Boxkamera – die erste Kamera für den Massenmarkt

Im Estrich findet man allerlei Sachen. Vielfach ist es alter, verstaubter Krimskrams, der schon lange hätte entsorgt werden müssen. Aber ab und zu entdeckt man wahre Schätze. Wie zum Beispiel Gabriela kürzlich, als ihr eine kleine Box mit einigen Löchern in die Hände fiel. Was ist das? Box Tengor. Nie gehört. Auf der Suche nach dem Verwendungszweck machten wir uns auf die Reise durch die Geschichte der Fotografie.

Camera obscura Quelle: activevos.com

Camera obscura
Quelle: activevos.com

Die Geschichte der Fotografie reicht weit zurück. Viel weiter, als wir uns im ersten Moment vielleicht vorstellen können. Begonnen hat eigentlich alles mit der sogenannten «Camera obscura» – einem abgedunkelten Raum mit einem Loch in der Wand. Durch dieses Loch wurde kopfüber ein Abbild der Aussenwelt auf die gegenüberliegende Wand projiziert. Dieses Prinzip erkannte bereits der berühmte Aristoteles, der sage und schreibe im 4. Jahrhundert vor Christus gelebt hatte. Auf die Idee, dieses Dunkelzimmer in ein handliches, mobiles «Gerät» zu verwandeln, kam jedoch erst Leonardo Da Vinci, der die Camera obscura im 17. Jahrhundert zu einem transportablen Kasten weiterentwickelte. In den folgenden Jahren experimentierten zahlreiche Physiker und Chemiker mit der Färbung von chemischen Substanzen durch Sonnenlicht und schliesslich mit dem Fixieren des fotografischen Bildes.

Blick aus dem Arbeitszimmer, 1826 von J. N. Niepce

Blick aus dem Arbeitszimmer, 1826, von J. N. Niepce

Doch erst 1826 gelang es Joseph Nicéphore Niépce, ein fotografisches Abbild festzuhalten. Auf eine Kupferplatte schmierte er Asphalt, Jod und Silber und «fotografierte» mit einer Belichtungszeit von – heute unvorstellbaren – acht Stunden den Blick aus seinem Arbeitszimmer. Dieses Kunstwerk ist bis heute die älteste erhaltene Fotografie. Niépce kam leider nicht dazu, sein Verfahren weiter zu entwickeln. Nur wenige Jahre später verstarb er. Gelehrte Kollegen erfanden zwar weitere Methoden für fotografische Abbildungen und schafften es auch, die Belichtungszeit auf unter eine Minute zu verkürzen – doch sie produzierten immer nur Unikate. William Henry Fox Talbot war es schliesslich, der 1840 das erste Negativ-Verfahren vorstellte, welches er später auch patentieren liess. Er arbeitete schon lange mit lichtempfindlichem Papier, ähnlich wie wir es heute kennen. Sein Papiernegativ liess sich beliebig oft reproduzieren. Obwohl es nun also möglich was, Bilder fotografisch festzuhalten  war das Entwickeln der Bilder sehr unpraktisch. Es wurde üblicherweise eine sogenannte Kollodium-Nassplatte verwendet. Wie der Name schon sagt, war auf dieser Platte eine nasse, chemische Lösung. Das Abbild musste schnellstens weiterverarbeitet werden – man musste im Prinzip immer eine mobile Dunkelkammer zum Entwickeln dabei haben. Für einen Amateur war dies gänzlich ungeeignet! Erst mit der Erfindung des Trockenverfahrens war die Fotografie bereit für die Industrialisierung – denn nun konnte das Aufnahmematerial auch gelagert werden. Und so kam schliesslich die erste, für die breite Masse konstruierte Rollfilmkamera, die Kodak 1 auf den Markt – die einer der Vorläufer unserer geheimnisvollen Box gewesen war.

Was ist denn nun eine Boxkamera?

Bei der Boxkamera ist der Name Programm – diese Kamera ist nämlich eine kleine, handliche Box. Die Aufnahmen werden auf einem sogenannten Rollfilm abgebildet. Der korrekte Name im deutschsprachigen Raum wäre daher eigentlich auch «Rollfilm-Kastenkamera» –  aber der einiges kürzere Name «Boxkamera» aus dem Volksmund von Übersee setzte sich mit der Zeit durch. Vor allem in den 50er-Jahren war diese Art Kamera sehr beliebt, da das Gehäuse einfach und relativ kostengünstig hergestellt werden konnte. Meistens bestand dieses aus Stahl – die ganz günstigen Modelle hatten sogar ein Gehäuse aus Pappe. Kunststoffgehäuse waren selten, denn die grosse Zeit dieses Werkstoffs begann erst nach der Ära der Boxkamera, die von ca. 1900 bis 1970 im regulären Handel verkauft wurde.

Das animierte GIF-Bild zeigt die Boxkamera aus mehreren Perspektiven.

box

Die Bedienung ist etwas gewöhnungsbedürftig und deshalb in einer kleinen Legende aufgeführt:

Zeiss Ikon Box Tengor 54-15Es gibt bei der Box Tengor 3 verschiedene Blendengrössen, welche durch den Hebel verstellt werden können.

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Und was ist eigentlich eine Spiegelreflexkamera genau? 

Eine Spiegelreflexkamera ist eine Kamera, bei der sich zwischen Objektiv und Bildebene ein wegklappbarer Spiegel befindet. Das Bild wird also auch seitenverkehrt abgebildet. Kurz vor der Aufnahme klappt der Spiegel hoch und der Verschluss öffnet sich. So gelangt das Bild auf den Film oder – bei digitalen Kameras – auf den Bildsensor. Wer nun denkt, die SRL-Kamera sei eine junge Erfindung, der irrt: Die erste Kamera dieser Art wurde bereits 1861 vom Herren Thomas Sutton konstruiert.

minolta

Ja… und jetzt?

Natürlich konnten wir es nicht lassen, und mussten die kleine Box einem Test unterziehen. So federleicht und – aus heutiger Sicht – rudimentär gebaut, wie diese «Kamera» ist, können da wirklich Fotos entstehen? Im Fotofachgeschäft haben wir tatsächlich einen Rollfilm gefunden. Offenbar ist der Einsatz von solchen Kameras doch nicht so selten, denn die Verpackung des Films sah überhaupt nicht altmodisch aus, wenn nicht sogar sehr modern. Wir hatten jedoch trotz Youtube-Tutorials unsere Schwierigkeiten beim Einsetzen des Films. Und auch die Bedienung ist sehr gewöhnungsbedürftig – wir sind halt eben schon sehr verwöhnt mit den modernen Kameras, bei denen man alles einstellen kann. Bei der Boxkamera ist es ein «Knipsen» auf gut Glück – die Umstände, unter denen man fotografiert, müssen günstig sein und das Motiv sollte sich nicht gross bewegen. Denn die Kamera hat doch eine Verschlusszeit, die für ein Fotografieren aus der Hand etwas lang ist, wie wir beim Entwickeln bemerkt haben. Die gleichen Motive haben wir auch mit der analogen Spiegelreflex Minolta X-500 und der digitalen Spiegelreflex Canon 7D aufgenommen. So habt ihr einen direkten Vergleich und könnt die Wesenszüge der einzelnen Kameras erkennen. Wir persönlich waren erstaunt über die Qualität der Fotos, die aus der Boxkamera entstanden – wenn sie denn mal scharf wurden. Und ihr?