Chur – Dronelapse

Timelapse oder auch Zeitraffer genannt – ein bekannter Begriff für jeden Hobby-Videografen. Man plant den gewünschten Shot abhängig von Wetter oder Tageszeit, platziert seine Kamera auf einem Stativ oder Slider, nimmt seine Wunscheinstellungen vor und lässt die Kiste dann laufen. Vielleicht nur ein paar Minuten, manchmal aber auch mehrere Stunden. Die Kamera war dabei bislang stets auf festem Grund, doch das war gestern!

Im Zeitalter der Drohnen und den damit verbundenen ausgeklügelten Technologien geht das neuerdings auch aus der Luft. Mit GPS und Sensoren ausgestattet, kann ein solches Fluggerät ohne Mühe für längere Zeit am punktgleichen Ort in der Luft stehen. Dadurch ergeben sich völlig neue Perspektiven. Doch auch hier gilt: Planung ist Trumpf. Einerseits spielen viel mehr Faktoren eine Rolle als bei einer klassischen Timelapse und andererseits soll Drohnenfliegen mitsamt den rechtlichen Vorschriften gelernt sein. Betrachtet man nur den Faktor des Wetters, wird einem schnell klar, was alles schiefgehen kann. So darf der Wind nicht zu stark sein, da die Drohne sonst abzustürzen droht, es darf aber auch nicht Regnen, weil dann die technischen Elemente kaputt gehen können. Die Sonne muss überdies einen gewissen Winkel aufweisen, damit die Propeller sich nicht im Bild spiegeln – und, und, und. Erfahrene Drohnenpiloten können ein Lied von solchen Problemen singen. Doch sobald man einmal alle Störfaktoren beseitigt hat, kommt die Genugtuung zum Vorschein – über die Dächer von Chur fliegen, den geplanten Punkt anvisieren, die Drohne platzieren, den Shot einstellen und dann gute 25 Minuten das Bild und das Fluggerät im Auge behalten. Dabei entdeckt man Dinge, die sonst unerkannt geblieben wären, und man ist dem Traum des Fliegens zum Greifen nahe.

Die Faszination, die Welt von oben zu sehen, ist eine Sache. In diesem Projekt geht es zugleich aber auch darum, Strassen, Kreuzungen, Kreisel oder ähnlichen Verkehrsknotenpunkten in Chur eine ganz neue Dynamik zu geben. Dabei kann der Verkehr als ein Spiel oder eine Art von Kunst betrachtet werden. Diese Wahrnehmung wird durch den Zeitraffereffekt zusätzlich verstärkt – Chur zeigt sich aus einem Blickwinkel, den noch nicht viele Menschen gesehen haben. Besonders interessant sind die Aufnahmen der stark frequentierten Kreuzungen. Das Wechselspiel zwischen den Rot- und Grünphasen der Ampel ist dabei sehr gut erkennbar. Umso mehr Freude macht es, wenn man andere damit begeistern kann.

Aber beobachte und staune doch am besten selbst:

Um den unterschiedlichen Luftaufnahmen einen Bezugspunkt zu geben, kann man die verschiedenen Drehorte auf der folgenden interaktiven Karte abrufen und anschauen:

Hier findest du ausserdem einige statische Impressionen aus dem Luftraum über Chur:

(fms)

Kritik
von Fabio Kobel und Giordano Gull

Die Idee:

Wie es so ist, kommen die besten Ideen meistens rein zufällig. Beim Erstellen einer GoPro-Timelapse auf dem Dach des B-Gebäudes der HTW Chur wollten wir unbedingt die Wolkenbewegungen rund um den Piz Riein festhalten. Das Endresultat war ernüchternd, da die vielen Häuser im Vordergrund alles irgendwie uninteressant aussehen liessen. Wir dachten uns mehr zum Spass, wie es wäre, wenn man das ganze aus der Luft, von weiter oben machen könnte – und schon war die Idee mit der Drohnen-Timelapse geboren. Da Fabio Kobel seit kurzem im Besitz einer DJI Mavic ist, erübrigte sich eine zusätzliche Anschaffung. Doch ist dies überhaupt machbar? Steht die Drohne genug ruhig in der Luft, um das gewünschte Ergebnis zu erhalten? Alles Fragen, die nur durch Probieren zu beantworten waren. Nach einigen Versuchen merkten wir, dass die Idee funktionierte und wir realisierten, dass es von da oben einiges Spannenderes gibt als bewegende Wolken. Die ganze Welt unter einem ist in Bewegung und gerade der Verkehr hat eine sehr eigene, spezielle Dynamik. Um Wolkenbewegungen in einen Zeitraffer zu bringen, muss man stundenlang den Fokus auf den Himmel richten. Beim Verkehr ist dies völlig anders. Es gibt viel mehr und viel schnellere Bewegungen, was unserer beschränkten Flugzeit entgegenkam. Die finale Idee war es, alle Zeitrafferaufnahmen in einen Film zu verpacken und die Luftaufnahmen anschliessend noch einzeln in einer interaktiven Karte zusammen zu bringen, um so eine Karte von Chur zu generieren, die es so noch nie gab.

Die Umsetzung:

Die verschiedenen Versuche zeigten uns auf, dass dieses Projekt nicht einfach mal so an einem Nachmittag im Kasten ist. Nach Recherchen zu dieser Thematik im Internet merkten wir schnell, dass es dies in dieser Form so noch nicht oft gegeben hatte und wir auf uns alleine gestellt waren. Wir kämpften zu Beginn mit diversen Problemen. Einerseits ist da die beschränkte Flugzeit von knapp 30 Minuten, was mit zwei vorhandenen Akkus eine Drehzeit von knapp einer Stunde ausmacht. Anderseits sind da die Bedingungen, welche stimmen müssen und speziell in Chur zu einem grossen Problem werden können, da ab 11.30 Uhr meistens ein zügiger Wind einsetzt. Hinzu kam die Frage nach den Drehorten, denn mit den genannten Einschränkungen machte „einfach mal losgehen“ wenig Sinn. Also begannen wir zu planen! Um einen ersten Eindruck von möglichen Drehorten zu erhalten, benutzten wir GoogleMaps. Dadurch konnten wir uns die spannendsten und unserer Meinung nach meist befahrenen Knotenpunkte markieren. So kamen rund 20 Drehorte auf die Karte. Wir versuchten dann anschliessend beim Dreh die verkehrsreichsten Zeiten zu erwischen, was in unserem Fall nur am Morgen zwischen 07:00 Uhr und 09:00 Uhr möglich war. Der Feierabendverkehr kam nach mehreren Fehlversuchen nicht in Frage und die dort entstandenen Aufnahmen landeten anschliessend auch gleich im Müll. Trotz der bemerkenswerten Flugeigenschaften sogar bei starkem Wind kommt die Mavic irgendwann an seine Grenzen. Die Drohne im Wind zu platzieren und auszurichten funktioniert grundsätzlich gut. Die heftigen Ausgleichsbewegungen anhand des gesetzten GPS-Punktes waren allerdings auf dem Zeitraffer sehr gut sichtbar. Dies zwang uns dazu, jeweils am Morgen zu filmen und den Nachmittag dafür zu nutzen, die langen Video-Sequenzen in Zeitraffer zu rendern, zu stabilisieren und ausgabefertig zu gestalten. Womit wir bei der nächsten Erkenntnis bezüglich der Umsetzung angelangt sind – rendern. Die Mavic filmt in 4K und man hat diverse Farbprofile zu Auswahl. Im Verlaufe der Produktion mussten wir unseren Mac’s zuliebe die Auflösung reduzieren, da solche UHD-Renderings enorm viel Zeit in Anspruch nehmen.

Bei der Umsetzung der interaktiven Karte mussten wir zuerst ein geeignetes Programm finden, um diese Idee wie gewünscht umsetzen zu können. Unsere Wahl fiel schliesslich auf Prezi, welches vor allem mit seiner einfachen Bedienung positiv auffiel. Das eigentlich für Präsentationen gedachte Programm ist vielseitig einsetzbar und verfügt über eine einfache Einbettungsfunktion, was ein entscheidender Vorteil war. Jedoch muss man bei Prezi-Grafiken immer darauf achten, dass die Grössen der Dateien nicht in astronomische Höhen schiessen, was die direkte Videoeinbettung verunmöglichte. Also nahmen wir den Umweg über verlinkte Videos von Youtube, was jedoch bedeutete, dass man die knapp 20 Sequenzen nochmals einzeln aufbereiten und hochladen musste.

Das Material:

- DJI Mavic (Aufnahmen)

- Premiere Pro (Schnitt, Grading, Stabilisierung und Rendering)

- After Effects (Anfangssequenz, Font-Tracking)

- Photoshop (Impressionen)

- Google Maps (Rekognoszieren, Analysieren)

- Google Earth (Beitragsbild)

- Prezi (Interaktive Infografik)

- Fahrrad (Als ökologisches Fortbewegungsmittel zwischen den Drehorten)

Fazit:

Etwas zu erstellen, das es so noch nicht gibt, macht Spass. Probleme ohne Google oder Youtube lösen zu müssen, machen umso stolzer, wenn sie gelöst sind. Die Erkenntnis, dass Planung die halbe Miete ist, kam uns extrem entgegen. Bei einem nächsten Mal (ja, auch andere Städte müssen bald daran glauben) werden wir von Beginn an die Wetterverhältnisse berücksichtigen. Zudem lernten wir schmerzhaft, wie wichtig standardisierte Kamera- und Farbeinstellungen sein können, denn eine 25-Minütige Timelapse nochmals drehen zu müssen kann die Nerven ganz schön strapazieren. Die Möglichkeit zu haben, in einer so schönen Stadt solch tolle Aufnahmen zu machen, überwog aber grundsätzlich und war eine sehr interessante Erfahrung mit vielen interessanten Begegnungen.

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