Farbenblind?

Jeder zwölfte Mann und gut jede 250. Frau in der Schweiz hat eine Farbsehschwäche. Das bedeutet aber nicht, dass diese Menschen «farbenblind» sind, also gar keine Farben sehen. Die meisten haben einfach Probleme damit, Grün- und Rot-Töne zu unterscheiden. Aber wie genau sieht jemand mit einer Farbsehschwäche?

Dieser Frage geht die Webserie «Farbenblind?» auf den Grund. Verschiedene Simulationen zeigen auf, wie eine Person mit Farbsehschwäche sieht. Und mit Manuel, unserer Testperson, finden wir heraus, was im Alltag Probleme sein können.

So kann zum Beispiel Kochen für Menschen mit Farbsehschwäche zur Herausforderung werden: Sie sehen kaum, ob Fleisch noch roh- oder schon durchgebraten ist. Auch reifes Gemüse zu erkennen, ist schwierig. Und nicht zuletzt in der Berufswahl sind Menschen mit Farbsehschwäche ein wenig eingeschränkt.

Das Einführungsvideo verschafft einen Überblick, was eine Farbsehschwäche ist:

Zur ganzen Webserie: Website

Zur Instagram-Seite: Instagram

(lhu)

Kritik
von Timo Stump und Simona De Roni

Idee

Manuel und Timo kennen sich schon seit Längerem – deshalb kam auch die Farbenblindheit von Manuel immer mal wieder ins Gespräch. Gerade als Multimedia Produzent ist es schliesslich auch ungewöhnlich, dass jemand eine Farbsehschwäche hat. Besonders grafische Arbeiten und Farbkorrektur sind kaum überwindbare Hindernisse.

An einem WG-Abend, als wir wieder einmal über seine Farbenblindheit philosophierten, fiel der Zwänzger. So viele Menschen sind davon fasziniert, wenn Manuel von seiner Farbsehschwäche erzählt – und doch kann es sich niemand richtig vorstellen.

Aus diesem Grund haben wir uns entschieden, einen Digezz-Beitrag über Farbenblindheit zu produzieren – mit Manuel als Protagonist und Testperson.

Konzept

Da die Farbsehschwäche sehr viele verschiedene Aspekt beinhaltet, war uns klar, dass das Projekt relativ umfangreich wird, damit man es überhaupt fassen kann. Ausserdem war schnell klar, dass wir dieses Projekt filmisch umsetzen wollten, da man auf diese Weise auch sehr viele Aspekte gut visuell darstellen kann.

Um die Filme trotzdem zeitgemäss und kompakt zu machen, entschieden wir uns, eine Mini-Serie zu produzieren. Also viele kurze Videos (ca. 1 Minute), die jeweils einen Aspekt behandeln. So waren wir gezwungen, die Inhalte möglichst kompakt zusammenzufassen und trotzdem viele Informationen zu vermitteln. Ausserdem ist diese Länge auch für den Zuschauer angenehm, da er innert kurzer Zeit sehr viel Abwechslung hat und selbst bestimmen kann, wie viele und welche Teilaspekte ihn interessieren. Ganz im Sinne von «Infotainment»

Darauf folgte eine intensive Recherche. Mit Manuel machten wir Vorgespräche, um herauszufinden, welche Alltagsprobleme und Aspekte spannend wären. Ausserdem suchten wir im Internet nach Fakten und Material, welches wir in das Projekt einfliessen könnten. Schlussendlich arbeiteten wir 14 Episoden aus, die folgende Aspekte beinhalten:

  1. Einführung (Wie siehst du?, was ist eine Farbsehschwäche?)
  2. Verschiedene Typen von Farbsehschwächen
  3. Vererbung (Jeder 12. Mann, jede 250. Frau)
  4. Reife Früchte erkennen, Pistazien
  5. Kochen: Fleisch braten
  6. Regenbogen, Farbkreis
  7. Colorgrading und Fotobearbeitung
  8. Primarschule, Farbstifte ordnen
  9. Natur, Herbst
  10. Autofahren (Ampel)
  11. Barrierefreiheit, Websites
  12. Akkulichter, Berufe
  13. Kindheit
  14. Farbsehtests

Produktion

Drehtag 1

Die meisten Episoden sollten als Interview-Situation stattfinden, wobei wir jeweils einige Gegenstände als Veranschaulichung zeigen. Dafür brauchten wir ein Studio. Wir wollten die Möglichkeit haben, dieses Studio individuell nach unseren Vorstellungen einzurichten, auszuleuchten und akustisch zu optimieren. Da wir kein professionelles Studio zur Verfügung hatten, entschieden wir uns, es in der Wohnung von Manuel und Timo zu drehen.

Da es unsere einige Wohnung war, hatten wir viel mehr Freiheiten und mussten nicht auf andere Bewohner Rücksicht nehmen. So konnten wir den Drehort optimal einrichten. Im Wohnzimmer, bauten wir eine gemütliche Sofa-Situation auf, wo viele farbige Gegenstände standen, die wir teilweise in die Filme einbezogen.

Diese Szene leuchteten wir mit 2 LED-Panels sowie dem verfügbaren Raumlicht aus, um die beiden Protagonisten möglichst gut in Szene zu setzen. Das Tageslicht mussten wir mit viel Kreativität aussperren, da wir im Wohnzimmer keine Storen haben, die Sonne aber teilweise sehr störend in die Wohnung geschienen hat.

Den Ton zeichneten wir während der Interview-Situation mit einem Lavalier-Mikrofon für den Protagonisten (Manuel) auf sowie mit einem Richtmikrofon, das den Interviewer (Timo) aufzeichnete. Da die Wohnung relativ stark hallte, mussten wir sehr viele Gegenstände wie Decken und Matratzen in der Wohnung verteilen, um so den Hall zu eliminieren.

Die Filmaufnahmen erfolgten mit zwei Sony-Kameras (A7sII und A7III), wobei eine fest auf dem Stativ stand und die zweite ebenfalls auf dem Stativ von einer Kamerafrau gesteuert wurde. So konnten wir einerseits eine Totale aufnehmen und gleichzeitig auf Details eingehen. Ausserdem vereinfachte uns das auch den Schnitt, da man somit Teile des Gespräch herausschneiden konnte.

Bei den Aufnahmen war es stets unser Ziel, das Interview nicht länger als eine Minute zu machen, damit man es nicht im Nachhinein abkürzen muss. So mussten wir unsere Gespräche kurz und knapp halten und immer mal wieder Teile wiederholen. Doch gerade diese Kürze verleiht den Interviews einen dynamischen und unterhaltsamen Wert.

Drehtag 2

An einem weiteren Drehtag filmten wir ausserdem die anderen Szenen, bei welchen nicht eine klassische Interview-Situation gefragt war. Hier entschied der Inhalt über die Location. So filmten wir zwei Episoden vor dem Computer, eine Episode in der Küche sowie einen Film im Auto.

Diese Aufnahmen waren ziemlich aufwendig, da wir an jedem einzelnen Ort erneut alles Licht, Tonequipment und die Kameras aufstellen und vorbereiten mussten. Doch gerade diese Szenen lebten davon, dass wir an den verschiedenen Orten direkt Dinge ausprobieren und testen konnten. Gleichzeitig sind diese Episoden für den Zuschauer eine angenehme Abwechslung zu dene anderen Szenen, welche immer am selben Ort stattfinden.

Postproduction

Nach den Aufnahmen ging es darum, alles Material zu sammeln, zu sortieren und zu analysieren. Da wir mit zwei Kameras, teilweise einer GoPro und zwei Mikrofonen arbeiteten, gestaltete sich diese Arbeit und der gesamte Schnitt relativ aufwendig. Besonders auch, weil jedes Einzelne der 14 Videos wieder neu geschnitten, farbkorrigiert und vertont werden musste.

Beim Schnitt nutzten wir den Multicam-Modus von Premiere Pro. So konnten wir relativ unkompliziert die einzelnen Szenen schneiden und die verschiedenen Kameras anwählen.

Farbfilter

Ein wichtiger Aspekt von «Farbenblind?» sind die Farbfilter. Die meisten Videos kann man mit einem Farbfilter ansehen, dass man sieht, wie jemand mit einer Rot-Grün-Sehschwäche. Solche Filter kann man sich für Fotos im Internet herunterladen; für Videos gibt es jedoch keine solche Presets. Deshalb mussten wir in harter Knochenarbeit selber einen solchen Filter entwickeln.

Um den Filter zu entwickeln, analysierten wir viele Bilder, welche die Farbsicht von Menschen mit Farbsehschwäche simulieren. Ausserdem sassen wir mehrere Stunden mit unserer Testperson Manuel zusammen und er musste beurteilen, ob die Filter für ihn funktionieren. Das heisst: Er sollte keinen Unterschied sehen zwischen dem Bild mit Farbfilter und dem Originalbild.

Erst nach vielen Versuchen entstand mit der Zeit ein brauchbarer Filter, der eine Rot-Grün-Sehschwäche ziemlich gut (wenn auch nicht perfekt) simulieren kann.

Website

Wir haben uns dafür entschieden, die produzierten Videos auf einer Website zu publizieren. Um die volle Freiheit für die Programmierung zu erhalten, richteten wir auf der Website von Simona De Roni (simonaderoni.ch) eine Subdomain ein. Dort gestalteten wir  mit Wordpress einen One-Pager. So sind alle Informationen auf einen Blick ersichtlich.

Herausforderungen Website

Da noch nie jemand von uns eine Subdomain eingerichtet hat, mussten wir zuerst einmal recherchieren, wie das überhaupt funktioniert. Relativ schnell fanden wir die Antwort: Über den Host (bei simonadeorni.ch ist es hoststar) kann man einfach und schnell eine Subdomain einrichten. Auch das Installieren von Wordpress auf diesem Server ist relativ schnell und einfach über die Bühne gegangen. Nun gut. Dann mal ran ans Template suchen!

Schneller gesagt als getan. Zuerst einmal suchten wir auf Google ein geeignetes Template. Diejenigen, welche wir uns vorstellen konnten, suchten wir dann auf Wordpress unter «Themes» und probierten alle einmal aus. Relativ schnell wurde uns klar, dass keines dieser gesuchten Templates funktioniert. Einige hatten zu viele Infos auf einer Seite, andere wiederum liessen sich nur schlecht anpassen. Also mussten wir nochmals neue Themes suchen. Alles nochmal auf Anfang.

Als wir dann endlich ein Tempelte fanden, welches ich auch gut customizen liess, stiessen wir auf weitere Herausforderungen: Wenn wir bei einigen Sektionen Änderungen vornehmen wollen, müssen wir die Pro-Version kaufen. Für uns beide keine Option, denn wir wollen diese Website kostengünstig produzieren und nicht mehr als 50 Franken dafür bezahlen.

Das Theme allerdings liefert viele Pages, welche auch als Homepage funktionieren. Und genau da setzten wir an. Zuerst versuchten wir mit dem «Hompage Template» die Startseite zu basteln, kamen aber an unsere Grenzen. Viele Funktionen, welche wir gerne ausgeblendet haben wollen, konnte man nicht ausblenden und Sektionen neu hinzufügen ging ebenfalls nicht. Also musste eine Lösung her.

Über unterschiedliche Foren fanden wir immer wieder den Begriff «Elementor». Der Elementor ist ein Drag-and-Drop Plugin, mit welchem man einfach neue Sektionen hinzufügen kann. Also haben wir dieses Plugin installiert und versucht, auf dem Homepage-Template anzupassen. Ohne Erfolg. Es erschien immer dieselbe Fehlermeldung, dass auf diesem Template der Content nicht angepasst werden könne, da die PHP-Funktion «the_content» fehle. Auf der Hilfeseite von Elementor fanden wir dann eine Lösung: Man müsse ein Child-Theme erstellen und die PHP-Funktion auf dem Homepage-Template einbinden. Also haben wir uns mittels Filezilla mit der Website verbunden und das Template heruntergeladen und nochmals als Child-Theme hochgeladen. Auf allen verknüpften Seiten, die mit dem Homepage-Template in Verbindung stehen, passten wir den Code mit folgender Zeile an:

<?php the_content(); ?>

Voller Hoffnung updateten wir alle Files und refreshten die Wordpress-Site. Elementor ist zwar jetzt eingebunden und kann verwendet werden, allerdings nur im oberen Bereich (also vor dem Header). In allen anderen Sektionen innerhalb der Website ist Elementor immer noch nicht freigeschaltet. Das nützt uns leider auch nichts (naja, ein Versuch war es Wert).

Finally, haben wir uns dann dafür entschieden, für die Homepage das «Standardtemplate» vom Theme Oneline Lite zu verwenden – denn da funktioniert Elementor einwandfrei. ENDLICH! Nun ging es noch darum, den Content einzufüllen.

Wir haben uns dafür entschieden, direkt nach dem Einführungsvideo einen kleinen Überblick zu schaffen, mit welchen Problem Menschen mit einer Rot-Grün-Sehschwäche zu kämpfen haben. Darauf folgen die Interviews von Manuel und Timo. Zu Schluss kommt eine Sektion mit Bildern, die einen Vergleich bietet zwischen Normal-Sehenden und der Rot-Grün-Sehschwäche (also ein Slider, der zwischen den beiden Bildern verschoben werden kann.) 

Das Menü haben wir schlicht und einfach aufgebaut. Jede Sektion auf der Homepage hat einen Ankerpunkt, und diese Ankerpunkte sind im Menü verlinkt. So kann jemand schnell zu einem Punkt springen, wenn er das gerne möchte.

Video-Slider
Da wir die meisten Videos jeweils in zwei unterschiedlichen Varianten herausgerechnet haben (1 mal normal, und 1 mal so, dass normalsehnede auch mal sehen können wie Menschen mit einer Farbsehschwäche (also mit Filter)). Ziel dieser zwei Versionen war es, jeweils in eine Richtung swipen zu können. Also mussten wir einen Slider finden, der benutzerfreundlich war und einige Einstellungen vorgenommen werden konnten. Anfangs arbeiteten wir mit dem Plugin "Video Slider". Dieser erwies sich aber als nicht benutzerfreundlich, da man nichts anpassen konnte. Deshalb mussten wir nochmals hinter die Bücher und fanden schlussendlich den "Smart Slider". Mit diesem kann man easy Slider für Videos erstellen - was wir dann auch getan haben :)

Lazy-Loading
Da wir viele Videos von Youtube eingebunden haben, wird die Ladezeit der Website enorm in die Länge gezogen, sprich: Es dauert relativ lange, bis die Page überhaupt angezeigt wird. Von einem Schulkollegen wurden wir auf die Idee gebracht, zuerst nur ein "Standbild" mit dem Playbutton anzeigen zu lassen, und sobald der Button geklickt wird, auch das Video geladen wird. (Hier dazu mehr: https://webdesign.tutsplus.com/tutorials/how-to-lazy-load-embedded-youtube-videos--cms-26743) Dies ist eine einfache Dummy-Anleitung. Allerdings hatten wir Mühe, den Code in unserem Template einzufügen, da es nicht immer funktioniert hat. Trial and Error also! (Hier besteht sicher noch Optimierungsbedarf auf der Website ;))

Über Elementor: Anfangs ist das Plugin etwas gewöhnungsbedürftig, denn die jeweiligen Drag-and-Drop-Elemente sind immer noch in drei unter Tabs eingeteilt, auf welchem man unterschiedliche Dinge anpassen kann. Anfangs etwas viele Auswahlmöglichkeiten, doch mit der Zeit findet man sich gut zurecht.

Was allerdings etwas intuitiver sein könnte: Wenn du beispielsweise die Page mit Elementor bearbeitest und sie dann «updatest», wird die Page aber live noch nicht in der angepassten Version gezeigt. Du musst immer noch zuerst in Wordpress auf «aktualisieren» klicken. Das ist ein wenig unnötig! Aber wenn man es einmal weiss, ist es dann kein Problem mehr! Aber alles in allem ein Plugin, mit dem es sich zu arbeiten loht.

Instagram

Um mit dem Projekt «Farbenblind?» noch eine grössere Reichweite zu generieren, entschieden wir uns, eine Instagram-Seite einzurichten. Dort wollten wir alle Videos einbinden (mit und ohne Farbfilter) sowie einige Beispielbilder veröffentlichen. Da unsere Episoden nie länger als eine Minute geht sind sie auch gut für Instagram geeignet.

Also gestalteten wir einige grafische Elemente, welche den Rahmen auf der Instagram-Seite schufen und posteten die einzelnen Videos auf Instagram. So können alle Inhalte auch dort konsumiert werden.

Fazit

Unser Ziel war es, dass die Zuschauer eine Vorstellung davon erhalten, wie eine Person mit Farbsehschwäche sieht und was das für ihr Leben bedeutet. Mit den kurzen Videos sollte das gut erreichbar sein und man kann sich schnell einen Überblick verschaffen.

Da man jedoch vom Digezz-Beitrag erst auf die Website oder auf den Instagram-Kanal gelangt, könnte die Hürde für Zuschauer relativ hoch sein, überhaupt zu den Inhalten zu stossen. Auch auf der Website sind relativ viele Informationen vorhanden; deshalb ist fraglich, ob die Zuschauer überhaupt bis zu unserem «Hauptprodukt», der Webserie gelangen.

Die Filme und der Farbfilter, welcher eine Rot-Grün-Sehschwäche simuliert sind relativ gut gelungen. Der Filter hätte aber noch potenzial – in einigen Fällen würde jemand mit Farbsehschwäche vermutlich einen Unterschied zwischen dem Original- und dem manipulierten Bild erkennen. Trotzdem kann der Filter aber veranschaulichen, wie jemand mit Farbsehschwäche ungefähr sieht.

Die Einbindung der Videos auf der Website hat sich als relativ grosse Herausforderung herausgestellt, da es sehr viele einzelne Videos sind. Das schlägt sich leider auf die Ladezeit nieder. Ausserdem ist auch das Laden der Videos, welche über ein Slider-Plugin eingebunden sind (alle Episoden mit Farbfilter) relativ langsam. Das ist für uns der grösste Schwachpunkt des Projekts.

Insgesamt freuen wir uns aber, die Leute ein wenig zu sensibilisieren, was eine Farbsehschwäche ist und was es für die Betroffenen bedeutet. Viele Leute haben zwar schon davon gehört, können sich aber nur wenig darunter vorstellen. So hoffen wir darauf, dass «Farbenblind» für einige Leute ein Augenöffner wird.

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