Schweize im Ausland

Beatocello – Kambodschas Held

„Warum zum Ländli uus?
E weg vom Schwyzerhuus
Wo du deheime bisch
Und wo’s am beschte isch …“

Beat „Beatocello“ Richner lebt seit 19 Jahren in Kambodscha. Mit seiner Tätigkeit als Kinderarzt konnte er bis heute rund eine Million Kinder retten und fünf Spitäler in Phnom Penh und Siem Reap errichten. Doch sein Leben ist hart, denn jeden Tag kämpft er um das Überleben der Kantha Bopha Kinderspitäler und gegen sein Heimweh nach der Schweiz.

Konzert in Siem Reap

Beatocello an einem Konzert in Siem Reap, selbst aufgenommen, 2011

Kambodscha – ein Land voller Dankbarkeit, die jeden Schweizer zu Tränen rührt. Denn in keinem anderen Land wird man als Schweizer mit so viel Liebe empfangen wie in diesem Staat Südostasiens. 86 Prozent der kambodschanischen Familien konnten bis heute ihr Kind in den von Beat Richner errichteten Kantha Bopha Spitälern gratis behandeln lassen. Ohne diese Einrichtung  hätten die meisten Kinder nicht überlebt. Tuberkulose, Meningitis und Dengue Fieber werden täglich von Richner und seinen 2400 kambodschanischen Mitarbeitern diagnostiziert und nachhaltig geheilt.

Khmer Rouge Zeit

1974 kam Beat Richner als Assistenzarzt von Zürich nach Kambodscha. Seine Arbeit im damaligen einzigen Kantha Bopha Spital endete ein Jahr später, als die Khmer Rouge ins Land einmarschierten. Das kommunistische Regime wollte mit diesem Genozid einen Neustart für Kambodscha erzwingen. Dabei wurden vor allem das Gesundheitssystem und die Bildung zerstört. Vor dieser fürchterlichen Zeit hatte Kambodscha eines der besten Gesundheitssysteme.

1991 kehrte Beat Richner als Tourist in das Land zurück – und fand nur Elend und Zerstörung. Sogar 52 Mitarbeiter von seinen damals 100 Arbeitskollegen hatten die Khmer Rouge nicht überlebt. König Sihanouk bat Richner um Hilfe für den Wiederaufbau, worauf er ja sagte und blieb – bis heute.

Kantha Bopha – Richners Lebenswerk

Ein Kinderspital mit kostenloser Behandlung sei eine Schnapsidee, sagten alle. Viele hätten den Glauben an sich verloren, doch Aufgeben kam für ihn nicht in Frage. Seither plagt ihn das Heimweh nach der Schweiz. Obwohl er keine familiären Verbindungen hat, vermisst er seine Heimat täglich. Weil er sich aber seinem Lebenswerk so verpflichtet fühlt, wird er wohl bis zu seinem Tode in Kambodscha bleiben.

Nächstes Jahr wird das Kinderspital Kantha Bopha 20 Jahre alt, doch nachhaltig gesichert wird es bis dahin nicht sein. Ohne Spendengelder hätte Richner schon lange aufgeben müssen. 36 Millionen braucht er mindestens pro Jahr, davon erhält er den grössten Teil aus der Schweiz. Der Schweizer Bund spendet dabei gerade mal vier Millionen, im Vergleich zu den zwei Millionen aus dem armen Staat Kambodscha. Nebst der jedes Jahr durchgeführten Aktion „Zwänger-Nötli“, veranstaltet auch der Zirkus Knie eine Wohltätigkeits-Gala. Doch auch dies reicht bei Weitem nicht aus, darum muss Richner regelrecht um Geld betteln. Mit seiner kreativen Rolle als „Beatocello“ führt er jedes Jahr mehrmals Konzerte durch, um Geld zu sammeln. 2 Wochen pro Jahr kehrt er aus diesem Grund in seine geliebte Heimat, die Schweiz, zurück.

„Es ist weltweit dasjenige Cello, das am meisten Geld generiert .“

Die Rolle „Beatocello“ entstand während Richners Karriere als Zürcher Kinderarzt. Früher genoss er seine musikalischen und poetischen Auftritte als Komödiant, heute sind sie eine Belastung. Immer lebt er in der Angst, nicht genug Geld für den nächsten Monat zu haben.

Das Durchschnittseinkommen eines Kambodschaners liegt bei 0,50 USD pro Tag. In Richners Spitälern verdienen die Mitarbeiter einen Mindestlohn von 250 USD pro Monat. Zusätzlich bildet er neue Ärzte in seinem Ausbildungszentrum in Siem Reap aus. Seine neuste Abteilung ist die Maternité, bei der er werdende Mütter während der Schwangerschaft und der Geburt betreut. Mit seinem Durchhaltewillen und seiner leidenschaftlichen Hingabe konnte er die Sterblichkeitsrate der Kinder in Kambodscha von 6% auf 0,5% senken.

Unglaubliches hat der Schweizer des Jahres 2002 erreicht. Er ist nicht nur ein Held in Kambodscha, sondern auch für uns und für die ganze Schweiz.

Weiterführende Informationen und Videos

Webseite von Beat Richner:
http://www.beat-richner.ch/

Kurzvideo über Kantha Bopha (4min):
http://www.youtube.com/watch?v=VRmeA7d2DwU

Video, 15 Jahre Kantha Bopha von Georges Gachot:
http://vimeo.com/7326892

Wahl zum Schweizer des Jahres:
http://www.videoportal.sf.tv/video?id=b9aeb313-cbd0-45fc-ad99-a1e01699212a

Khmer Rouge:
http://de.wikipedia.org/wiki/Rote_Khmer

Blog-Auszug von Melanie
Ich habe schon viel gesehen und noch mehr erlebt, aber in Kambodscha war ich oft den Tränen nahe. Wildfremde Menschen unterhalten sich stundenlang mit dir, nehmen deine Hände und sagen dir mit einem weinenden und einem lachenden Auge, wie dankbar sie sind. Eine Geste, die man in der Schweiz selbst nicht oft erlebt. Obwohl die Menschen in Kambodscha sehr arm sind, sind sie doch reicher, als dass ich es je sein könnte.
Beat Richner hat hier eine gute Sache aufgebaut. Doch mich macht es traurig, wenn ich daran denke, dass die Schweiz fünf Milliarden Schweizer Franken in die Armee investiert. Mit diesem Geld könnte man rund 14 Jahre lang Kinder in Kambodscha retten. So bleibt hier die Frage offen, was denn nun wichtiger ist – die Armee oder wertvolle Menschenleben?