Heul leise

Was ist schlimmer: Das FIFA-Spiel gegen deinen Erzrivalen zu verlieren oder irgendwo in der Wüste deinen Fussball aus Versehen an den Kaktus kicken und dann x Monate nicht mehr Fussball spielen zu können? Viel zu oft nerven wir uns ab Kleinigkeiten, ohne nachzudenken, dass es auch noch viel schlimmer hätte Enden können.

Es gibt unendliche viele Beispiele: Kein WLAN, der Zug ist verspätet, das Snapchat-Update ist scheisse, Game of Thrones ist fertig, das Foodporn-Foto sieht nicht geil aus oder man schafft es diesen Sommer wieder nicht ans Meer. Einige Dinge nerven dich vielleicht fünf Minuten, andere beschäftigen dich monatelang (hallo? GOT-Staffelstart ist 2019!). Doch zu fast jedem sogenannten First World Problem gibt es auch ein Third World Problem und das sind die wahren Probleme dieser Welt. Gemäss der „Global Shapers Survey 2017“- Umfrage des World Economics Forum sind die Top 3 Probleme dieser Welt: Klimawandel (48,8%), Grosse Konflikte/Kriege (38,9%) und Ungleichheit (Einkommen, Diskriminierung) (30,8%).

Kein Internet, keine öffentlichen Verkehrsmittel, Familie und Freunde für Jahre nicht mehr sehen, keine Meinungsfreiheit, nicht genügend Essen oder wochenlanges Herumtreiben auf offenem Meer, um ein neues Leben zu beginnen – das und noch viele mehr sind die ernstzunehmenden Probleme. Wer etwas ändern will, muss klein anfangen. So wollen wir unsere Generation zielgruppengerecht zum Nachdenken bringen.

Auf unserer Website präsentieren wir drei kurze Animationsclips, welche drei First World Probleme mit drei Third World Problemen vergleichen und hoffentlich auch dich zum Nachdenken bewegen. Ist dein Problem wirklich ein Problem?

(lhu)

Kritik
von Jessica Kessler und Chiara Lardelli

Idee

Uns war von Anfang an klar, dass wir ein Animationsvideo mit After Effects machen wollten. Wir beide hatten noch wenig Erfahrung mit Animation und wollten deshalb mit dem Programm vertraut machen. Wir begannen also, uns auf Youtube mit verschiedenen Animationsstilen und –techniken zu berieseln, um inspiriert zu werden. Relativ schnell hatten wir uns auf „Flat Design“ geeinigt, die Story war jedoch das grössere Problem. Unser Ziel war es, ein ernstes Thema mit einer Prise Humor aufzugreifen und umzusetzen.

Storytelling

Unser Brainstorming trug schliesslich Früchte. Ein gesellschaftskritisches Video, das uns unsere Verwöhntheit vor Augen führt, sollte erschaffen werden. In drei verschiedenen Themenbereichen wollten wir First- und Third World Problems miteinander vergleichen. Nun blieb nur noch zu definieren, welche Probleme wir vergleichen wollten. Am Interessantesten würde es wohl werden, wenn die Probleme einen ähnlichen Bereich abdeckten. Also nicht Akkuknappheit mit Wasserknappheit vergleichen, sondern Lebensbereiche, die effektiv Ähnlichkeiten aufweisen und einen plausiblen Vergleich erlauben. In einem ersten Clip wollten wir das Bildungswesen von Europa dem von Afrika gegenüberstellen. Während wir Europäer uns über einen Blitztest beklagen, haben Kinder in Afrika teilweise gar keine Möglichkeit, zur Schule zu gehen. Und wenn doch, dann findet der Unterricht vielleicht in einem engen, überfüllten, heruntergekommenen Schulzimmer ohne Tische und Stühle, ohne Beamer und Powerpoints statt. Der Zweite Lebensbereich unserer Miniserie ist Luftverschmutzung. Wir Europäer mögen uns daran nerven, zum Passivrauchen gezwungen zu werden. Auf der anderen Seite der Welt sehen einige Asiaten das Blau des Himmels nie, weil der Smog der Grossstadt alles verdeckt. Das Dritte und letzte Video sollte sich um die Partnersuche drehen. Während sich eine Europäerin darüber aufregt, keinen passenden Tindermatch zu finden, wird eine arabische Frau zwangsverheiratet. Auf jedes Video folgt die Aussage: „Is your problem a real problem?“ und soll den Zuschauer zum Nachdenken anregen.

Planung

Nach erfolgreichem Brainstorming ging es in die Planungsphase. Erster Schritt: Character Design. Wir entwarfen viele verschiedene Männlein und Weiblein im „Flat Design“-Stil. Zum Teil wurden diese bis ins letzte Detail ausgearbeitet, von der Bling-Bling-Kette des Rauchers hin zur afrikanischen Kleidung des Lehrers. Wir erstellten zudem ein Storyboard, in dem wir alle geplanten Animationen festhielten. Insgesamt sollten sechs „Welten“ zuerst im Adobe Illustrator gestaltet - und später im After Effects animiert werden. Ganz zum Schluss wollten wir dem Ganzen noch das i-Pünktchen aufsetzen, indem wir die Szenen vertonten – und zwar ausschliesslich mit Geräuschen, die wir selber nachmachen konnten.

Umsetzung

Anhand unserer Skizzen und Entwürfe konnten wir uns dann an die Umsetzung machen.

Illustrator:

Wir erschufen die verschiedenen Welten, jedes Ärmchen, jedes Kleidungsstück und jedes Muttermal wurde mit grosser Sorgfalt gestaltet und platziert. Jedes dieser Elemente benötigte zudem noch seinen eigenen Schatten, damit der Effekt des „Flat Designs“ richtig zur Geltung kommt. Sehr wichtig war dabei auch, mit dem Kopf bei der Sache zu sein. Man musste sich nämlich immer bewusst sein, welche Teile der Illustration später animiert werden sollten. Es begann eine regelrechte Layerschlacht, denn jedes zu animierende Teil musste auf einem separaten Layer platziert werden. Eine gute Benennung war unausweichlich und würde uns später im After Effects viel Arbeit ersparen. Mit Illustrator kannten wir uns beide schon ziemlich gut aus, daher machte dieser erste Teil der Umsetzung viel Spass und lief reibungslos ab.

After Effects:

Ziemlich anders sollte das im nächsten Programm aussehen. Mit Adobe After Effects hatten wir beide noch wenig Erfahrung. Gerade wenn so viele Layer importiert werden müssen, wird die ganze Angelegenheit sehr schnell sehr unübersichtlich. Es kostete uns einige Nerven, bis wir uns langsam an den Umgang mit den Keyframes gewöhnten. Wussten wir irgendwo nicht weiter, wurden Youtube-Tutorials angeschaut. Effekte wurden gegoogelt und entdeckt, die uns zum Teil Arbeit ersparten, zum Teil nur noch mehr Arbeit bescherten. Uns wurde erst in diesem Teil der Umsetzungsphase bewusst, wieviel Zeit hinter nur wenigen Sekunden einer Animation steckte, die man kaum bemerkt. Ein Schlüsselelement, dass bei allen drei Clips einheitlich sein sollte, war der Übergang von einer Welt in die nächste. An diesem feilten wir besonders lange, schliesslich sollten alle Layer die gleiche Bewegung synchron durchführen. Als schliesslich die Animationen fertig waren, fiel uns eine ziemlich grosse Last von den Schultern. Der schwierigste Teil war geschafft.

Audio:

Was als nächstes folgte war einfach nur lustig: Einen Morgen lang schlossen wir und in einer Audiobox in der Eduzone ein, und versuchten unsere Animation zu vertonen. Wir hatten uns selbst vorgenommen, jedes Geräusch nur mit unserem Mund oder anderen Körperteilen zu erschaffen und dann allenfalls in Adobe Audition leicht zu verändern. Mehr als einmal entdeckten wir ungeahnte Talente im Imitieren von allen möglichen Geräuschen. Eine echte Sprache wollten wir nicht benutzen. Schliesslich sollte jeder das Video verstehen können. Wir versuchten die typischen Laute und Melodien der jeweiligen Sprache mit Fantasie-Wörtern nachzumachen. Nicht nur einmal hatten diese hilflosen Versuche Lachanfälle zur Folge.

Premiere Pro und Audition:

Im letzten Schritt zur Erstellung der Videos mussten wir nun die aufgenommenen Geräusche unter die Animation legen. Das war vor allem eine Sache des Timings. Teilweise sind unsere Animationen sehr schnell, das Geräusch muss dann natürlich genau auf die Bewegung abgestimmt werden. Audition benutzten wir, um einzelne Audiodateien zu pitchen. Männerstimmen wurden tiefer gemacht und es wurden Widerhalle und Raumeffekte auf die Tonspuren gelegt, um dem Zuschauer eine angemessene Geräuschkulisse zu bieten.

Website:

Die drei Videos waren nun fertig. Wir waren sehr zufrieden mit unserem Endresultat und wollten es dementsprechend auch gut präsentieren. Wie ginge das besser als mit einer kleinen Website, die grafisch ansprechend alle drei Videos einbettet und einige Sätze über die Macher preisgibt? Gar nicht, also machten wir uns auch noch ans Webdesign. Mithilfe von Bootstrap konnten wir eine schlichte und aufgeräumte Lösung zur Präsentation unserer Werke finden.

Schwierigkeiten

Eine grosse Schwierigkeit war für uns After Effects. Vor dem Start des Projekts kannten wir das Programm nur grob. Wer schon einmal im After Effects gearbeitet hat, der weiss, wie verwirrend das Ganze werden kann. Besonders wenn man – wie wir – zum Teil mehr als 30 Layer gleichzeitig animieren sollte. Schwierig war es auch, die Einheitlichkeit beizubehalten. Wir wollten natürlich beide an den grafischen Darstellungen und den Animationen arbeiten. Das benötigte jedoch eine stets gute Kommunikation, um den gleichen Stil und Animationstechniken zu wahren.

Fazit

Auch wenn uns die Arbeit im After Effects einige graue Haare beschert hat, so können wir nun von uns behaupten, das Programm zumindest in seinen Grundzügen zu beherrschen. Klar haben wir längst nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft - die wichtigsten Tastenkombinationen und Handgriffe haben wir jedoch verinnerlicht.  Das Projekt hat uns extrem viel Spass gemacht. Nicht nur die Audioaufnahmen haben uns zum Lachen gebracht, auch beim Character Design und Brainstorming wurde viel gewitzelt. So bekam unsere eigentlich ernste Grundaussage einen humorvollen Touch. Wir sind stolz, nicht einfach ein dummes Animationsvideo kreiert zu haben. Unser Endprodukt bringt eine starke Aussage mit sich, regt zum Nachdenken an und erhöht unsere Dankbarkeit für das was wir haben.

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