Gäfud – Dossier EP

«Dossier» lautet Gäfuds zweite EP, welche er diesen Winter veröffentlichte. Der Newcomer-Rapper aus der Region Biel/Bienne, bürgerlich Pascal, hat mit dieser EP am «Freshman Contest 2018» teilgenommen. Unverhofft aber nicht minder verdient schaffte es Gäfud auf den zweiten Platz. Wir als MMP-Studenten unterstützten Gäfud in der Realisation seines Projekts in Form von einem Videodreh, wir designten ein Albumcover und erstellten eine Bilderwelt für sein alter Ego. Wir haben mit Gäfud über seinen Erfolg, seine Haltung zur Rapmusik und über seine Zukunftspläne gesprochen.

Kannst du das EP-Dossier in einigen Worten beschreiben?

Es geht in erster Linie um den Freundeskreis, dies ist der rote Faden. Einiges dreht sich aber auch um Hunger, Hunger auf den Contest Freshman 2018, ich will beweisen, was ich draufhabe, wie Vielfältig die Musik sein kann, die ich mache. Deshalb heisst die EP auch Dossier, wie ein Bewerbungsdossier, welches ich eingereicht habe unter dem Namen Gäfud.

In der Hook von «womersi» sagst du «wo sie mir iz buebe» was willst du damit ausdrücken, was verbirgt sich hinter dieser Aussage?

Selbstgefälligkeit eigentlich, zu sehen was ich und meine Jungs heute machen, wir sind in der Blüte unserer Zeit. Jeder auf seine eigene Art, jeder geht seinen Weg. Das erfüllt mich mit Stolz und Genugtuung, denn es hätte auch in eine andere Richtung gehen können.

Wie bist du zur Musik gekommen?

Ich war lange in einer Zwischenstufe, zwischen Konsument und Produzent. Ich habe viele Nächte damit verbracht in Musikkellern zu freestylen und an Lines getüftelt, die ich aber nie wirklich recorded habe. Der wirkliche Entschluss etwas zu produzieren kam, als ich mich für den Contest beworben habe und unter die besten 10 kam. Das war im Frühjahr 2018 und seitdem nehme ich eigentlich Musik auf, mit dem Gedanken, diese auch zu veröffentlichen.

Ist Musik für dich nur Spass, oder ein Medium um auch Missmut über die heutige Gesellschaft auszudrücken?

Definitiv beides, das macht ja eigentlich das Schöne an der Rapmusik aus. Für mich war jedoch der ausschlaggebende Punkt eher der Missmut. Ich hatte oftmals Hass auf irgendwelche Sachen, deshalb sind die Texte der ersten EP (Rookie of the Year EP) doch eher gesellschaftskritisch veranlagt. Das war für mich wie ein Ventil, wo ich Druck ablassen konnte.

Woher nimmst du die Motivation, so viel Zeit in solche Projekte hineinzustecken, wie deine beiden EPs, die du dieses Jahr veröffentlicht hast?

Ganz ehrlich, hätte ich nicht beim Contest «Freshman 2018» mitgemacht, hätte ich den Arsch wahrscheinlich selber nicht hochbekommen. Somit hatte ich eine externe Motivation, ausserhalb meines Umfeldes.

Nun bist du 2. geworden am «Freshman Contest 2018», was bedeutet dir das?

Wenn man betrachtet, warum und unter welchen Umständen ich mitgemacht habe, bedeutet mir dieser 2. Platz sicherlich etwas. Dennoch bilde ich mir darauf nichts ein, ich erwarte jetzt auch keine Featuring-Anfrage von S.O.S. oder so, natürlich nicht. Es ist jedoch schön, positive Resonanz zu bekommen, auf etwas, worein man viel Zeit gesteckt hat.

Wie läuft ein klassischer Schreibprozess bei dir ab? Woher weisst du, über was du schreiben willst?

Ich denke es gibt zwei Dimensionen bei mir, es gibt Texte an denen feile ich sehr lange, andere wiederum fliessen einfach aus mir heraus. Zum Beispiel der Song «womirsi», war gar nicht geplant, sondern ist an einem Abend aus einer Stimmung heraus entstanden. Am gleichen Abend bin ich in die Booth und habe den Song recorded. Bei anderen Songs sitze ich teilweise Wochenlang an gewissen Lines, weil ich das Gefühl habe, die Aussage sei noch nicht 100% on point.

Widerspiegelt deine Musik dich selber, Pascal, oder dein Rap alter Ego Gäfud?

Interessante Frage, darauf habe ich ehrlich gesagt noch gar keine Antwort, da ich noch nicht einmal ein Jahr Musik mache. Dennoch würde ich sagen, Leute die mich wirklich gut kennen, erkennen mich in meiner Musik wieder. Ich spiele nicht die Person Gäfud, ob jetzt Gäfud oder Pascal als Interpret erfasst ist, wäre dasselbe.

Rapmusik ist sehr divers geworden, was findest du gut und was findest du schlecht an der heutigen Rapszene?

Die Diversität ist Segen sowie Fluch zugleich, wie ich finde. Auf der einen Seite, kann man sich in der Rapmusik sehr ausleben, ob Cloudrap oder Strassenrap bis hin zu poetischen Texten ist alles möglich. Dennoch wird teilweise der eigentliche Sinn vom Rap, Rhythmen and Poetry missachtet. Das nervt mich manchmal, dennoch gibt dies neue Eindrücke und entwickelt die Musik weiter.

Warum denkst du, spielen Drogen eine so grosse Rolle in der Rapszene?

Man kann dies vom Rap extrahieren und sagen, wo Kunst entsteht, werden oftmals Drogen konsumiert.

Definitiv, dennoch wird es fast in keiner anderen Szene so glorifiziert wie im Rap, oder?

Ich denke, da kann man die Evolution vom Rap betrachten. Rap ist eine Subkultur, die oft auch in ärmeren Gegenden der Welt entsteht und dort auch viele Einflüsse erhält. Hinzu ist Rap halt nach wie vor eine von Männern dominierte Szene. Die Frage ist doch eher, warum dies so zur Schau gestellt wird in Texten oder Videos. In der Rapmusik wird viel geprotzt, man zeigt was man hat. Eine endgültige Antwort darauf habe ich jedoch nicht.
Es ist halt eine Jugendkultur und in der Jugend sind solche Sachen tendenziell interessanter und spielen eine grössere Rolle. Rap ist heute eine sehr aneckende Musik, es werden Missstände aufgedeckt in der Gesellschaft wie Kapitalismus oder Rassismus, dennoch findet man im Rap viel Frauenunterdrückung und zur Schaustellung von Materialismus.

Ist dies nicht eine Doppelmoral die in der Szene gepflegt wird?

Ja, da könntest du Recht haben. Vielleicht ist es jedoch auch eine gewisse Resignation, man eckt gegen etwas an, was man vielleicht selber schon verinnerlicht hat. Da sind wir dann vielleicht schon wieder beim Ursprung der Rapmusik, welche als Sprachrohr dient für viele Musiker, welche aus den unteren Schichten der Gesellschaft kommen und die Musik der letzte Strohhalm ist, an welchen sie sich festklammern können.

Um von der Rapszene wieder auf dich zurückzukommen, warum sollte jemand in deine EP Dossier hineinhören?

Ich denke meine Texte haben einen gewissen Wortwitz und sind eloquent. Ich hoffe, ich kann den einen oder anderen Hörer für gewisse Denkanstösse anregen. Deswegen, Gäfud steht für Bücherregal.

Darf man im Jahr 2019 etwas Neues von dir erwarten?

Das hängt von vielen Faktoren ab, ich studiere nebenher noch und generell sind momentan viele Sachen los. Ich habe jedoch Bock weiterzumachen, mal sehen was dabei herauskommt. Ich gehe sehr frei an die Sache heran und das ist das Schöne, es ist ein Hobby von mir, kein Job.

EPs von Gäfud zum Download auf Bandcamp

(nsc)

Kritik
von Joshua Longhouse, Janik Schäfli und Ramon Kratzer

Idee

Freshman 18 ist ein an Newcomer-Rapper gerichteter Contest von Jam On Radio. Aus allen eingegangenen Anmeldungen wurden die 10 vielversprechendsten Kandidaten ausgesucht, darunter auch «Gäfud». Wie für alle anderen Teilnehmer war für ihn nun die Aufgabe, in Eigenleistung eine EP zu erstellen und ein Videoclip zu produzieren.

Konzept

In Vorgesprächen mit «Gäfud» erhielten wir einen groben Eindruck von seinen Vorstellungen und erhielten erstmals eine Hörprobe des Songs, welcher als Musikvideo umgesetzt werden sollte. Schnell waren wir uns einig, dass zur Aussage des Songs kein klassisches Rap-Video passt. Böse in die Kamera rappen und Hip-Hop Klischees bedienen war im Storyboard also nicht angedacht.
Moodshots aus Lyss und Biel (werden im Text angesprochen) sollen zeigen wie «Gäfud» aufgewachsen ist, wo er sich mit Freunden aufgehalten hat und immer noch aufhält. Durch Overlay-Videos, dynamische Schnitte, Slow-Motion und Fast-Forward Effekte sollte eine besondere Ästhetik entstehen. Das Ziel für die Hook war es, die Botschaft des Gemeinschaftsgefühls zu transportieren.

Vorbereitung

Aufgrund des Storyboards erstellten wir einen Drehplan für die Aufnahmen. In Absprache mit «Gäfud» sahen wir uns nach geeigneten Locations um. Für diverse Standorte kümmerten wir uns um Drehbewilligungen und Termine.

Equipment

Die Auswahl des Equipments machten wir aufgrund des Konzepts und Drehplans. Wir entschieden uns für Gimbals, um einfach unterschiedliche Perspektiven aufzunehmen. Einige Aufnahmen sollten in der Dämmerung oder am Abend erstellt werden. Die ausgewählten Kameras und Objektive sind ideal für Low Light Aufnahmen und besonders lichtstark.

  • Sony A7R III
  • Sony A7s II
  • 2x Metabones Speedbooster
  • Samyang 24mm f/1.5
  • Samyang 35mm f/1.5
  • Canon 50mm f/1.4
  • 2x DJI Ronin-S
  • Manfrotto Befree Stativ
  • ND-Filter

Dreh

Bewusst nahmen wir uns für die Aufnahmen an den verschiedenen Orten genügend Zeit, auch zur Einrichtung des Equipments. So konnten wir auch neue Ideen kurzfristig einbinden ohne in Zeitnot zu kommen. Für ähnliche Projekte ist das sicher zu empfehlen. Glücklicherweise stand uns zum Transport auch ein Auto zur Verfügung. Grössere Probleme traten beim Dreh nicht auf, auch durch die gute Vorbereitung und Zusammenarbeit.
Zudem haben wir beim Dreh ein Fotoshooting eingebunden. Dies damit wir für das Albumcover eine grosse Auswahl an Bildern haben, welche wir für das Design des Albumcovers verwendenden konnten.

Postproduction

Nach dem Beenden der Aufnahmen näherte sich die Deadline, das Ende der Einreichungsfrist des Freshman-Contest, plötzlich sehr schnell. Während «Gäfud» mit der Fertigstellung der EP beschäftigt war, machten wir uns an den Schnitt des Videos und erstellten das Album-Cover.
Die Ideen aus dem Konzept dienten als Grundlage für den Schnitt. In Spätschichten wurden verschiedenste Varianten getestet, verbessert und schliesslich doch wieder verworfen, bis wir einen Stil erhielten, der durch das ganze Video durchgezogen werden konnte und uns gefiel.
Auch «Gäfud» zeigte sich von einer ersten Vorschau begeistert, sodass wir eine finale Version erstellen und pünktlich am letzten Tag der Einreichungsfrist zur Verfügung stellen konnten.
Die Bilderwelt, welche wir erstellt haben, wurden nun noch bearbeitet. Alle Fotos wurden an «Gäfud» gesendet, damit er diese für weitere Veröffentlichungen benutzen kann. Wir haben dann das passendste Bild ausgesucht für seine EP und erstellten dazu ein Albumcover. Dies immer in Rücksprache mit «Gäfud», damit auch seine Anliegen berücksichtigt wurden.
Ein Interview mit «Gäfud» über Rap, den Freshman Contest und zukünftige Projekte rundet das Ganze zu einem journalistischen Projekt ab.

Fazit

Das ausgewählte Equipment bewährte sich im Einsatz. Dies obwohl die Lichtverhältnisse an den unterschiedlichen Standorten nicht immer ideal waren und der Einsatz von künstlichen Lichtquellen nicht vorgesehen war.
Als Rap-begeisterte Personen machte uns das Projekt gleich doppelt Freude und es war spannend, ein filmisches Projekt zu realisieren, bei welchem es sich für einmal nicht um einen Bericht oder eine Reportage handelte. Dabei lernten wir, dass bei einem Musikvideo ganz andere Aspekte im Vordergrund stehen, was uns bei ähnlichen Projekten sicher helfen wird.

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