Berlinale Digest: Parada

Wir waren an der Berlinale. Zu viele Filme, zu wenig Tickets. Man nimmt was man bekommt. Trotzdem war es ein lohnenswerter Ausflug. Ein Erlebnisbericht.

Homosexualität war an der Berlinale schon immer ein Thema. Seit 1987 wird am Vorabend der Gala des Goldenen Bären der Teddy Award für Filme mit schwul-lesbischem, beziehungsweise Transgender-Hintergrund verliehen. Diesen erhielt beispielsweise 1998 Richard O’Brien, der transsexuelle Autor der legendären Rocky Horror Show für sein Lebenswerk. 2012 ging ein Teddy an Srdjan Dragojevic für seinen Film “Parada”. Er handelt von einer Gruppe von Homosexuellen, einem Veteran aus dem Jugoslawienkrieg und seiner Verlobten, serbischen Neonazis und einem rosa Kleinwagen. Schon auf den ersten Blick ist klar: hier geht es um eine gesellschaftskritische Komödie. Ich habe sie mir angesehen.

Basierend auf einer wahren Begebenheit erzählt der Film die Geschichte des 30-jährigen Mirko und seines Lebensgefährten Radmilo. Schauplatz ist Belgrad, Hauptstadt des sich vom Krieg erholenden Serbien.

Mirko ist ein Klischee-Schwuler: topmodische Frisur, von Beruf Weddingplanner und mit einer leicht tuntigen Attitüde engagiert er sich in einer kleinen Gruppe für die Rechte von Schwulen und Lesben. Mit erstaunlicher Hartnäckigkeit versucht er im homophoben Belgrad eine Schwulenparade zu organisieren. Leider wird ihm von der Polizei für den Event kein Schutz zugesagt und nicht nur die jungen Neonazis sind eine drohende Gefahr für den Umzug. Da kommt Limun ins Spiel: Er hat im Jugoslawienkrieg gedient, hat den einen oder anderen Dreck am Stecken und betreibt heute eine kleine Securityfirma. Seine temperamentvolle und offene Verlobte Pearl möchte sich ihre bevorstehende Hochzeit von einem Weddingplanner ausrichten lassen und erfährt so von Mirkos Problem.

Mit viel Geschick, Diplomatie und Rumgezicke schafft sie es, ihren Zukünftigen Lemon zu überreden die Parade zu beschützen. Als ihm seine Angestellte aber klar machen, dass sie auf keinen Fall einen Haufen “Pederi” (Schwuchteln auf Serbisch) beschützen, beginnt ein Roadtrip durch Ex-Jugoslawien. Limun macht sich also mit Mirkos Freund Radmilo in dessen pinkem Auto auf die Reise. Der Plan ist, von Limuns Kriegskumpanen einige Gefallen einzufordern um eine Securitytruppe für Mirkos Umzug zu rekrutieren.

Turbulent wird es, als die beiden bei Limuns Kumpeln aufkreuzen, allesamt männlicher als männlich und eigentlich ziemlich zwielichtige Gestalten. Mit dabei ein kroatischer Kriegsveteran, ein bosnischer Moslem und ein Kosovo-Albaner. Klar, dass hier auch die Rivalität unter den Ex-Jugoslavien-Staaten thematisiert wird, denn das einzige was sie vereint, ist ihre Ablehnung gegen Homosexuelle. Nach einigem Hin und Her und einigen eher misslungenen Versuchen von Radmilo, sich als Hetero zu verstellen, ist die “Schwulengarde” also rekrutiert.

Die Geschichte gipfelt in der Durchführung der Parade in Belgrad an der die Handvoll Schwulen und Lesben zusammen mit Limun und seinen Schlägertypen gegen einen Haufen Neonazis ankämpft, dem unter anderem auch Limuns Sohn angehört.

“Parada” hat alles, was ein guter Film braucht: Ein gesellschaftliches Thema, soziale Verstrickungen, Action und eine gesunde Portion Humor. Er spielt auf eine charmante Art mit den Klischees rund um Schwule, Lesben, Machos und Tussis, und das vor der Kulisse Ex-Jugoslawiens und seiner Geschichte. Ich bin überzeugt, dass jeder von Homophobie geplagte Zuschauer, mit einem Lächeln und einer offeneren Einstellung aus dem Kino spazieren wird. Das muss eine Komödie erst mal schaffen! Nicht um sonst hat der Film an der Berlinale 2012 zusätzlich zum Teddy auch den Panorama Publikumspreis gewonnen.

Trailer