Zürich Pride 2015

Mit Regenbogen gegen Regenwetter – Pride Zürich 2015

Für den einen ist es wie ein Familienzusammenkunft, für den anderen ist es eine vollkommen neue Erfahrung, welche einen grossen Eindruck hinterlässt – die Pride in Zürich.

Das “Zurich Pride Festival” findet jedes Jahr statt und bietet ein mehrtägiges Rahmenprogramm mit Fachtagungen, kulturellen Anlässen und Open-Air-Konzerten. Der Höhepunkt ist der Demonstrationsumzug. Noch nie waren die Teilnehmer vielzähliger: 16000 Menschen liefen gemeinsam durch die Strassen von Zürich, um für die Rechte von Schwulen, Lesben, Bisexuellen und Menschen mit Transidentität (kurz: LGBT) einzustehen.

Der Ursprung dieses Festivals liegt in Amerika beim ersten bekannt gewordenen Aufstand von Homosexuellen und anderen sexuellen Minderheiten im Jahr 1969. Dieser ist heute als Stonewall-Protest bekannt. Dazumal war es nicht unüblich, dass in Lokalen, die vor allem von Homosexuellen besucht wurden, Polizei-Razzien stattfanden in denen die Homosexuellen verhaftet, registriert und anschliessend in der Presse vorgeführt wurden. “Anstössiges Verhalten” oder “Erregung öffentlichen Ärgernisses” wurde als Grund genannt. Der erste grosse Widerstand gegen diese massive Diskriminierung wird als Wendepunkt im Kampf für die Rechte von LGBT angesehen und deshalb auch jährlich als “Christopher Street Day” gefeiert – auch bekannt als “Pride”.

Heute sieht es glücklicherweise ganz anders aus. Man wird als Homosexueller meistens akzeptiert oder zumindest toleriert. Aber wofür gehen die Leute dann noch auf die Strassen?

Man ist als “Anderssexueller” beinahe gleichgestellt. Doch nur beinahe. Als Homosexueller hat man immer noch nicht die Möglichkeit, seinen Partner zu heiraten. Die Eingetragene Partnerschaft, die im Jahr 2007 eingeführt wurde, war schon ein sehr weiter Schritt in Richtung der Gleichstellung, aber sie garantiert immer noch nicht die gleichen Rechte, überträgt aber ausnahmslos alle Pflichten einer Ehe. Der grösste Unterschied ist das Adoptionsrecht. Es wurde schon mehrmals wissenschaftlich erwiesen, dass Kinder, die bei gleichgeschlechtlichen Eltern aufwuchsen, deswegen keine Schäden davontragen. Trotzdem ist momentan weder die Volladoption, noch die Stiefkindadoption als eingetragenes Paar erlaubt, obwohl es bereits heute Kinder gibt, die in diesen Verhältnissen aufwachsen und somit rechtlich nicht vollkommen geschützt sind beim Todesfall eines Elternteils.

Der Demonstrationsumzug soll auf diesen Missstand aufmerksam machen und zeigen, wie viele Leute für eine komplette Gleichstellung einstehen. Doch es ist kein herkömmlicher Demonstrationsumzug mit lauten Pfiffen, wütenden Chören und aufgebrachten Leuten. Viel mehr ist es eine Zusammenkunft von Menschen aus allen Lebensbereichen, die alle zusammenkommen um für Liebe und Akzeptanz einzustehen. Und das merkt man auch.


Für Isabelle war es das erste Mal, dass sie an der Pride war, Ricardo war nun bereits zum dritten Mal dabei. Wir war die Pride für uns?

Isabelle: “Ich war zum ersten Mal an der Pride.

Regenbogen, strahlende Gesichter und ein bisschen Trotz. Jene Art von Trotz, die einem als Teenie einen extra grosses Stück vom Geburtstagskuchen schneiden lässt: Die Art von Trotz, die aussagt: Ich geniesse mein Leben so wie es mir gefällt.
Diese Dinge habe ich vom Festival-Umzug mitgenommen.

Immer dann, wann die Menschen sich selbst sein können, aus sich heraus kommen und frei ihre Lebensfreude ausdrücken können, geht mir das Herz auf. Und so war es auch an der Pride. Es gibt nichts schöneres, als einen Menschen im Einklang mit sich selbst zu sehen. Viel zu selten sehe ich das im zurecht grau genannten Alltag. Meiner Meinung nach sollten wir uns ein Beispiel nehmen, an der Pride, an den Menschen der Pride. Denn wir alle können stolz sein: Darauf, wer wir sind und wie wir sind. Scheuen wir uns nicht, diesen Stolz auszudrücken.”

Ricardo: “Ich war bereits das dritte Mal an der Pride.

Es gibt kaum einen Ort, an dem ich mich freier fühle, als an der Pride. So viele Menschen, die etwas ähnliches durchgemacht haben und wissen was es bedeutet, anders zu sein. Es ist wie eine grosse Familienzusammenkunft.

In den letzten Jahren ist die Akzeptanz in der Gesellschaft sehr gestiegen. Es sind weltweit bereits 20 Länder, die die gleichgeschlechtliche Ehe legalisiert haben – sogar die USA seit neustem! Und für jedes neue Land, das dazukommt, freue ich mich umso mehr. Auch in der Schweiz werden die Leute immer offener. Und wenn ich all die lebensfrohen Menschen sehe, die auf die Strassen gehen und die komplette Gleichstellung einfordern, bin ich zuversichtlich, dass es weiterhin in die richtige Richtung gehen wird und irgendwann auch mir das Recht zusteht, die Person heiraten zu dürfen, die ich liebe.”

Unser Pride-Film

Ricardo ist Berater bei du-bist-du. Eine Beratung- und Informationsplattform für junge Menschen, die Fragen zu den Themen sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität haben. Du-bist-du war ebenfalls an der Pride dabei. Wir haben für die Organisation einen Film gedreht in dem man in zwei Minuten einen Einblick erhaltet in den Demonstrationsumzug. Von der glamourösen Drag-Queen, zur Regenbogenfamilie bis hin zu der du-bist-du-Crew konnten wir viele tolle Aufnahmen und Eindrücke einfangen!

Nächstes Jahr im Juni wird die Pride wieder stattfinden. Falls auch ihr für die komplette Gleichstellung und Akzeptanz aller Menschen einstehen wollt und einen Nachmittag erleben möchtet voller Liebe und Akzeptanz, solltet ihr nächstes Mal unbedingt auch kommen!

Kritik
von Ricardo Alves und Isabelle Schwab

Idee

Die Idee zum Video entstand im Gespräch mit Ricardo. Ursprünglich war eine begleitende Fotoreportage im Stile von „Humans of New York“ geplant.

Vorgehen

Da wir den Drehtermin schon im Voraus kannten, konnten wir das Material rechtzeitig in der Technikausleihe reservieren. In mehreren Besprechungen haben wir zudem unser Vorgehen abgesprochen: Zuerst würden wir ins Hauptquartier von Du-bist-Du, dann auf den Helvetiaplatz um die Anmoderation zu drehen, dann den Umzug begleiten und schliesslich bei der Kaserne die Abmoderation drehen und mit dem Fotografieren beginnen.

Umsetzung

An der Pride selbst hat die Zusammenarbeit gut funktioniert. Tonaufnahmen und Weissabgleich haben einwandfrei geklappt. Während dem Umzug haben wir weitgehend selbständig funktioniert. Dabei war es ein Vorteil, dass Ricardo das Gelände bereits kannte und so vorausgehen konnte um von Brücken oder anderen Erhöhungen her schone Totalen zu filmen.

Ich (Isabelle) habe mich eher auf Nahaufnahmen konzentriert. Eine Herausforderung war, die Aufnahmen nicht zu verwackeln und Schwenker weder zu langsam noch zu schnell aufzunehmen. Das ist uns dank den Einbeinstativen, die wir ausgeliehen hatten, gut gelungen.

Nachdem wir drei Stunden unterwegs waren und fleissig gefilmt hatten, stellte sich am Kasernenareal die Müdigkeit ein. Dazu kam ein heftiger Platzregen, der unser Material gefährdete. Nach einigem Nachdenken entschieden wir uns daher, die Fotoserie nicht umzusetzen. Regen und Müdigkeit hätten die Qualität der Aufnahmen zu sehr negativ beeinflusst.

Post

Am darauffolgenden Tag habe wir dann auch schon mit dem Visieren des Materials und dem Schnitt begonnen. Auch hier habe wir uns die Arbeit aufgeteilt: Ricardo war für die Moderationen und de Animationen (von Logo und Bauchbinde) zuständig, ich habe die schönsten Aufnahmen ausgesucht und auf die Musik geschnitten. Die Colorcorrection hingegen hat wieder Ricardo übernommen.

Gelerntes

Wir haben gelernt, was es bedeutet etwas zu filmen, das ständig in Bewegung ist wie ein Demonstrationsumzug. Immer sofort bereitzustehen und zu erkennen, was eine gute Aufnahme hergeben könnte, war herausfordernd. Ausserdem haben wir gelernt was zu einer An- und Abmoderation gehört und wie man die am besten vorbereitet und filmt. Beim Schneiden und Animieren des Filmes lernten wir neue Animations-Arten kennen und ausserdem konnten wir das Schneiden von Filmen weiter üben.

Fazit

Wir sind beide zufrieden mit dem Resultat. Dennoch war auch bei diesem Projekt der Lerneffekt gross: Das nächste Mal dürfen wir uns nicht überschätzen, was die Produktion eines Videos und einer Fotoreportage angeht. Und es wäre praktisch, wenn wir am Anfang einer Moderation-Aufnahme etwas sagen würden wie „Take 1“, „Take 2“, etc. damit es später einfacher wird, Ton und Bild zu synchronisieren.

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