Zerstört

Liebeskummer kann sich wie ein Drogenentzug anfühlen – mit allen damit verbundenen Entzugserscheinungen. Depression, Aggressivität, Appetitlosigkeit, Schlafentzug und Suizidalität können die Folge unerwiderter Liebe sein.

Oh, der Anfang einer Liebe ist wunderschön. Alles ist irgendwie einfacher, die Motivation und die daraus resultierenden Vorhaben objektiv kaum zu bewältigen und wie durch Zauberhand dann abgehakt. Oder die liebende Person befindet sich in einem wattebauschartigen Zustand und denkt nur an die Person, die ihr Herz gestohlen hat. Was für ein klischeehaft-klebrigkitschiger Ausdruck. Was ich eigentlich sagen möchte: Liebe ist super. Ohne jeden Zweifel. Ein paar «Lieben» enden aber grausam, mit vielen Tränen und unbeschreiblichen Schmerzen im Brustkorb. Vor ein paar Jahren sass ich mit einem Freund nach der Schule an der Limmat und er schüttete mir sein Herz aus. Er war gerade verlassen worden. Aufgrund mangelnder Erfahrung googelte ich erstmal pragmatisch. Was kann ich jetzt als Freundin tun?

Google spuckte tausend Ratschläge aus und Forscher hatten den Liebeskummer sogar in vier Phasen eingeteilt, die auf diversen Websites zitiert wurden: Er beginnt mit ersten Vorahnungen, die auch die «unbewusste Phase» genannt wird. Dort stellt sich langsam das Ende der Beziehung ein. Meistens wird das aber verdrängt und als ein Beziehungstief abgetan. Dann kommt die Erstarrung – dass sich jetzt getrennt wird, ist nicht mehr zu ignorieren. Viele kommen dann in eine Verhandlungsphase, sobald die lähmende Erstarrung vorbei ist. Bevor die letzte Phase der Akzeptanz oder Verzweiflung eintritt, sind viele ziemlich wütend. Eine andere Studie hat ausgewertet, dass Frauen in einer Punkteskala ihr Leid höher einstuften als Männer. Das könnte daran liegen, dass Männer den Schmerz oft verdrängen – und dadurch vielleicht länger leiden.

Ja, das half meinem Freund wenig. Ausser vielleicht, dass die Arbeit der Forscher darauf hinwies, dass er nicht der einzige war, der das in dem Moment durchmachen musste. Ratschläge helfen erfahrungsgemäss sowieso meistens nicht – aber Achtung, noch ein Klischeespruch – Zeit tut es. Glaubt man kaum. Den Spruch unterschreiben mittlerweile fast alle meiner Freunde. Ihre und meine Erfahrungen habe ich Emma, der Protagonistin meines Hörspiels, zugeschrieben. Ehrlich und ungefiltert – denn wenn etwas zerstörend wirkt, ist es ein gebrochenes Herz.

(lhu)

Kritik
von Lavinia Theiler

Idee

«Chunt scho wieder» – ein Satz, den ich selbst und Freunde während eines Liebeskummers oft hörten. Er stimmt, schwächt aber die Aussichtslosigkeit des Gegenübers fast schon markaber ab. Liebeskummer wird oft als «Wehwehchen» abgetan und die Betroffenen fühlen sich in dem Moment allein mit ihrem Gefühl und vollkommen missverstanden. Deshalb wollte ich ein Hörspiel machen – um von Liebeskummer Verschonten dessen Schrecklichkeit aufzuzeigen und Betroffene in ihrem Gefühl abzuholen. Ich entschied mich für ein Hörspiel, da ich persönlich sehr auditiv bin und meine eigenen Texte mal aufnehmen wollte. Ausserdem überlasse ich so viel der eigenen Vorstellungskraft.

Umsetzung

Ich habe versucht, in den drei Teilen zwischen beschreibend und konkret hin- und her zu wechseln, um für den*die Hörer*in möglichst viel Identifikationsmöglichkeiten zu schaffen und trotzdem die Schwere aufzuzeigen. Was Emma durchmacht ist eine Mischung aus eigener Erfahrung und der von Freunden. So konnte ich garantieren, dass möglichst viele Aspekte des Kummers dargestellt werden. Von Schmerzen in der Brust, zu Schlaflosigkeit, Gefühllosigkeit, Drogenmissbrauch und Suizidalität sollte alles abgedeckt sein. Denn diese Abgründe werden oft tabuisiert. Das Ende des Hörspiels bleibt schwer – ich wollte kein Happy End darstellen. Nicht, weil es keines gibt, mehr weil ich die Dramatik davor nicht abschwächen wollte. Ich habe mehr oder weniger bewusst die Hintergrundgeräusche eingebaut. Die Musik habe ich bewusst gewählt: Zu erst sehr traurig und schwer, dann etwas leichter und am Ende fast schon heroisch. Ich wollte Emmas Gefühl des Überlebens musikalisch darstellen. Ausserdem konnte ich mittels der Musik das Hörspiel in drei Teile aufteilen: Emma kurz nach der Trennung, Emma wieder im Alltag und Emma auf dem aufsteigenden Ast.

Die Umsetzung fiel mir leicht – ich lese sehr gerne vor. Das Radiostudio war in der Zeit, wo ich aufnehmen konnte, leider belegt. Aber zum Glück gibts die Aufnahmeboxen! Als ich dann aber das Surren des Lichts in den Aufnahmen wahrnahm, waren meine Audition-Kenntnisse gefordert. Diese habe ich in diesem und meinem anderen Projekt dieses Semester ausbauen können. Das Surren entfernte ich mittels Noise Reduction. Da in den Audioboxen kein Popschutz beim Mikrofon vorhanden ist, musste ich den FFQ-Filter anwenden. Die lizenzfreien Lieder fand ich über die Youtube Studios Bibliothek. Leider waren diese oft zu kurz. Aber das ist für Audition durch die Remix-Funktion kein Problem, wie ich herausfand.

Verwendete Technik

Audiobox des Medienhaus
Zoom H1 für die Hintergrundgeräusche
Adobe Audition
Adobe InDesign (Titelbild)

Musik

Anguish
Decline
At Odds
(Youtube Studios)

Fazit

Es hat mir sehr viel Spass gemacht, das Hörspiel zu schreiben, einzusprechen und zu bearbeiten. Ich finde, es ist mir gelungen. Woran ich oft scheitere, ist ein vollkommenes Ende – ich mag offene Enden. Für offene Ende braucht man aber ordentlich Mut, wie ich finde. Und der hat mir im Nachhinein in meinen Augen leider gefehlt. Ein Popschutz sowie ein besser isolierter Raum wären natürlich sehr toll gewesen, aber ich konnte mit dem, was ich bekam, arbeiten. Fürs Titelbild auf Digezz entschied ich mich für etwas Dunkles, Minimalistisches. Ich fand, das passt gut zum Hörspiel.

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