach einigem Experimentieren kamen wir auf die im Endprodukt verwendete Schriftart und Schriftgrösse, die unserem ästhetischen Anspruch genügt und dabei doch lesbar bleibt.
Viele Shots waren verwackelt und mussten mit dem Warp Stabilizer von Premiere Pro stabilisiert werden. Obwohl dieser Algorithmus sehr gut ist, kann auch er keine Wunder vollbringen. Einige Bilder waren daher schlichtweg unbrauchbar. Zudem ist der Warp Stabilizer sehr Ressourcenaufwendig. Er brachte unseren Schnittlaptop regelmässig an seine Grenzen.
Um dem Video einen eigenen Charakter zu geben, wollten wir mit Effekten arbeiten. Auch hier fanden wir erst nach einigen misslungenen Versuchen den richtigen Stil und das richtige Mass.

Kritik

Rückblickend war die Produktion dieses Lyricsvideos ein lohnenswertes Unterfangen. Nach zahlreichen Iterationen und aufgewendeten Arbeitsstunden, endlosem Basteln an kleinen Details und ständigem Hinterfragen von gewählten Einstellungen lässt sich das Endprodukt präsentieren. Der Auftraggeber ist zufrieden mit dem Ergebnis, und auch wir haben Freude daran.

Dennoch bleiben einige Unvollkommenheiten zu erwähnen. So sind manche Drohnenbilder überbelichtet, und zwischendurch scheinen die gefilmten Bäume aufgrund des digitalen Stabilisierens aus Gummi zu bestehen. In einem weiteren Projekt würden wir wohl dem Niveau der Ausrüstung mehr Beachtung schenken. Zudem wäre eine detailliertere Ausarbeitung des Konzepts in der Postproduction von Vorteil gewesen.

Im Prozess dieser Produktion haben wir sehr viel gelernt. Sei es die Verwendung von Effekten in Videos, das Erzählen von Geschichten auf einer Metaebene oder das Vermitteln von Gefühlen mit Kameraeinstellungen - diese Erfahrungen sind für weitere Projekte unbezahlbar. Und wer weiss, vielleicht produziert GfC Worship Bern schon bald wieder einen Song?

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