Immersive Erlebnisse bei der Kunstbetrachtung in Schweizer Kunstmuseen

Ob in der Kunst, der Design- oder Konsumwelt – überall operiert man zurzeit mit dem Begriff der Immersion. Das komplette Eintauchen einer Person in ein Erlebnis hat zum Ziel, die Distanz zwischen Werk und betrachtender Person aufzulösen, damit diese die Kunst intensiver erleben kann. Was für Auswirkungen hat dies auf Kunstausstellungen?

Um konkurrenzfähig zu sein, müssen Museen herausstechende Konzepte bieten, die den Museumsbesuch zum Erlebnis machen. Denn Besuchende möchten nicht mehr nur konsumieren, sondern auch erfahren und erleben. Nebst dem Inhalt der Ausstellung spielt deshalb die richtige Wahl von digitalen Technologien eine bedeutende Rolle. Immer häufiger setzt man auf Immersion und trägt den Immersionseffekt nachträglich an historische Kunstwerke heran. Hohe Kosten und eine anspruchsvolle Technik stellen für Kuratorinnen und Kuratoren jedoch eine grosse Herausforderung dar. Zudem sollen Werke von bereits verstorbenen Kunstschaffenden so wiedergegeben werden, dass sich Sinn und Inhalt nicht verändern. Umso wichtiger ist es deshalb, den Einsatz von Immersion aktiv zu hinterfragen.

Die Bachelorthesis widmet sich der Frage, wie sich immersive Technologien optimal in Schweizer Kunstmuseen einsetzen lassen und wie sich dabei die Beziehung zwischen Werk und betrachtender Person verändert. Experten aus zwei Leitfadeninterviews sowie 70 Besuchende der Multimedia-Ausstellung «Van Gogh Alive» geben Auskunft darüber, wie man sich den Herausforderungen rund um das Thema Immersion annehmen kann. Dabei hat sich herausgestellt, dass Immersion nicht direkt an die Kunst herangetragen werden sollte. Immersive Technologien sollten vielmehr als zusätzliche Hilfsmittel dienen. So bleibt das Werk selbst unberührt und wird weder in seinem Sinn noch in seinem Inhalt verändert.

Die wissenschaftlichen Erkenntnisse aus der Thesis lieferten die Grundlage für die Planung einer eigenen immersiven Ausstellung. «Auf Liners Spuren» widmet sich dem Appenzeller Künstler Carl Walter Liner und macht eines seiner Werke auf eine neue Art erlebbar. Die digital dargestellte Gemäldekulisse versetzt Betrachtende an jenen Ort, an dem das Werk entstanden ist und lässt sie in die Landschaft eintauchen. Mit Blick durch den leeren Bilderrahmen ist der Ausschnitt des Originalwerks ersichtlich. Dies bietet die Möglichkeit, sich in die Gefühlslage des Künstlers zu versetzen und die gesamte Kulisse mit all ihren Facetten zu entdecken. Am 27. und 28. Juni wurde die Installation in der Kunsthalle Ziegelhütte in Appenzell präsentiert.