Rich The Underground

Eine ganz normale Geburtstagsparty, oder: Ein Eventkonzept, ein Fotoshooting, Grafik Design, eine multimediale Kampagne, eine akustische Band, eine unautorisierte Biografie, ein Techno-Set, ein Gedicht, Event-Fotografie, eine Piñata und noch so vieles mehr.

Beschreiben kann man, was am 5. Januar dieses Jahres in Näfels stattfand, wie man will. Doch ein paar Dinge sind geklärt: Der Event war gut geplant, das Motto war lächerlich lustig, die mediale Begleitung wohl etwas übertrieben und die Stimmung ausserordentlich!

Okay, klang bis hierhin wohl alles recht kryptisch. Für alle die nicht dabei waren:
Zum Konzept, respektive der Dokumentation darüber, was alles abgelaufen ist, geht es hier.

Ausserdem: Lies die unautorisierte Biografie über den Jubilaren, den an diesem Abend jeder nur Young Rito nannte. (Die entsprechenden (Kinder-)Bilder zum Text können aus Schutz der Person leider nicht veröffentlicht werden. Sei aber versichert, dass sie für ordentlich Gelächter gesorgt haben.)

Heute findet eine Party statt,
PFADIHEIM NÄFELS: Was geht ab?!
Bevor wir uns dem Alkoholkonsum widmen,
möchte ich euch eine Geschichte übermitteln.
Oder genauer gesagt eine Biografie,
entsprungen grösstenteils aus meiner Fantasie.
Doch nur für heute ist sie echt und für heute ist sie real,
hier kommt die Wahrheit – straight outta Biel.
Das ist die Geschichte eines äusserst gewitzten Mannes,
im Ghetto Träger eines superhohen Ranges.
Das ist die Story von einem Mann,
den man bezüglich Street-Credits kaum übertreffen kann!
Der Name dieses Mannes lautet,
und schweigen soll wer etwas anderes behauptet,
Young Fucking Rito Jost,
hebt die Gläser und macht ihm Prost!

Das ist Young Rito, so wie wir ihn heute kennen,
man könnte ihn auch den König der Strasse nennen.
Er ist gefürchtet und wird respektiert,
kann gut sein, dass bei seinem Anblick das Blut in deinen Adern einfriert.
Young Rito ist ein Mann des Geldes und ist Herr der Nacht,
der ganze Untergrund steht unter seiner Macht.
Heute trägt er Pelz und es ist ihm egal,
All die Weltverbesserer und Pseudo-Veganer, die können ihn mal!
Doch woran sich kaum jemand erinnern kann,
ist wo die Legende ihren Anfang nahm.
Lasst uns einen Schritt in die Vergangenheit wagen,
dorthin wo Young Ritos erste Schritte lagen.

Kaum aus dem Bauch seiner Mutter entsprungen,
War Young Rito sein erster Coup gelungen.
Lauthals schreiend und mit waghalsiger Gestikulation,
landete der Babyboy die Sensation.
Die Selbstbeherrschung Young Ritos schien nicht gerade gross,
pinkelte er in den Armen der Geburtshelferin doch sofort los.
Doch als die Krankenschwester unter dem Bisi-Strahl des Babys litt,
merkte sie nicht, wie ihre Halskette in dessen Strampelanzug glitt.
Wenn man sich das heute genauer überlegt,
wurde an diesem Tag wohl das Fundament für Young Ritos kriminelle Karriere gelegt.
Ah und habe ich das schon erwähnt?
Im Alter von zwei Jahren spielte Rito bereits in einer Punk-Rock-Band!

Punk-Rock spiele Young Rito jedoch nur für kurze Zeit,
denn für den internationalen Durchbruch war die Szene zu wenig breit.
Seine Zeit als DJ lief da schon bedeutend länger,
auf seinem gelb-roten Sony Deck produzierte er Banger für Banger.
Major-Label durften das Kind zwar noch nicht um Verträge bitten,
trotzdem schlugen seine Songs immer wieder ein wie Meteoriten.
Als Antwort auf die Frage wie er das wieder und wieder schafft,
sagte Rito nur: «In meinem Shoppen ist kein Sirup, es ist Wodka mit Crannberry-Saft».

Einen Gang zurückzuschalten wurde er von vielen beraten,
doch leider war Young Rito unlängst auf die schiefe Bahn geraten.
Er hatte sein kriminelles Treiben in Näfels-City begonnen,
und da schnell das Vertrauen der lokalen Gangster gewonnen.
Bereits mit 12 Jahren hatte er seine eigene Crew,
Furcht und Schrecken verbreiteten sich im Nu.
Die gekreuzten Mittelfinger, welche er sein Gang-Sign nannte,
waren Zeichen, die zwischen Ziegelbrücke und Glarus damals jeder kannte.
Die goldenen Zeiten des Young Ritos begannen,
sein Ziel: Die Herrschaft über den Untergrund zu erlangen!

Zwei Jahre später: 16 ist er,
Young Rito will dreierlei: Mehr, mehr und mehr.
Das Geschäft, es florierte,
weil er in seinem Job so brillierte.
Er machte haufenweise Moneten,
kaufte Autos und brach mit dem Beten.
Am Handgelenk trug er mehrere Uhren,
doch das Leben, es hinterliess seine Spuren.
Geld und Frauen und Partys und Koks,
Young Rito lebte und schiss auf die Cops.
Doch vor allem die Geschäfte mit den illegalen Waffen,
machten langsam aber sicher auch der Polizei zu schaffen.
Und nach einem verhängnisvollen Drogenexzess,
machten die Cops mit ihm kurzen Prozess.
Sie schnappten ihn zwischen der Tür und seinem Wagen,
Young Rito rief noch: «Wie könnt ihr es wagen!»,
Dann buchteten sie ihn ein in den dunkelsten Kerker,
da sass er zwei Jahre und es ging ihm auf den Wecker.

Mit 18 kam er dann endlich auf Bewährung wieder raus,
Er leistete seine Sozialstunden in einem Appenzeller Schlachthaus.
Zuerst blieb er brav und machte, was man ihm sagte,
bis nach zwei Jahren der Moment kam, als einer es wagte,
ihm, dem grossen Young Rito, die Meinung zu geigen.
Also brachte er ihn mitten im Schlachthaus zum Schweigen.
Die Leiche zu verstecken war ein Kinderspiel,
ein Messer und etwas Säure: Es brauchte nicht viel.
Der Vorfall weckte, was in Young Rito hatte geschlummert,
und ich denke, dass es keinen hier wundert,
dass er das Schlachthaus per sofort zu seinem Headquarter erklärte,
und sich erneut als Gangsterboss bewährte.

Wir schreiben 2019, und da sind wir heute:
Young Rito, ich und ein Haufen angetrunkener Leute.
Seht ihn euch an, Reto, oder wie er sich heute nennt:
Ist er wirklich der Kumpel, den ihr scheinbar so gut kennt?
Er hat sich unlängst zur Ruhe gesetzt,
Multimedia Production studiert, sich für die JUSO eingesetzt.
Doch sass er auch im Knast und war Mafia-Boss,
also damals wie heute: Ein übler Zeitgenoss.
Und dennoch möchte ich euch bitten eure Gläser zu heben,
lasst uns anstossen auf Reto, für mich: Freund fürs Leben!
Happy Birthday!

Zu guter Letzt ein paar Fotos vom Event, welche das gemütliche Ambiente einfangen (Copyright: Cécile Kühn):

(lhu)

Kritik
von Florin Rüdisühli

Vieles, was hier nun in der Kritik geschrieben werden sollte, steht schon im Eventkonzept, respektive der Dokumentation. Lassen Sie mich dennoch die wichtigsten Punkte kurz zusammenfassen.

Von der Idee zum Grobkonzept

Die Idee für ein Fest kam automatisch. Das ganze grösser und aufwändiger aufzuziehen und multimedial so zu begleiten, dass daraus ein Digezz-Projekt entstehen könnte ging fast schon einher. Also habe ich mich mit den beiden "Protagonisten" zu einem Meeting getroffen, wo wir ein Grobkonzept für den Event entwickeln wollten. Wir haben das mittels Design Thinking gemacht (kein Witz imfall)! Eine Wand voll Post-It's und ein halbwegs gefülltes Dropbox-Paper später stand das Ding. Motto: Rich The Underground, so mit Fotos und digitalen Flyern und so.

Vom Grobkonzept zur Klärung aller Rahmenbedingungen

Welche Location? Wieviele und welche Gäste? Welches Budget? Wieviel Zeitressourcen? Welches Programm? Alle diese Fragen wurden nun geklärt. Ein paar Telefone und zahlreiche Whatsapp-Nachrichten später war der Rahmen geklärt (siehe auch in der Dokumentation).

Vom Motto zur Multimedia-Kampagne

Das Motto fanden wir cool und hat uns begeistert. Davon, wie es gestalterisch umgesetzt werden könnte, hatte ich ein Bild im Kopf. Also habe ich über sieben Ecken einen (unechten!) Pelzmantel aufgetrieben und sonstige Requisiten für das Fotoshooting organisiert, dann einen Termin mit den Geburtstagskindern abgemacht (Nacht musste es sein) und diese entsprechend meinen Vorstellungen fotografiert. Verwendet habe ich teils eine D850 mit einem 58mm Objektiv und teils meine Fujifilm X100F, jeweils mit Blitz.

In der Postproduktion habe ich die Bilder alle im gleichen Look bearbeitet und im Indesign verschiedene Flyer gestaltet. Wichtige gestalterische Punkte waren eine plakative Font (Futura Bold), graphische/abstrakte Formen und gestackte Bilder (siehe Eventkonzept).

Das Format war jeweils 9:16 (also für Handy-Bildschirme optimiert), weil die Bilder über Whatsapp verschickt werden sollten, das wir zur Kommunikation mit den Gästen verwendeten.

Vom Laptop zur Umsetzung

Abgesehen von der Konzeption auf Papier und der Medienproduktion am Screen mussten je näher der Event rückte natürlich auch analoge Arbeiten erledigt werden. Eine ordentliche Sound-Anlage sowie verschiede Beleuchtungsmaterialen und Event-Technik wurden bei einem lokalen Vermieter bestellt. Verschiedne Helfer wurden ausgeboten und Verpflegung sowie Getränke organisiert. Das Programm wurde vorbereitet (das Set der Band sowie des DJs, die unautorisierte Biografie oder eine Piñata in Einhorngestalt zum Beispiel) und die Location inkl. Übernachtungsmöglichkeiten angemietet.

Tag X

Am Tag X haben wir die Location eingerichtet, die gesamte Eventtechnik aufgebaut, die Verpflegung bereitgestellt, einen Soundcheck gemacht, das Programm durchgespielt und gefühlte zehn Stunden im Auto und mit Lieferservice verbracht. Allerdings hat es sich gelohnt: Die Gäste hatten Spass, die Jubilaren hatten Spass und ich auch. Der Abend war so gut, dass die Erinnerung daran das Aufräumen und Putzen am nächsten Tag erträglich machte :)

Alles in allem: Machen wir wieder!

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