Wendigo

Ein Knacken im Unterholz, ein Rascheln im Gebüsch… Du drehst dich um und wünschst dir alleine zu sein, doch du weisst: Irgendwo da draussen ist er. Er lauert zwischen den Bäumen, hat seine roten Augen auf dich gerichtet und will nur eines: Dein Fleisch fressen. In Panik rennst du weiter und hoffst einen Weg aus dem Dickicht zu finden, bevor er dich in seine Krallen bekommt und für immer zurück in die Finsternis des Waldes zerrt.

Glaubt man den Sagen der alten Indianer so wird jeder, der einmal Menschenfleisch gekostet hat dazu verflucht fortan als böser Geist weiterzuleben. Gequält von einem unstillbaren Hunger durchquert er dann als “Wendigo” die Wälder auf der Suche nach immer neuen Opfern.

Diesen Mythos als Horror-Kurzfilm umzusetzen, welcher den Zuschauer mit einer spannenden Story packt und ihm dank schauriger Spezialeffekte und unheimlichem Ton eine Gänsehaut verschafft: Das war das Ziel dreier angehender Multimedia-Producer der HTW Chur. In die Geschichte des Films eingeflossen ist zudem die Symbolik des roten Schals, welche in vielen Köpfen prägend verankert ist. Ihren Ursprung findet sie im wichtigen literarischen Werk „Faust“ von Goethe. Mit diesem Sinnbild und der Sage vom “Wendigo” war der Grundstein für die Horrorfilm-Produktion gelegt.

Filmplakat zum Horrorfilm "Wendigo"

Wovon lebt ein Horrorfilm? Worauf muss beim Dreh, beim Schnitt und bei der Nachbearbeitung geachtet werden? Solche Fragen und viele weitere haben die Neugierde der Produzenten dieses Films geweckt und sie fieberhaft über das ganze Semester beschäftigt. An Tutorials wie: „Koche dein eigenes Kunstblut” oder „Wie kreiere ich Blutspritzer im After Effects?“ mangelt es im Internet glücklicherweise nicht. Und selbst wenn einmal keine Anleitung vorhanden war, hat ihnen das Motto “Help yourself“ stets kreative Ideen gebracht. So ist nach etlichen Stunden Filmen, Schlammpfützen anfertigen, Schminken und aufwändigen Nachbearbeitungen der Kurzfilm fertig geworden. Vorsicht: Nicht für Jugendliche unter 16 Jahren geeignet!

Für den absoluten Horrorgenuss sollte der Film im Vollbildmodus mit möglichst hoher Lautstärke angeschaut werden!

Kritik
von Aline Gsell, Lucia Plaen und David Guidali

Konzept

Unsere wichtigsten Ziele waren, dass...

...wir ein von uns noch unangetastetes Filmgenre ausprobieren, unsere Filmskills verbessern und den Umgang mit Adobe After Effects, Premiere Pro und Audition üben. Zudem wollten wir anderen jungen Medienproduzierenden und Interessierten ein qualitativ hochwertiges Resultat zeigen.

Location Scouting

Die Auswahl an Drehorten war begrenzt, da wir uns einig waren, in der Nähe von Chur zu filmen. Wir haben uns drei Locations angeschaut und mit der Bärenhütte oberhalb der Stadt Chur im Fürstenwald einen geeigneten Ort für unser Vorhaben gefunden. Obwohl wir die Aufnahmen innerhalb weniger Quadratmetern aufgenommen haben, bemerkt der Zuschauer im Kurzfilm nichts davon.

Produktion

Die Planung...

...hat viel Zeit in Anspruch genommen und das Projekt hat uns das ganze Semester über begleitet. Nachdem wir die Story und das Ziel des Films definiert hatten, machten wir uns an das Zeichnen des Storyboards. Wir haben darin bereits Kamerabewegungen und deren Einstellungen definiert. Bei diesem Prozess hat sich herausgestellt, ob unsere Vorstellungen und Ziele übereinstimmten oder noch diskutiert werden mussten. Diese Vorgehensweise sollte sich später beim Dreh als sehr hilfreich entpuppen, da wir stets nach Storyboard vorgehen konnten und sicher waren, dass wir alle vom Gleichen sprachen.

Vor dem Dreh trafen wir uns nochmals zu wichtigen Vorbereitungen: Equipment testen, Kunstblut kochen, Monstermaske ausprobieren, Schminken, Probeaufnahmen erstellen, eine Materialliste schreiben und das Vorgehen für den Drehtag besprechen. Da sich die Schminke im Gesicht von Lucia von Shot zu Shot minim verändern sollte, planten wir ein chronologisches Drehen nach Storyboard. Wir holten vorab bei der Gemeindeverwaltung die Genehmigung ein, die Dreharbeiten bei der Bärenhütte zu realisieren.

Bei den Dreharbeiten…

…im April waren wir unglaublich froh, dass das Wetter mitspielte und wir gut vorbereitet waren. Die ersten Aufnahmen haben sehr viel Zeit in Anspruch genommen, bis wir eingespielter, kreativer und auch effizienter wurden.

Um uns die Möglichkeit offen zu halten, später noch Slow-Motion-Sequenzen einzubauen, haben wir alles mit 50 Bildern pro Sekunde aufgenommen. Die meisten Shots haben wir mit der Steady-Cam oder von Hand gefilmt. Diese unruhige Aufnahmeart dient als Stilmittel und soll dem Zuschauer ein „Mittendrin-Gefühl“ vermitteln.

Nachbearbeitung

Schnitt

Jeder von uns hat einen Rohschnitt angefertigt. Diese haben wir dann verglichen und an der besten Version weitergearbeitet. Damit haben wir sichergestellt, dass jeder seine Vorstellungen einbringen und zusätzlich auch das Programm Adobe Premiere Pro weiter vertiefen konnte. Unser Schnitt lebt von der Schnelligkeit und der Dynamik der Übergange. An Schlüsselstellen, wie dem Entdecken der Monsterkrallen an der Hütte oder dem Sturz, haben wir den Rhythmus etwas verlangsamt um die Spannung zu erhöhen. Danach wird das ursprüngliche Tempo wieder aufgenommen.

Sound

Die Tonbearbeitung war eine der grössten Herausforderungen im Produktionsprozess. Von vornherein war klar, dass wir nur lizenzfreie Musik und Effekte für unseren Film verwenden wollten um allfällige Komplikationen mit der SUISA zu vermeiden. Dies hat die Musikauswahl doch sehr eingeschränkt. Wir hatten zudem auch einige Effekte wie Schreie, Umgebungsgeräusche, Klopfgeräusche usw. vorgängig mit Mikrofon und Recorder aufgenommen und mussten nun einen Weg finden, diese mit den aus dem Internet geladenen Sounds zu verbinden und an die Musik anzugleichen. Dabei mussten die Tonspuren richtig zugeschnitten, Lautstärkenunterschiede aufgehoben und Fehler wie Clipping usw. entfernt werden. Zudem war auch das Einfügen von fliessenden Übergängen zwischen den einzelnen Musikelementen wichtig. Wir haben die aufgezählten Arbeiten mit Adobe Premiere Pro und Adobe Audition durchgeführt.

Color Grading

Zu Beginn beabsichtigten wir den Film in Schwarz/Weiss mit Rot-Erkennung zu realisieren. Beim Arbeitsprozess waren wir mit den harten Kontrasten und dem stechenden Rot aber nicht zufrieden. Schnell einigten wir uns darauf, etwas mehr Farben zuzulassen. So wirkt der Film realer und dadurch auch beklemmender.

Damit der Film unheimlich und angsteinflössend wird, gaben wir dem Zuschauer wenig visuelle Informationen. Erst wenn dieser nämlich nicht mehr alles klar erkennen kann und der Film im Allgemeinen eher dunkel ist, muss er die fehlenden Informationen in einem Denkprozess selber hinzufügen. Das aufwendige Color Grading wurde im Programm Adobe Premiere Pro realisiert.

Effekte

Spezialeffekte haben wir für unseren Film im Intro und im Outro, sowie für die Blutspritzer in der letzten Szene verwendet. Wichtig beim Erstellen von Intro/Outro war uns die thematische Übereinstimmung mit dem Rest des Films.

Die Blutspritzer am Schluss des Films sollen zudem in Kombination mit den Fressgeräuschen beunruhigende Bilder im Kopf des Betrachters auslösen und diesen mit einem mulmigen Gefühl im Magen zurücklassen.

Fazit

Lessons learned

  1. - Eine gut durchdachte Planung und ein detailliertes Storyboard erleichtern sehr vieles beim Dreh und haben uns eine effiziente Arbeitsweise am Set ermöglicht.
  2. - Ein Horrorfilm lebt vom Sound!
  3. - Wir konnten unser Wissen in den Adobe Programmen Premiere Pro, Audition, Photoshop und After Effects weiter vertiefen.
  4. - Den Umgang mit Steady-Cam und technischen Geräten (Kamera, Objektive, Mikrofon, Recorder, etc.) verbessert.

Beim nächsten Mal...

...werden wir mehr Filmmaterial erstellen, vor allem vom Rennen durch den Wald, da wir dadurch weniger Möglichkeiten beim Schnitt hatten. Die Schwierigkeit bestand darin, klar unterschiedliche Shots aufzunehmen, obwohl die Handlung eigentlich immer dieselbe bleibt.

...werden wir alternative Kleidung mitnehmen: Die Protagonistin sollte keine helle Jacke tragen, da diese zu hell und sauber ist, wirkt sie zu freundlich und war im Nachhinein beim Color Grading mühsam zu bearbeiten.

...werden wir das Schulterstativ ausleihen (war in der Technikausleihe leider schon vergeben). Wir denken, dass es damit leichter ist, eine Verfolgungsjagd zu filmen, als mit der Steady-Cam.

Alles in Allem…

...bereuen wir nicht, sehr viel Zeit in das Projekt gesteckt zu haben und sind zufrieden mit dem Resultat. Wir haben stets effizient gearbeitet, nie aber mit der Absicht, so schnell wie möglich ans Ziel zu kommen. Im Gegenteil haben wir uns die nötige Zeit für das Ausprobieren, Diskutieren und Recherchieren genommen, um immer eine passende Lösung zu finden. Die Kommunikation und Aufteilung der Arbeiten in der Gruppe waren stets klar und deshalb hat die Zusammenarbeit auch sehr gut funktioniert.

Kommentare (4)

Schreibe einen Kommentar