Eine Kooperation zwischen Influencer und Firma

Heutzutage nennt man sie «Influencer»: Social-Media-Leute der Generation Digital Natives. Auf Youtube, Instragram und Co. verbreiten sie ihre Meinung und sammeln so zahlreiche Anhänger. Auch ich mache Videos im Internet auf meinem Youtube-Kanal, auf dem ich unter dem Themengebiet «Lifestyle» vieles zeige, was mich in meinem Leben bewegt. Viele Leute denken leider, dass hinter solchen Videos nicht viel Arbeit steckt: Einfach Kamera einschalten, ein bisschen Reden und dann hochladen. Die Wahrheit sieht aber ganz anders aus, weshalb ich euch in diesem Beitrag hinter die Kulissen eines meiner Videos nehmen möchte.

Auf meinem persönlichen Youtube-Kanal tummeln sich seit dem Beginn im Jahr 2014 schon mehr als 1100 Leute und die Videos haben insgesamt schon 150’000 Aufrufe generiert. Für Schweizer Youtuber-Verhältnisse ist das gar nicht so schlecht. Gerade in den vergangenen Jahren haben nun auch klassische Medien entdeckt, dass Influencer (wie der Name schon sagt) immer mehr Einfluss im Medien-Gewusel haben. Junge Leute schauen kaum noch klassisches Fernsehen, sondern verfolgen lieber ihre Lieblings-Youtuber im Netz.

Das rief auch Firmen und Unternehmen auf den Plan. Kooperationen zwischen Influencern und Firmen sind nicht mehr aus der Youtube-Szene wegzudenken. Dennoch sind sie kontrovers: Gerade Ehrlichkeit und Transparenz, die von einem Influencer bezüglich Kooperationen erwartet werden, sind immer wieder Knackpunkte. In den letzten Jahren wurde klar, dass es z.B. für Influencer-Produkt-Kooperationen nur sehr schwammige Kennzeichnungs-Richtlinien gab, welche sich in einer rechtlichen Graustufe befanden, da sich Youtube nochmals klar von klassischen Fernsehmedien unterschied.

Von einer erfolgreichen Kooperation und vom ganzen Aufwand für meinen Youtube-Kanal möchte ich in diesem Beitrag berichten:

Anfrage:

Über eine gute Freundin habe ich von «Actionworld» erfahren. Es soll ein spassiges Zentrum mit Lasertag und Escape Rooms sein. Als ich mir deren Homepage anschaute, wusste ich, dass sich eine Kooperation für meinen Youtube-Kanal sehr gut anbieten würde. Dabei gilt für mich immer die Regel, dass ich nur mit Leuten kooperiere, die ich wirklich auch privat interessant finde (egal ob ich das Unternehmen anfrage oder umgekehrt). Das gehört zur Authentizität eines Youtubers. Ich habe beispielsweise ein Faible für Rätselräume und Escape Rooms und auch schon in anderen meiner Youtube-Videos über diese Thematik gesprochen, so dass eine Zusammenarbeit auf meinen Kanal passen würde. Daraufhin habe ich einige Emails mit den Besitzern hin und her geschrieben. Dabei ist es wichtig, genau zu klären, was von beiden Parteien erwartet wird. Ausserdem sollte man sich das Recht vorbehalten, seine ehrliche Meinung über das Produkt oder die Dienstleistung zu äussern. Diese Verhandlungen sind oft schwieriger als mancher denkt. Gerade in der Schweiz sind sich Firmen noch nicht bewusst, wie viel Wert die Arbeit eines Influencers haben kann. Man muss den Leuten die Vorteile einer Zusammenarbeit aufzeigen, damit sie sich darauf einlassen.

Team zusammenstellen:

Nach dem alle Abklärungen unter Dach und Fach waren, ging es darum, verschiedene kamera-erprobte Freunde mit Escape-Room-Erfahrung anzufragen und gemeinsam einen passenden Termin zu finden (was unter uns gesagt so ziemlich etwas vom Schwierigsten ist).

Videodreh:

Für den Drehtag wurde ein kurzes Meeting vor Ort einberufen, um den Tagesablauf und Drehplan zusammen mit dem Chef durchzugehen. Der ganze Drehtag belief sich auf sechs Stunden – acht Stunden inklusive Pausen. Dabei kam ein ganzer Koffer voll Equipment zum Einsatz. Die Szenen wurden aus verschiedenen Perspektiven gedreht, wobei die lockere «Vlogger»-Stimmung (Video-Blogger) trotzdem beibehalten werden sollte. Es hat auf jeden Fall viel Spass gemacht, dennoch war es eine Menge arbeit.

Editing-Consulting:

Dies war mit der schwierigste Part. Nicht nur wurden Stunden an Rohmaterial gesichtet, es ging auch darum, das Gleichgewicht zwischen «Unternehmen zufrieden stellen» und «ehrlich und authentisch sein» zu finden. Hier und da wurden Nachvertonungen ergänzt. Nachdem der Schnitt in der ersten Fassung fertig war, wurde er vor der Veröffentlichung nochmals auf Wunsch der Firma geändert. Auch hier galt es abzuwägen, wo man dem Unternehmen entgegenkommen kann und wo man hart bleiben muss, weil die Einstellung die eigene ehrliche Meinung widerspiegelt.

Alles in allem stecken viele Arbeitsstunden und Zusammenarbeit in nur einem Video – gerade wenn man bedenkt, dass eine Ein-Mann-Produktion und kein riesiges Team dahintersteckt. Damit konnte hoffentlich aufgezeigt werden, dass das Leben eines Influencers doch nicht so einfach ist, wie es sich anhört.

Und ohne euch noch länger auf Folter zu spannen, stelle ich nun das fertige Video, wie es auf dem Youtube-Kanal erschienen ist, vor:

  • Video-Sprache: Schweizerdeutsch  mit englischen Untertiteln
  • Idee, Drehplan, Equipment, Bild, Ton & Postproduction by: Joel D.
  • In Kooperation mit: www.actionworld.ch
  • Music by: Lizenzfreie Musik von https://www.youtube.com/user/NoCopyrightSounds
  • Das Video ist auf den betroffenen Influencer-Kanal verlinkt. Normalerweise werden Videos über den Youtube-Kanal von Digezz gezeigt, dies hätte in diesem Fall jedoch aufgrund der eigenen Begrüssung und Co. keinen Sinn gemacht.
  • Ein grosses Dankeschön an den Kooperations-Partner «Actionworld» und die Mitspieler/Innen Paula, Lea, Andrea und Jan für ihre Leistungen vor der Kamera und die Einwilligung zur Veröffentlichung als Digezz-Projekt.

(fms)

Kritik
von Joel Dähler

Idee / Motivation: 

Die Idee entstand daraus, dass ich meine Tätigkeit als Influncer mit meinem Studium im Multimedia-Bereich mehr verknüpfen wollte. Deshalb habe ich beschlossen, die Kooperation, die sich zwischen mir und der Firma Actionworld ergeben hat, mit zu dokumentieren. Für Actionworld war dies der erste Kontakt im Youtuber-Business. Die Kooperation hat thematisch sehr zu den Lifestyle- & Traveling-Themen gepasst, die ich auf meinem Kanal sowieso anspreche und für Actionworld war es ein neuartiges Marketing-Instrument. Ich bin froh, haben sie dieses Abenteuer mit mir zusammen gewagt.

Was Escape Rooms sind wird bereits im Video nochmals kurz zusammengefasst. Wichtig zu bedenken ist dabei, dass es für Escape Room Besitzer sehr ungewöhnlich ist, dass sie Kameras im Raum zulassen, da in Escape Rooms normalerweise absolutes Film- & Handyverbot herrscht.

Vorbereitung: 

Gemeinsam mit dem Mitarbeiter-Team des Actionworld-Zentrums wurde per Email über die Aufgabenbereiche beider Parteien verhandelt. Leider war Actionworld nicht bereit, die Influencer-Arbeit finanziell gross zu entlöhnen (allgemein, werden meinen Erfahrungen zu urteilen Influencer, wenn sie nicht gerade Millonenen von Followern haben, für ihre Arbeit stark unterbezahlt). Die Einigung lief sich schlussendlich darauf hinaus, dass ich normalerweise anfallenden Spielaufwände (abgesehen vom Zeitaufwand) für das Video gratis erhalte, dafür ein Video über Actionworld auf meinem Youtube-Kanal veröffentliche.

Basierend auf diesen Gesprächen entstand ein vereinfachter Drehplan mit den wichtigsten Ablauf-Kriterien. Darin wurde festgehalten was wann gefilmt wird und wie es dann später im Youtube-Video chronologisch zu sehen sein soll. Der Drehplan sollte den Drehtag effizient gestalten und allen Beteiligten zu einem roten Faden verhelfen. Als schwierigste Vorbereitung stellte sich die Zusammenstellung eines geeigneten Teams für das Video heraus. Zu Fünft einen Termin zu finden, der dann auch noch den Betreibern von Actionworld gepasst hat und nicht Monate entfernt lag, war keine leichte Aufgabe, aber es hat durch eine Doodle-Umfrage doch noch geklappt.

Dreh: 

Am Drehtag selbst habe ich alle Leute, die vor der Kamera standen (erfahrene Escape Room oder Lasertag Spieler aus meinem Freundeskreis), abgeholt und wir sind mit dem Auto zur Location etwas ausserhalb von Zürich gefahren. Zusammen mit einem der Betreiber von Actionworld sind wir vor Ort nochmals den Drehplan durchgegangen und haben noch minimale Kleinigkeiten angepasst. Dabei war es wichtig, dass nicht jede einzelne Kameraeinstellung im Vorfeld einstudiert wurde, da das Video für den Influencer-Kanal immer noch "Vlogger"-Atomsphäre aufweisen soll und nicht wie eine durchgeskriptete Fernsehreportage rüber kommen soll (das wäre für den Youtube-Kanal nicht authentisch gewesen).

Der Dreh verlief durch die gute Vorbereitung zügig und effizient und liess dennoch Spielraum für spontane Ideen. Durch den organisierten Drehplan war es einfach, den Überblick über die einzelnen Teile des Videos zu behalten. Zeit-technisch ging alles relativ gut auf, nicht dauerte enorm viel länger oder kürzer als geplant. Besonders Acht geben musste man darauf, dass neben den Protagonisten sich die mehreren Kameras, die gleichzeitig im Einsatz waren, nicht gegenseitig ins Bild kamen.

Durch die verschiedenen Kameras konnten verschiedenste Blickwinkel in den Actionworld-Spielräumen eingefangen werden. Eine Kamera fing Timelaps-Aufnahmen in einer Fixperspektive auf dem Stativ ein, mit einer Kamera wurden individuelle Nahaufnahmen gemacht und eine durch einen Brust-Gurt befestigte Kamera fing die Action einer der Personen ein. Grösstes Problem beim Filmen war die unterschiedliche Lichtstimmung, die in den Spielräumen herrschte. Gerade weil die Räume oft eher dunkel mit leichten, verschiedenfarbigen Lichtern waren, entstanden leider einige grobkörnige Aufnahmen, aufgrund ungeeigneter ISO-Einstellungen (Lichtempfindlichkeit). Um dem ganzen zusätzlich zu den ISO-Einstellungen noch ein bisschen entgegenzuwirken, wurde mit einer Foto-& Video LED-Leuchte gearbeitet, um die verschiedenen Dunkelheiten und Helligkeiten besser aneinander anzupassen. Dies war nicht sehr einfach und erforderte einiges an ausprobieren. Für den Ton gab es einige Räume, in denen zu viel Hall vorhanden war, weswegen einiges davon in der Postproduction nachvertont wurde.

Verwendetes Equipment: Nikon D5200 Spieglreflexkamera mit einem 18-55mm Objektiv auf einem Cullmann Nanomax260 Stativ + Nikon D5500 Spiegelreflexkamera mit einem 24-120mm Objektiv und einer Foto-&Video LED-Leuchte von Andoer + eine Actionkamera Gopro Hero 4+ an einem Gopro Brustgurt.

Postproduction: 

Die Postproduction war aufwändig als gewöhnlich. Vorallem die Gopro-Kameraaufnahmen, die quasi ununterbrochen das ganze Geschehen mitfilmten, addierten mehrere Stunden zum Rohmaterial. Das Sichten dauerte länger als gedacht. Einige Überlegungen vom Drehplan machten im Schnitt chronologisch nicht mehr so viel Sinn wie in der Theorie, so dass einige Einschübe vertauscht wurden. Zudem wurde klar, dass einige Tonaufnhamen nachvertont (Voice-Over mittels Rode Richtmikrophon) werden mussten. Ebenso bemerkte ich, dass es in der Erklärung, was Actionworld eigentlich ist, mehr Text nötig war als vorhanden, um die Sache sauber zu erklären. Auch habe ich bemerkt, dass ich in der Kritik im Video einige Punkte nicht ganz so erzählte, wie ich sie meinte. Es war schwer, die Erlebnisse gleich vor Ort noch zu bewerten, da mir mit etwas Zeitabstand noch der eine oder andere Kritikpunkt aufgefallen ist. So habe ich, im Bereich des Möglichen, für das zusätzliche Voice-Over nochmal ein Mini-Skript geschrieben (einfach drauf klicken).

Nach dem rendern einer ersten Version, wurden auf Wunsch des Actionworld-Teams noch kleinere Aussagestücke abgeändert, so dass das Video nach einer langen Bearbeitungszeit in der zweiten Version finalisiert und veröffentlicht werden konnte. Geschnitten wurde das Video mit Sony Vegas Pro 13 und beinhaltete fünf Audio- & fünf Video-Spuren untereinander.

Fazit: 

Es hat mich sehr gefreut, mit diesem Beitrag meine Nebentätigkeit als Youtuber mit Digezz zu verknüpfen. Gerade die verschiedenen Tonebenen und Lichtverhältnisse stellten eine grosse Herausforderung dar. Und kleinere Uneinigkeiten zwischen Actionworld und mir machten es oft schwierig zu entscheiden, was nun drin bleibt und was raus geschnitten werden muss, denn man will sich selbst treu bleiben und ehrlich über das Produkt/die Dienstleistung reden aber trotzdem die Kooperationspartner "as happy as possible" machen. Nicht zu vergessen ist, dass es trotz dem ganzen Aufwand immer noch eine Ein-Mann-Produktion war und dass die typische, Youtube-esque Vlogger-Stimmung im Video vorherrschen sollte. Für weitere Kooperationen nehme ich mir als Influencer vor, mir im Vorhinein noch mehr Gedanken über Ton- & Lichteinstellungen zu machen.

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