«Be Wild» – Ein Bodypainting-Experiment

Das Bodypainting-Art-Projekt «Be Wild» macht nicht nur sichtbar, sondern erlebbar. Doch dient der Mensch dabei nur als Leinwand, oder erwacht am Ende die Kunst selbst zum Leben?

«Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar.»
Paul Klee

«Be Wild» ist ein Kollektiv-Projekt rund um die Basler Künstlerin Stephanie Künzli, welche neben ihrer Haupttätigkeit als Auftragsmalerin, vermehrt experimentelle Ausflüge in die Kunst des Bodypaintings unternimmt. Erstmals versucht sie dabei die Grenzen der Gemäldemalerei und des Bodypaintings aufzulösen, um so Bild & Körper miteinander zu verschmelzen und in der Folge dessen den Menschen selbst zu einem lebenden Kunstwerk zu machen.

Um dieses Zusammenspiel zwischen Mensch und Kunst zu ermöglichen und die Erfahrung an sich fassbarer zu machen, wurde dabei bewusst nur ein bedingt abstraktes Motiv gewählt. Der Löwenkopf verleiht dem Bild einen eigenen Charakter. Den einer wilden Bestie, welches jedoch durch die Grenzen des Gemäldes gefangen und in seiner Wildheit gezähmt wurde. Erst durch die Symbiose des Löwenkopfes und der Tänzerin kann die Bestie befreit werden und mit Hilfe des Menschenkörpers aus dem Rahmen der Leinwand herausbrechen.

BeWild

Der ganze Prozess des Bodypaintings übernimmt dabei eine Rolle in dieser Verwandlung, welche über den reinen Bemalungszweck hinausgeht. Beinahe wie ein eigenes Kunstwerk präsentieren sich die anmutenden Bewegungen der Pinselstriche, einem Ritual gleich welches dem Menschen in seiner Nacktheit eine neue «zweite Haut» und damit eine neue Identität verleiht.

Das Making-Of Video dieses Kunstprojekts ist der Versuch die Ästhetik dieser Metamorphose einzufangen und – entsprechend den Worten Paul Klee’s – sichtbar zu machen:

Kritik
von Florian Schindler

Konzept

Nachdem Stephanie Künzli zusammen mit ihrer Schwester Melanie und der MakeUp-Artistin Alexandra Bertschi bereits einige erfolgreiche Bodypainting-Projekte realisiert hatte, war die junge Basler Künstlerin auf der Suche nach einem neuen Weg ihre Kunst zu verbreiten. Das Problem beim Bodypainting ist nämlich, dass diese Art von Kunst aus verständlichen Gründen sehr vergänglich ist. Welches bemalte Model lässt sich schon gerne in einer Gallerie an die Wand hängen oder nackt in eine Vitrine sperren?

Bisher wurden deshalb jeweils Fotostrecken der Models erstellt und auf www.stephaniesart.ch veröffentlicht:

bodypainting-shooting-set-on-blue-fire-mai-2014

bodypainting-rainbow

bodypainting-kleopatra

bodypainting-frühling

Nachdem diese Bilder bereits auf positiven Anklang gestossen sind, wollten Stephanie und ihr Team den nächsten logischen Schritt wagen und ein professionelles Bodypainting-Video erstellen. Inspiriert wurden sie dabei von einer Szene des Films Step-Up, welches die Vermischung der Bodypainting-Kunst und der Gemäldemalerei bereits erfolgreich angewendet hat:

StepUpStep Up 4 - Gallery Dance Scene (Für Video Klicken)

Workflow

Der ganze Workflow teilt sich in folgende 3 Hauptphasen:

- PreProduction
- Production
- PostProduction

PreProduction (Kick-Off / Planung / Vorbereitung):

Zu Beginn stellte Stephanie mir ihr Konzept anhand des Step-Up-Videos vor und zusammen besprachen wir die Art des Films. Dabei wurde mir schnell klar, wie aufwändig so ein Bodypainting überhaupt ist, weshalb ich vorschlug 2 Videos zu machen. Eines welches das mehrstündige Painting festhielt und eines welches sich auf das Endresultat konzentrierte. Mit diesem Ansatz war es für mich leichter den ganzen Drehtag einzuplanen, da ich wusste, dass ich für das Drehen des Making-Of's sicherlich ausreichend Zeit hatte. Umgekehrt entschieden wir uns dafür, die Performance selbst so kurz wie möglich zu halten, damit wir die Strapazen für das Model nach 4-5 Stunden Bodypainting nicht mehr unnötig verlängern.

Nach dem Kick-Off begann Stephanie mit dem Skizzieren des Gemäldes:

löwenkopf

löwenkopf2

löwenkopf4

Production (Video-Shoot):

Am Drehtag selbst machte ich mich erstmals mit den Gegebenheiten des Studios bekannt. Ich wusste von Stephanie, dass der Raum relativ klein ist und gerade mit 5 Personen darin wenig Platz zum Manövrieren liess. Da ich jedoch sowieso kaum totale Einstellungen drehen wollte, war dies kein Problem. Mir war es wichtig vor allem die Details einzufangen ohne dabei die Artistinnen in ihrer Arbeit zu stören. Deshalb entschied ich mich auf der Main-Cam für ein 270mm Teleobjektiv.  Die 2nd-Cam diente als Steadycam und die weitwinklige GoPro nutzte ich zur Aufnahme eines «Behind-The-Scenes»-Timelapse-Videos:

Be Wild - BTS-Timelapse (Klicken für Video)Be Wild - BTS-Timelapse (Für Video Klicken)

Als nach fünfeinhalb Stunden ununterbrochenem Bodypaintings schlussendlich die geplante Performance anstand, wollten wir dem Model das Tanzen nicht mehr länger als nötig zumuten. Deshalb verzichteten wir auf das einstudieren einer Choreographie und liessen sie einfach zu der Musik des Step-Up-Videos ihre eigenen Tanzbewegungen ausführen. Deshalb stellte ich dafür die Main-Cam einfach auf das Stativ und liess sie während der ganzen Zeit laufen. Die totale Einstellung wählte ich um das gesamten Gemälde einfangen zu können. Mit der 2nd-Cam versuchte ich ausserdem einige CloseUps zu machen, damit ich schlussendlich genügend Material zum schneiden hatte. Da nach der Performance noch der Fotoshoot mit der Fotografin geplant war, musste ich mich hier beeilen meine Shots zu bekommen. Alles in allem verlief aber auch dieser Drehteil wie gewünscht und für eine Amateurtänzerin konnten wir mit der improvisierten Tanzperformance wirklich mehr als zufrieden sein.

PostProduction (Schnitt / Special Effects & Color Grading / Soundtrack):

In der PostProduction kam mir zu Gute, dass mir die Künstlerinnen soviel Zeit dafür eingestanden, wie ich wollte. So konnte ich mir wirklich auch genug Zeit nehmen, um das Beste aus dem Material herauszuholen. Das war vor allem für einen ungeübten AfterEffects-Nutzer wie mich von Vorteil. So konnte ich frei ausprobieren bis ich den gewünschten Effekt auch in PremierePro erzielt hatte. Vor allem die Licht- und Schatteneffekte für die Performance waren dabei eine echte Herausforderung, welche ich schlussendlich aber für meinen Geschmack recht elegant lösen konnte.

VFX-Breakdown:

01 - Raw01 - Raw

02 - Studio-BlackOut oben02 - Studio-BlackOut oben

03 - Studio-BlackOut seitlich03 - Studio-BlackOut seitlich

04 - Maske für Lichteffekte hinter dem Gemälde04 - Maske für Lichteffekte hinter dem Gemälde

05 - Lichteffekte hinter dem Gemälde05 - Lichteffekte hinter dem Gemälde

06 - Kontrast & Sättigung06 - Kontrast & Sättigung

07 - Künstliches Scheinwerferlicht07 - Künstliches Scheinwerferlicht

Soundtrack:

Der Soundtrack des Performance-Videos ergab sich aus der Step-Up Vorlage, da dieser Soundtrack auch als Musik für die improvisierte Tanzeinlage diente.

Für das Making-Of wollte ich erst einen ähnlichen Dubstep-Soundtrack nähmen, schlussendlich passte aber das ruhigere und klassischere Pianostück viel besser zu den weichen anmutenden Bewegungen des Bodypaintings.

Zusammenarbeit

Das«Be Wild» Projekt war wohl ein Musterbeispiel dafür, was in einem Künstler-Kollektiv alles möglich ist. Zusammen konnten wir ein für uns alle spannendes Projekt umsetzen, welches nun jeder in sein unterschiedlichen persönlichen Portfolios (Malerei, Fotografie, MakeUp, Video) übernehmen kann.

Ich freue mich jetzt schon auf zukünftige Kooperationen in diesem Kollektiv.

Equipment

Kameras:

  • Main: Nikon D7000
  • 2nd (on Steadycam): Nikon D5300
  • Timelapse: GoPro HD HERO 3 (Silver Edition)

Objektive:

  • on Main: Tamron 18-270mm F/3.5-6.3 Di II VC PZD
  • on 2nd: AF-S NIKKOR 18-105mm f3.5-5.6 ø67

Stative:

  • Main: CULLMANN PRIMAX 190 Stativ mit 3-Wege-Kopf
  • 2nd: Glidecam - HD 2000

Sonstiges:

  • 2 Led Studio-Lichter (4000Lumen)
  • ca. 10 Pinsel, MakeUp und unzählige Tuben Bodypainting-Farbe

Selbstreflexion

Als mir meine Freundin im letzten Sommer von der künstlerischen Arbeit ihrer Arbeitskollegin Stephanie erzählte, dachte ich gleich, dass man daraus doch sicher auch ein tolles Videoprojekt machen könnte. Auch meine Freundin reizte die Vorstellung einmal für ein Bodypainting Modell zu stehen. Als sie Stephanie dann darauf ansprach kam eins zum anderen und wir waren alle wahnsinnig gespannt darauf, was bei dieser Kollektivarbeit herauskommen würde.

Der Drehtag war für uns alle zwar eine grosse Herausforderung, denn auch die Artistinnen hatten zuvor noch nie so einen aufwändigen Bodypaint gemacht. Schlussendlich waren wir aber selbst mehr als überrascht, wie gut das Resultat wurde. Selbst von blossem Auge musste man zwei mal hinsehen damit meine Freundin nicht einfach vor dem Bild verschwand.

Mit dem Druck im Gepäck aus dieser tollen Vorlage auch etwas anständiges zu machen, wagte ich mich bald darauf an die PostProduction. Ich hatte mir viel vorgenommen mit den 2 Filmen + zusätzlich noch dem Timelapse-Video aus über 5000 Bildern. Beim Schnitt brauchte ich vor allem bei der Performance mehrere Anläufe bis der Tanz einerseits auf die Musik passte, die Effekte nicht zu übertrieben wirkten und das ganze Video nicht zu lange wurde. Dabei konnte ich aber immer auf die Mithilfe diverser Leute zählen, welche mir dafür wirklich brauchbares Feedback gaben und mir halfen das Maximum aus dem Projekt herauszuholen.

Die Reaktionen derjenigen Leute welche die finalen Videos nun bereits gesehen haben sind mir der erhoffte Lohn für die vielen Stunden, welche ich in dieses Projekt investiert habe und gleichzeitig auch die Bestätigung dafür, dass ich mich definitiv für das richtige Studium und das richtige Major (TV) entschieden habe.

Besonderen Dank gilt dabei:

Allen Studienkollegen, welche mir das ein oder andere mal Feedback gegeben haben.

Den drei Künstlerinnen - Stephanie, Melanie & Alexandra

Meinen WK-Kollegen und gleichzeitig Premierengästen

Digezz Redaktionsleiter - Thomas Weibel

& last but not least meiner Freundin.

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