Zürich – Chur / Chur – Zürich

Ich befinde mich im letzten Jahr von meinem Studium. Zeit für einen Rückblick. Mein Leben hat sich verändert, ich hab mich verändert. Als Zürcherin viel mir den Umzug in die Alpenstadt Chur anfangs sehr schwer. Mir fehlte das Stadtleben, die langen Ladenöffnungszeiten, der See, das Nachtleben und vieles mehr. Auf den Zugsreisen zurück nach Zürich hatte ich jeweils viel Zeit um über mich und mein Leben nach zu denken. In der inzwischen zweieinhalb Jahren stetiges hin und her fahren, ist mir aufgefallen, wie sich mein Freundeskreis verändert hat oder wie ich mich plötzlich auf mein Zuhause in Chur freue. Viel Spass beim Lesen!

„Das kann man nur in Chur studieren?“ „Also ich würde pendeln, auch wenn ich drei Stunden bräuchte, aber mal ganz im Ernst: Was willst du in Chur? Da wirst du höchstens von Wölfen gefressen!“ So äusserten sich die meisten meiner Freunde als ich ihnen erzählte, dass ich im September 2012 mein Multimedia Production Studium in Chur begänne. Nicht gerade aufbauend, vor allem weil ich selbst auch nicht nach Chur ziehen wollte.

Von Zürich nach Chur: Was für eine Abstufung! Von der Weltmetropole – wir Zürcher sind für unsere Bescheidenheit bekannt – ab in die Verdammnis. So fühlte es sich dazumal an. „Ich werde jede freie Minute in Zürich verbringen!“ versprach ich meinen Freunden, aber vor allem mir selbst.

Seit ich in Chur lebe führe ich ein Zigeunerleben. Jedes Wochenende verbringe ich in Zürich auf einer anderen Couch, einfach um nicht in Chur zu versauern. Ich lehne es ab, Chur als Stadt zu akzeptieren. Da helfen auch die Schafe die vor meinem Fenster weiden, nicht. Wie kann eine Kantonshauptstadt ihre Läden bereits um 19:00 schliessen. „Abr dä Manor het bis am 8i offa! Khasch dir das vorstelle Trudi? Als wür denn no eswär go posta!“ So gerne hätte ich mich in dieses Gespräch eingemischt!

Obwohl ich mich für das Studium eingeschrieben hatte und mich eigentlich darauf freute, war ein anderer Teil von mir höchst unglücklich. Ich liebte mein Leben in Zürich Altstetten. In meiner Party-WG gab es weder Stress noch Sorgen. Jetzt musste ich aber meine schöne Wohnung und gute Freunde verlassen. „Mach dir nichts draus. Wir werden dich regelmässig besuchen.“

Im ersten Jahr in Chur fühlte sich jede Reise nach Zürich wie eine Flucht an: Zurück in die Zivilisation! Wenn ich jeweils am Sonntagabend wieder nach Chur in die Berge fuhr, überkam mich stets ein Unbehagen. Ich fühlte mich eingeschränkt durch die gewaltigen Berge. Egal wo man sich hinstellt in Chur, es steht immer ein Berg vor der Nase. Ich vermisste die Weitsicht. Ich sah nur die hässlichen Felswände.

Als das zweite Jahr begann, wurde es nicht besser sondern schlimmer! Von einigen Freunden hatte ich mich bereits getrennt. Das Studium wollte nicht enden und ich fühlte mich gefangen in einer Sackgasse und anstelle mich auf das Neue einzulassen, verschloss ich mich noch mehr. Ich war stolz und gleichzeitig traurig über meinen Lebenswandel. Ich war nicht mehr auf jeder Party anzutreffen, dafür produzierte ich in meiner Freizeit Videos, Audiobeiträge, zeichnete oder fing an zu schreiben. Viele meiner alten Freunde konnten nicht mehr viel mit mir anfangen. Ich fühlte mich ebenfalls entfremdet und so merkte ich, wie ich immer mehr von Zürich wegdriftete. Aber wohin, etwa nach Chur? Nicht wirklich, Chur war mir immer noch fremd.

Mein Zigeunerleben hat sich seither nicht verändert und das ewige ein- und auspacken finde ich furchtbar. Die Zugfahrten nach Chur fühlen sich nicht mehr so schlimm an, dafür sind die Fahrten Richtung Zürich auch nicht mehr so toll. Auf den Fahrten fiel mir plötzlich die Schönheit der Natur auf: Der Walensee, der Lichteinfall auf die Landschaften, die kleinen Dörfchen, das Landleben. Die Strecke erinnert mich immer an Suisse Miniatur.

Es ist mein zweiter Herbst in Chur und ich beginne die wahre Schönheit von Chur zu entdecken. Für alle, die in Zürich oder in einem anderem Nebelloch aufgewachsen sind, ist Chur ein Paradies. Die Sonne scheint immer und gerade im Herbst mit den farbigen Blättern erstrahlt Chur in einem wunderschönen rot-orange-gelben Kleid. Und die Berge ragen gewaltig empor. Im Herbst werden sie mystisch von einem Nebelschleier durchzogen, im Winter glitzern ihre weissen Kleider in der Sonne, im Frühling tragen sie weisse Kappen und die kahlen Felswände erblühen im saftigen Grün.

An die Zugfahrten hab ich mich langsam gewöhnt. Ich lese selten im Zug. Ich höre Musik und gehe meinen Tagträumen nach. Obwohl ich die Strecke gefühlte tausend Mal gefahren habe, schiesse ich wie ein Tourist Fotos auf jeder Fahrt. Mein Fernweh befällt mich dann jedes Mal! Ich möchte gerne Reisen in ferne Länder und noch weiter unternehmen. Aber spätestens in Landquart holt mich die Realität ein.

Chur ist in meinen Augen immer noch ein Dorf. In meinen Augen verwandelte es sich jedoch vom trostlosen Dörfchen zum wunderschönen Dorf. Im letzten Jahr in Chur ändert sich Einiges. Es ging soweit, dass ich mittlerweile melancholisch werde, wenn ich daran denke, dass ich mein bescheidenes Zimmerchen in Chur auf Ende Februar gekündigt habe.

In den Sommerferien vor dem fünften Semester nahm ich eine Stelle als Aushilfskellnerin im Gasthof Frohsinn in Chur an. Dieser Job verhalf mir zu einem neuen Freundeskreis neben der Schule. Mit der Zeit fühlte ich mich immer wohler und aufgehobener in Chur. Ich reise höchstens einmal im Monat nach Zürich zurück. Ich freue mich aber immer wieder nach Hause ins Städtchen Chur zukommen.

Meine Arbeitsstelle hat mir ebenfalls sehr geholfen, meinen Frieden mit Chur zu schliessen. Ich lernte so viele interessante Menschen kennen, ob Gäste oder Mitarbeiter. Dadurch dass das Restaurant Frohsinn zu der Kette der Extrabar gehört, kenne ich plötzlich halb Chur, wenn ich ausgehe. Mit dem voll tätowierten Küchenchef ziehe ich regelmässig nach Ladenschluss um die Häuser und lerne dort die andere Hälfte von Chur kennen.

Endlich fühle ich mich wohl in Chur. Das Restaurant gab mir die Möglichkeit, mich mit der Stadt zu verbinden und soziale Kontakte zu knüpfen. Und jetzt einhalbes Jahr nachdem ich mich richtig eingelebt habe, muss ich mich um das Anwerben eines Nachmieters kümmern.

Ich schaue zurück auf zweieinhalb turbulente und schöne Jahre in Chur und ich wünschte mir, ich hätte mich früher geöffnet und auf die Stadt Chur eingelassen.

Kritik
von Catherin Matthaei

Ich befinde mich im letzten Jahr von meinem Studium. Zeit für einen Rückblick. Mein Leben hat sich verändert, ich hab mich verändert. Als Zürcherin viel mir den Umzug in die Alpenstadt Chur anfangs sehr schwer. Mir fehlte das Stadtleben, die langen Ladenöffnungszeiten, der See, das Nachtleben und vieles mehr. Auf den Zugsreisen zurück nach Zürich hatte ich jeweils viel Zeit um über mich und mein Leben nach zu denken. In der inzwischen zweieinhalb Jahren stetiges hin und her fahren, ist mir aufgefallen, wie sich mein Freundeskreis verändert hat oder wie ich mich plötzlich auf mein Zuhause in Chur freue. Viel Spass beim Lesen!

Reflexion:

Selbstkritische Betrachtung des Gesamtbeitrags: Das Thema ist sehr subjektiv und läuft Gefahr, dass der Artikel sich keiner grossen Leserschaft erfreut. Ich denke aber, dass sich einige Studenten in meine Situation hineinversetzen können und einiges gleich oder ähnlich erlebt, haben. Ich selbst lese gerne Blogs, die sich durch ihren persönlichen Schreibstil auszeichnen. Es ist schwierig selbst über so ein persönliches Produkt zu urteilen. Ich bin stolz auf meinen Text aber ich weiss auch, dass ich noch vor drei Jahren Mühe hatte einen Brief zu verfassen ohne Vorlage. Also kann ich den Text gar nicht rational beurteilen. Ich habe den Text einer weiteren Person zur Korrektur gegeben und um eine zweite Meinung zum Text einzuholen. Das Urteil fiel wie folgt aus: Interessantes Thema, romantisch geschrieben aber noch zu unklar und zu wirr. Ich überarbeitete den Text nochmal, versuchte meinen Aussage klarer zu machen und merkte, dass ein kleines Brainstorming geholfen hätte. Auch war das Zeitmanagement sehr knapp.

Konzept + Produktion: Mit diesem Beitrag wollte ich mich ans freie Schreiben wagen. Ich hatte über die zweieinhalb Jahre auf meinen Zugfahrten immer wieder Fotos von der Landschaft geschossen, diese haben mich inspiriert über meine Transformation in Chur zu schreiben. Ich wollte schauen ob es mir gelingt, einen Text ins Internet zu stellen, der lediglich mit Bilder untermalt ist, gelesen wird.

Selbstreflexion: Das Projekt wurde in letzter Minute auf die Beine gestellt. Das zeigt auf, dass ich das Zeitmanagement überhaupt nicht im Griff hatte. Ich möchte in Zukunft weiterhin schreiben und meine Grammatik und Orthographie verbessern.

Lessons Learnt: Ich habe gelernt, dass freies Schreiben sehr schwer ist, mit einem Brainstorming sollte man seine Gedanken zu erst ordnen bevor man los legt. Mehr Zeit hätte dem Artikel auch gut getan gerne hätte ich den Text vertont. Ich kann Menschen mit meinen Worten unterhalten aber ich muss noch achten, dass ich sie mit meinem Wirrwarr im Kopf nicht überrumple.

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