Körperlos

Die Absicht dieses Projekts war es, einen Film zu realisieren, bei welchem ausschliesslich Kleider im Zentrum stehen. Das Ziel: Den Eindruck erwecken, dass sich Kleider scheinbar ohne tragenden Körper im Raum bewegen. Um dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen, griffen wir auf die Greenscreen-Technik zurück.

Farbbasierte Bildfreistellung, heute besser bekannt als Greenscreen- oder Greenbox-Technik, nennt sich das Verfahren, welches in der Film-und Fernsehtechnik angewendet wird, um Gegenstände oder Personen nachträglich vor einen beliebigen Hintergrund zu setzen.
Dabei werden diejenigen Filmsequenzen, die im Vordergrund erhalten bleiben sollen, zunächst vor einer gut ausgeleuchteten grünen Hintergrundfläche aufgezeichnet, um im Anschluss von eben dieser wieder freigestellt werden zu können. Der Grund für die Farbe «Grün» ist jener, dass sie – gerade am menschlichen Körper – selten vorkommt, sich daher gut von Hauttönen abhebt und sie problemlos, also ohne grosse Bildeinbussen, entfernt werden kann.

Für diesen Vorgang der Hintergrundentfernung wird eine sogenannte Aussparungsmaske benutzt: Sie definiert den sichtbaren und den wegfallenden (grünen) Bildbereich, wodurch es möglich wird, den freigestellten Vordergrundfilm mit einem komplett neuen Hintergrundfilm zu kombinieren. Im Fachjargon nennt sich dieses Vorgehen «Matting» oder «Keying».

Für das Projekt «Körperlos» sollten jedoch für einmal nicht nur die Hintergrundflächen, sondern ganze Körper entfernt werden! Alles was im fertigen Film nicht sichtbar sein sollte, musste daher mit grüner Farbe umhüllt werden, weshalb die Darsteller einen Morphsuit – einen Ganzkörperanzug in grün – unter den Kleidern trugen. Der Hintergrund sollte sich zudem aus Schwarzweiss-Zeichnungen zusammensetzen, um die «körperlosen Kleider» noch mehr in den Mittelpunkt stellen zu können.

Der fertige Film mit dem Titel «Collection printemps 2014» gewährt nun einen Einblick in die «Welt der Kleider» und zeigt auf eine humorvolle Art und Weise, wie das Leben eines Kleidungsstücks aussehen könnte. Denn wer weiss, was unsere Kleider so alles unternehmen wenn wir sie nicht gerade am Körper tragen…

Um einen Eindruck zu erhalten, wie aus dem Rohmaterial das fertige Video entstanden ist, haben wir euch noch eine «4-Fach-Version» zusammengstellt, welche die einzelnen Veränderungen nach den getätigten Nachbearbeitungen zeigt: Zu sehen sind dieselben Aufnahmen jeweils vor dem Greenscreen, nach einer ersten After Effects-Bearbeitung, mit dem eingefügten Hintergrund sowie das Endprodukt.

Kritik
von Boris Kline, Manuela Eberhard, Karin Zeller und Simona Vallicotti

Vorbereitungen
Um dieses Projekt überhaupt umsetzen zu können benötigten wir als erstes die grünen Anzüge, welche das wegretuschieren der Körperteile in der Nachbearbeitung ermöglichten. Fündig wurden wir bei einer Firma aus Deutschland, welche diese Morphsuits zu günstigen Preisen anbot. Als nächstes machten wir uns daran ein Storyboard zu entwickeln. Dabei ging es in erster Linie darum eine in sich abgeschlossene, kurze Geschichte zu erzählen. Vor dem ersten Drehtag musste schliesslich noch die Kleiderwahl besprochen werden. Hier war es wichtig, dass die Kleidungstücke keine grünen oder grünnahen Farben beinhalteten, um in der nachträglichen Freistellung keine Probleme zu bekommen.

Greenscreen-Aufnahmen
Insgesamt drehten wir 2 Tage im Fernsehstudio. Viel Zeit benötigten wir vor allem um das Studio herzurichten. Dabei war die Einstellung der optimalen Beleuchtung von grosser Wichtigkeit. Je besser die Szenerie ausgeleuchtet ist, desto einfacher gestaltet sich danach die Bearbeitung des Materials. Ebenfalls mussten wir den Boden abdecken, um die ganze Person im Bild zu haben. Dies darum, weil wir die Schuhe auch im Endprodukt drin haben wollten. Die Filmaufnahmen waren dann relativ schnell im Kasten, obwohl es auch hier pro Szene jeweils einige Durchläufe benötigte. So musste darauf geachtet werden alles an der gleichen Position durchzuspielen. Schwierig war auch darauf zu schauen, dass man als Protagonist nicht zu viel Kleidung mit den Armen oder Beinen verdeckte. Je nach Bewegungsablauf liess sich das jedoch nicht vermeiden.

Postproduction
Der zeitintensivste Teil war sicherlich die Nachbearbeitung. Als erstes musste ein Rohschnitt erstellt werden. Danach wurden mit After Effects die Personen, respektive die Kleider, freigestellt und Farbkorrekturen vorgenommen. In einem nächsten Schritt haben wir die gezeichneten Hintergrundbilder eingefügt. Der mühsamste und aufwändigste Teil war das Korrigieren der Lücken in der Kleidung, welche durch das Fehlen des Körpers automatisch entstanden sind. In einem letzten Schritt erfolgte das Erstellen eines passenden Sounddesigns, welches auf Plattformen für lizenzfreie Musik und Sound Effects zusammengetragen wurde.

Schwierigkeiten
Bei dieser Umsetzung gab es eigentlich in jeder Projekt-Phase einige Hürden, die wir überwinden mussten. Bei den Filmaufnahmen war das Hauptproblem eine fehlende Greenbox, welche es uns erlaubt hätte bessere Aufnahmen zu machen. So mussten wir den Boden mit einem weissen Tuch abdecken, was sich dann in der Nachbearbeitung als Nachteil erwies. Dadurch musste das gesamte Material in zwei Schritten bearbeitet werden. Einmal um den grünen und einmal um den weissen Farbanteil zu entfernen. Eine weitere Schwierigkeit war die Orientierung, wenn man im Morphsuit steckte. So war das Sichtfeld relativ stark eingeschränkt, was durch das dunkle Fernsehstudio noch verstärkt wurde. Umso wichtiger waren klare akustische Regieanweisungen, da eine Kommunikation auf Sicht nicht möglich war.

Beim Nachbearbeiten mit After Effects zeigte sich, dass der grüne Anzug an gewissen Stellen durchschimmerte. Dies hatte zur Folge, dass das Freistellen nicht überall sauber zu erledigen war und ein leichtes Flimmern sichtbar wurde.

Um die fehlenden Kleidungsteile einzufügen hatten wir eigentlich gedacht, dies mit der Tracking-Methode im After Effects zu bewerkstelligen. Aus diesem Grund hatten wir bei den Aufnahmen Markierungen, sogenannte Tracking-Points, an der Kleidung angebracht. Nach einigen Fehlversuchen mit dieser Technik mussten wir dann aber feststellen, dass diese Vorgehensweise nicht zu einem befriedigenden Ergebnis führte, da zu viele Unregelmässigkeiten in den Bewegungen waren. Aus diesem Grund entschieden wir uns, jedes Frame einzeln zu bearbeiten. Dies hatte zur Folge, dass wir uns durch 1115 Bilder durchzuarbeiten hatten. Je nach Ausgangsbild benötigten wir zwischen 5 und 30 Minuten pro Bild - und einiges an Nerven.

In der akustischen Nachbearbeitung war es besonders schwierig, dass alle vordefinierten Anforderungen gewährleistet werden konnten: Konkret sollte die entsprechende Stimmung jeder einzelnen Szene vermittelt und mit einem französischen, spielerischen und humorvollen Touch versehen werden. Ziemlich schwierig war es - durch die Kürze der einzelnen Szenen - elegante Übergänge zu gestalten.

Fazit
Uns war schon zu Beginn klar, dass dieses Projekt eine Herausforderung sein würde. Am Ende hat sich der Aufwand unserer Meinung nach aber gelohnt. Es beinhaltete einige interessante und spannende Faktoren, vor allem was die Postproduction und Organisation anbelangte. Der Zeit- und Arbeitsaufwand war sehr hoch, um in einem knapp 1-minütigen Clip den gewünschten Effekt zu erzielen. Uns ist bewusst, dass das Resultat nicht perfekt geworden ist, sind aber mit dem Erreichten trotzdem zufrieden.

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