“Der Prozess” am Zürich Film Festival

Wenn dich in Zürich wieder von überall her das goldene Auge anschaut, in der ganzen Stadt Kameras platziert sind und das Publikum noch etwas internationaler ist als sonst, dann ist wieder „Zürich Film Festival“ oder kurz „ZFF“.

Nebst der umstrittenen Praxis, die Stars mit frei erfundenen Preisen nach Zürich zu locken, zeichnet sich das Festival auch durch Wettbewerbe von Dokumentationen und Spielfilmen aus. Wir wollten einen Eindruck vom Festival gewinnen und besuchten den Film „der Prozess“ von Gerald Igor Hauzenberger. Der Film gewann später den Preis in der Kategorie „deutschsprachiger Dokumentarfilm“.

ZFF  5Schirm

13 Aktivisten einer österreichischen Tierschutzorganisation wurden 2008 unter dem Vorwurf der „Bildung einer kriminellen Organisation“ festgenommen. Jahrelang wurde die Gruppe von den Behörden beobachtet, bis hin zur Telefonüberwachung und Einschleusung einer Spionin in die diversen Protestveranstaltungen. Dabei wurde von der österreichischen Justiz grosszügig übersehen, dass gegen die Personen keinerlei Beweismaterial vorlag. Trotzdem kam es zur Anklage und einem Jahre dauernden Prozess, der die Angeklagten nicht nur an die Grenzen des psychischen Zusammenbruchs, sondern auch in den finanziellen Ruin trieb.

Trotz des umfassenden Freispruchs am Ende des Verfahrens blieb den Betroffenen nichts als das Wissen, den Behörden trotz erwiesener Unschuld nur knapp entkommen zu sein.

Mit seinem zweistündigen Dokumentarfilm hat Gerald Igor Hauzenberger sein Ziel erreicht: Ungläubig verfolgt das Publikum diese beispiellose Behandlung von Bürgern, die sich nie etwas zu Schulden kommen liessen. Immer wieder lassen die haltlosen Anschuldigungen des Staatsanwalts und der Richterin die Kinobesucher auflachen. Die Kamera verfolgt Aktivitäten der Tierschutzorganisation, fängt das Verhalten der österreichischen Polizei ein und bietet den Angeklagten immer wieder die Möglichkeit, ihre Sicht der Dinge zu erklären. Auch wenn die Interviews teilweise etwas in die Länge gezogen scheinen, bietet der Film einen neutralen Einblick in die Thematik. Mehrmals hat der Regisseur versucht, Interviews mit jemandem seitens der Anklage zu erhalten. Doch mehr als eine allgemeine Stellungnahme der österreichischen Justizministerin vor der Kamera war nicht zu haben.

Symbolisch für den zähen Prozessverlauf findet sich der Zuschauer immer wieder im Gerichtssaal und den zugehörigen Warteräumen. Die Angeklagten geben oft vor der Kamera Auskunft, während der Staatsanwalt schweigt und der Chef des Sicherheitsdienstes von Bodyguards abgeschirmt vorbeirauscht. Es scheint endlos. Der Freispruch zum Schluss des Films wird zwar erleichtert zur Kenntnis genommen, doch im Publikum überwiegen Mitgefühl mit den Betroffenen und Ungläubigkeit über diese Schwachstelle des österreichischen Rechtssystems.

Gerald Igor Hauzenberger

Doch zu Ende ist die Geschichte trotzdem noch nicht, denn der verantwortliche Staatsanwalt hat nach Verkündung des Urteils Berufung angekündigt. Auf die Frage, ob Hautzenberger auch den weiteren Verlauf des Verfahrens mit der Kamera begleiten werde, antwortet er, dass er ein weiteres Projekt zu dem Thema wohl nicht durchstehen würde. Es wäre zu deprimierend.