Zukunftsaussicht: Arbeitslos?

Ohne sein Zutun jeden Monat 2’500 Franken einsacken? Was nach einem Traum eines jeden Studierenden klingt, könnte früher oder später in der Schweiz Realität werden. Im Vorfeld der eidgenössischen Wahlen vom Oktober stehen uns fünf Politiker Red und Antwort zum bedingungslosen Grundeinkommen.

Am 20. Oktober 2019 werden die Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger an die Urne gebeten. Sie bestimmen über die neue Zusammensetzung des Parlaments für die kommenden vier Jahre. Der Klimawandel dürfte dabei wortwörtlich eines der am heissesten diskutierten Themen im Vorfeld der Wahlen sein.

Vom «Klimawandel», der zurzeit auf die Wirtschaft zusteuert und dem viele Arbeitsplätze zum Opfer fallen könnten, ist hingegen kaum etwas zu hören. Die Rede ist von der zunehmenden Automatisierung: Immer mehr Jobs, die vormals von Menschen erledigt wurden, werden von Robotern und Maschinen ausgeführt, die weder Pausen noch Urlaub benötigen. Denkt man diese Entwicklung weiter, könnte es so weit gehen, dass plötzlich nicht mehr genug Arbeit für alle Menschen da ist und Arbeiten zum Privileg wird. Ein solcher Zustand würde zum Zusammenbruch unseres aktuellen Sozialsystems führen, welches in erster Linie durch Steuern und Beiträge der Arbeitnehmer und Arbeitgeber finanziert wird.

Als möglicher Lösungsansatz für einen solchen Zustand wird gelegentlich die Idee eines sogenannten bedingungslosen Grundeinkommens ins Feld geführt. Ein System, bei dem jeder Bürger ohne sein Zutun einen bestimmten Geldbetrag (in der Literatur ist von 2’000 bis 2’500 Franken die Rede) erhält. Dadurch sollen die Bürger vom Zwang, arbeiten zu müssen, um über die Runden zu kommen, befreit werden. Wenn zu wenig Arbeit für alle zur Verfügung steht, stellt das Grundeinkommen eine existentielle Mindestsicherung dar, die gemäss einigen Autoren in Zukunft unumgänglich wird und kommen muss und wird.

Im Gespräch mit vier Nationalräten und einem Ständerat, wollten wir die Standpunkte ausgewählter Politiker in dieser Thematik in Erfahrung bringen und herausfinden, wie sie die Lage beurteilen:

Wer sich mit den Standpunkten einzelner Politiker vertieft befassen möchte, dem seien die folgenden Einzelinterviews ans Herz gelegt:

Einzelinterview Luzi Stamm (SVP)


Einzelinterview Corrado Pardini (SP)

Einzelinterview Jürg Grossen (GLP)

Einzelinterview Pirmin Bischof (CVP)

Einzelinterview Thierry Burkart (FDP)

Egal, welcher Meinung ihr seid, geht am 20. Oktober wählen!

Quelle: Precht, Richard David. (2018). Jäger, Hirten, Kritiker: Eine Utopie für die digitale Gesellschaft. München: Goldmann.

(sba)

Kritik
von Bernhard Aebersold und Hannah Scharnagl

Idee:
Neben diversen anderen politischen Themen interessiert uns beide die zunehmende Automatisierung in der Arbeitswelt sehr. Wir sind der Meinung, dass diese Thematik in der Politik einen höheren Stellenwert verdient hätte und entschieden uns das Heft selbst in die Hand zu nehmen. Kommt hinzu, dass wenn wir in unserem dreijährigen Studium irgendwann ein Projekt zu einem politischen Thema umsetzen möchten, es wohl keinen geeigneteren Zeitpunkt gibt als vor den eidgenössischen Wahlen vom Oktober. Ursprünglich war geplant ein Video zu drehen, das die Ansichten ausgewählter Politiker zur Automatisierung in der Arbeitswelt und einem bedingungslosen Grundeinkommen aufzeigt. Schlussendlich kam es aber anders (vgl. Abschnitt Post Production.)

Vorbereitung:
Wir müssen nicht drum herumreden; wir starteten mit der Planung des Projektes etwas spät (Ende April). Umso speditiver gingen wir aber im Anschluss vor. Binnen 1-2 Stunden war das Exposé und eine erste Drehvorlage erstellt. Aufgrund des Themas wurde der Bundesplatz in Bern als Drehort gewählt, auf dem Interviews mit Politikern gedreht werden sollen. Bernhard kommt ursprünglich aus Bern und kennt sich mit den Gegebenheiten vor Ort gut aus. Zudem stellten wir sicher, dass an diesem Tag keine Veranstaltung auf dem Bundesplatz geplant war. Auf eine Drehgenehmigung verzichteten wir nach einem Telefonat mit den Behörden.

Anschliessend ging es darum, die Parlamentarier möglichst rasch anzuschreiben. Bei der Auswahl der Parlamentarier waren folgende Kriterien in dieser Reihenfolge ausschlaggebend:

  • Funktion in Partei (Je wichtiger desto besser)
  • Unsere persönliche Erfahrung (Wir kennen relativ viele Politiker, da wir beide als Journalisten tätig sind und wissen, welche Politiker eher knackige Quotes liefern.)
  • Sitz in Wirtschaftskommission aufgrund des Themas
  • Milizfunktion des Politikers passend zum Thema (Gewerkschafter, Unternehmer etc.)
  • Aus dem Kanton Bern (Drehort)

Wir erstellten ein Schreiben, das wir allen infrage kommenden Politikern sendeten. Darin fixierten wir bereits ein Datum (Montag 13. Mai) und weisten darauf hin, dass wir von Chur nach Bern fahren und auch auf dem Weg ein Interview machen könnten (Rückblickend ein wichtiger Schachzug). Primär war es unser Ziel alle Interviews auf dem Bundesplatz zu drehen, aber lieber wählten wir einen anderen Standort, als eine grosse Partei nicht zu Wort kommen zu lassen.

Bei der FDP schrieben wir Thierry Burkart an. Er war einige Wochen vor dem Dreh in der SRF-Arena zum Thema Digitalisierung und 5G. Er sagte sogleich zu. Bei den Grünen versuchten wir unser Glück bei der Präsidentin Regula Rytz, die mitgemacht hätte, leider antwortete sie aber erst zwei Tage nach dem Drehtag. Bei der SP versuchten wir es bei Matthias Aebischer, weil wir erhofften, dass er mit seinem TV-Background noch eher für ein solches Projekt zu haben ist und weil wir wissen, dass er beim Marzili (direkt hinter dem Bundeshaus) wohnt. Leider hatte er den ganzen Tag Kommissionssitzungen. Gleichzeitig schrieben wir auch SP-Nationalrat Corrado Pardini, ein Gewerkschafter wie er im Buche steht, an. Erfreulicherweise sagte er sogleich zu.
Berner CVP-Vertreter in der Wirtschaftskommission sind rar gesät. Deshalb versuchten wir unser Glück nach einigen Absagen bei Pirmin Bischof, dem Präsidenten der ständerätlichen Kommission für Wirtschaft und Abgaben. Er lud uns am Drehtag zu sich in seine Anwaltskanzlei für das Interview ein.
GLP-Präsident Jürg Grossen ist Unternehmer im Berner Oberland. Nach Telefonaten mit ihm in der Sketchwoche in Rotterdam, sagte er schliesslich für den 13. Mai zu.
Sorgen bereitete uns die SVP. Weil kein Berner SVPler in der Wirtschaftskommission sitzt, versuchten wir es deshalb bei Vertretern aus anderen Kantonen. Doch Thomas Aeschi, Magdalena Martullo-Blocher, Hans Egloff und drei weitere erteilten uns Absagen. So hatten wir am Morgen des Drehtages noch keinen Termin mit einem Vertreter der SVP. Unser journalistisches Objektivitätsverständnis litt. Auch dass wir ausschliesslich Termine mit männlichen Politikern hatten, war im Vornherein nicht so beabsichtigt. Anfragemails versendeten wir gleichmässig an Politiker und Politikerinnen.

Drehtag – the early bird catches….
Am Drehtag waren wir um acht Uhr morgens in Bern, obwohl der erste Drehtermin auf 10:30 Uhr angesetzt war. Parkplatzsuche, Kaffeepause, B-Roll-Material filmen, eine Hyperlapse-Aufnahme und den Tisch für das Interview vom Tennisclub abholen war in der Zwischenzeit vorgesehen. Wer einmal in Bern ist und keinen Parkplatz findet, kann sein Auto ruhig direkt am Bundesplatz parkieren und einen Zettel an der Windschutzscheibe anbringen, mit «Filmteam HTW Chur» beschriften und man hat den ganzen Tag Ruhe.
Während dem Vorbereiten der Interviewsituation liefen scharenweise Politiker über den Bundesplatz. Die einen in die Kaffeepause, die anderen an die Sitzung. Wir packten die Gelegenheit beim Schopf und fragten jeden SVPler, der uns über den Weg lief, ob er uns im Laufe des Tages für ein Interview zur Verfügung stünde (zum Glück kannte Bernhard sehr viele Politiker mit Namen). Gar bei Bundesrat Ueli Maurer versuchten wir unser Glück. Leider hatte er keine Zeit, aber der kurze Schwatz war auch ohne Interview ganz nett. Schliesslich sagte uns Luzi Stamm für am frühen Nachmittag zu und wenig später wäre auch noch Mauro Tuena zur Verfügung gestanden. Mit Blick auf den knappen Zeitplan lehnten wir ein zweites Interview ab. Aus zu wenig SVPler wurden plötzlich zu viele. Bevor wir mit dem ersten Interview begonnen hatten, hatten wir bereits derart viele spannende Eindrücke und Geschichten erlebt, die alleine für drei Digezz-Beiträge gereicht hätten.

Die Interviewpartner waren meist pünktlich und die Interviews verliefen inhaltlich sehr gut. Die Interviews waren jeweils nach dem gleichen Schema aufgebaut, aber es bestand kein konkreter Fragenkatalog, den wir durchratterten. Wir gingen jeweils auf die Antworten der Interviewpartner ein und hakten nach. Technisch bereitete uns der zügige Wind etwas Kopfzerbrechen, zumal der Windschutz für das Lavalier-Mikrofon nicht für dieses Lavalier geeignet war (nicht kontrolliert bei der Ausleihe – unser Fehler). Weiter veränderten sich während des Interviews die Lichtverhältnisse dauernd. So war es unumgänglich, dass gewisse Szenen etwas ausgebrannt wurden. Auf dem Rückweg nach Chur drehten wir noch bei CVP-Mann Bischof in Solothurn. Als wir zu seinem Büro liefen, sahen wir - was für ein Zufall - den gleichen Tisch wie der, den wir für unsere Interviews auf dem Bundesplatz benutzt hatten, seelenruhig im Innenhof stehen.
Ein Tag, fünf Interviews, nur vier davon waren vorgängig abgemacht, an zwei Locations und das alles ohne Parkbusse, dafür mit einem «Tisch-Zufall»: Doch, das war ein guter Tag!

Postproduction
Am Anfang war das Ziel ein Video zu erstellen, mit den besten Quotes aller Politiker. Die Einleitung und die Übergänge im Video planten wir ursprünglich mit einem Off-Text zu gestalten. Nach der erneuten Sichtung des Audio- und Videomaterials stellten wir fest, dass es den ausführlichen Antworten und spannenden Quotes der Politiker nicht gerecht werden würde, wenn wir aus den teils 30-minütigen Gesprächen nur zwei-drei Quotes rausnehmen und in ein Video einfügen. Deshalb entschieden wir uns für sechs Videos. Fünf individuelle Einzelinterviews mit jedem Politiker und ein Video, bei dem wir die Antworten der Politiker so aneinanderreihten, dass sich für den Zuschauer ein sinnvoller Ablauf präsentiert. Wir stellten fest, dass ein Off-Text ein Fremdkörper wäre und verzichteten darauf, zumal die Übergänge zwischen den einzelnen Politikern gut funktionierten.

Schlusswort
Der Dank geht an Manuel von der Ausleihe in Chur, der uns das Material nach der Sketchcity-Woche in Rotterdam am Sonntagabend zur Verfügung stellte!

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