The Shapers

Trotz des nicht vorhandenen Meereszugangs gibt es in der Schweiz einige talentierte Surfboard-Shaper. Ich habe mich auf die Suche nach ihnen gemacht und möchte fünf dieser Spezies vorstellen.

Daniel Gagliardi-Paez, Force Line Surfboards

Daniel Gagliardi-Paez prägt den Surfsport in der Schweiz schon seit bald 25 Jahren. Der Gründer von Force Line Surfboards wurde in Rio de Janeiro geboren und shapte bereits mit 12 Jahren sein erstes Surfboard. Nach einer kaufmännischen Ausbildung arbeitete Daniel bei einer Bank in Rio. Mit 21 Jahren war er mit seinem Leben sehr unzufrieden und beschliesst in die USA auszuwandern. Er ging nach San Diego, USA, und lernt dort seine zukünftige Frau kennen. Die beiden beschliessen, sich in der Schweiz niederzulassen. Daniel gefiel die Idee, in einem Land mit Bergen und Schnee zu leben. Als er mit Force Line Surfboards in der Schweiz startet, sagt ihm sein Schwiegervater: «Surfbretter in der Schweiz zu verkaufen, ist wie wenn man Pinguinen einen Kühlschrank verkaufen wolle.» Doch Daniel hat Erfolg. In den 1990er-Jahren bricht ein regelrechter Boom aus, der bis heute anhält. Nach seiner Ankunft in der Schweiz sieht Daniel zum ersten Mal, dass man auch auf Flüssen surfen kann und glaubt erst seinen Augen kaum. Während den Jahren in der Schweiz hat er sein Flussboard «River Game Changer» über Jahre entwickelt und perfektioniert. Nach über 15 Jahren war dieser Prozess 2012 abgeschlossen.

 Fabrizio Tarantino, Tarantino Boards

Etwas über Fabrizio Tarantino herauszufinden, gestaltet sich im ersten Anlauf schwierig. Mit dem Suchbegriff «Tarantino» klappt das überhaupt nicht. Mit dem Zusatzt «Surfboards» schon eher. Fabrizio Tarantino ist Zimmermann mit einer Leidenschaft fürs Surfen. Schon mit den ersten Dings an seinen Boards hat er sich mit dem Material auseinandergesetzt und diese gleich selber repariert. Aus der Lust und Freude an dieser Arbeit entstand der Wunsch, sich neben dem Beruf im Bereich Shaping weiterzubilden. Nach ersten Holzbrettern (Rippenbausatz) gings relativ schnell zum konventionellen Boardbau. Mit einem Shaping-Kurs bei «Semente Surfboards» in Portugal hat Fabrizio sich den endgültigen Schliff bei den Profis geholt. In Baden hat er sich nun eingerichtet und ist der «DingDoc» für Surfari.

Robin Ebenstreit, Ebensurf

Surfen hält jung, bestes Beispiel dafür ist Robin Ebenstreit. Seine 43 Jahre sieht man dem Basler überhaupt nicht an. Er gehört zur Schweizer Surfszene seit den 1990er-Jahren. Seit dieser Zeit hat ihn dieser Sport nicht mehr losgelassen. Seine ersten eigenen Bretter hat er bei Forceline von Daniel Paez shapen lassen. Aber irgendwann kam bei Robin Ebenstreit der Punkt, an dem er sich mehr mit der Materie und dem Shapen auseinandersetzen wollte. Er bestellte sich ein Surfboard bei einem Shaper im Ausland und bekam einen Fragebogen zurück, der ihn völlig überforderte. Bodenkontur, Concave???

Robin Ebenstreit beschreibt diesen Zeitpunkt als eigentlichen Start seiner Shaperkarriere. Er fängt an, seine eigenen Bretter zu shapen. Er ist begeistert von unterschiedlichen Shapes und tüftelt immer an seinen Boards, um seine Performance im Wasser zu verbessern. Ab 2008 wird Robin Ebenstreit unter dem Namen ebensurf.ch Vertreiber für Holzsurfbretter (Rippenbausätze) in Europa. Kunden aus ganz Europa bestellen bei ihm die Holzsurfboards des «Wood Surfboard Supply» aus den USA. Für ihn geht es mit ebensurf.ch nicht darum, fette Gewinne zu erzielen, viel mehr schätzt er die Freundschaften, welche er über die Jahre aufbauen und erhalten konnte. Mittlerweile lebt Robin Ebenstreit mit seiner Familie in Steinhausen im Zugerland und hat seine Werkstatt im Keller eingerichtet. Seine Tochter Lilly hat das Surfen bereits für sich entdeckt, was Robin natürlich sehr freut.

Lukas Wellauer & Tobias Hefti, ltshapes

Das Leuchten in ihren Augen ist gross, wenn Lukas Wellauer und Tobias Hefti darüber reden, wie sie ihre Boards fertigen. Der Geruch, das Gefühl und die Verarbeitung des Materials. Tobias Hefti und Lukas Wellauer haben letzten Oktober «ltshapes» gegründet. Seit mehr als zehn Jahren sind die beiden begeisterte Surfer. Für die beiden war immer klar, dass sie sich mehr mit dem Material auseinandersetzen wollen. Der Traum von eigenen, selbst geshapten Surfboards, welcher bei vielen Surferinnen und Surfern im Kopf herumgeistert, erfüllten sie sich danach bald. Von einer Reise in Frankreich brachte Tobias ein paar Blanks (Rohlinge) und das restliche Material mit und anhand von YouTube-Videos wurden sie zu Heimwerk-Shapern. Schnell gewannen sie Eindrücke, was sie an ihren nächsten Boards ändern müssen, damit diese im Meer und auf dem Fluss funktionieren. Surferinnen und Surfer, mehrheitlich Freunde und Bekannte, wurden auf ihre Boards aufmerksam und bald flatterten die ersten Bestellungen ins Haus. Mit ihren farbigen Boards haben die beiden auch schon ein Markenzeichen für «ltshapes» gefunden. Ihre Bretter fallen auf und sind Unikate. Sie legen sehr viel Wert darauf, ihre Boards mit dem Kunden zusammen zu entwickeln und auf dessen Bedürfnisse einzugehen.

(le)

Kritik
von Patrick Denicola

Idee
Die Idee für diesen Artikel ist entstanden als ich mich nach meinem letzten Surfurlaub meinen Dings (= kaputte Stellen an einem Surfboard) gewidmet habe. Ich habe mich auf die Suche nach einem Shaper gemacht welcher sich meinem Board annimmt. Auf der Suche bin ich auf mehrere Shaper gestossen, obwohl ich eigentlich gedacht habe dass es in der Schweiz nicht viele dieser Sorte geben sollte (wegen dem Meer und so).

Vorbereitung
Ich habe mich mit etwa 8 Shaper in Verbindung gestezt und ihnen mein Anliegen geschildert. 5 haben dann schlussendlich zugesagt, dass sie sich auf ein Interview und ein Fotoshooting einlassen. Ich habe einen einfachen Fragebogen vorbereitet welcher einen Überblick geben sollte über die Shapingskills der einzelnen Surfboardbauer.

Production
Ich habe die einzelnen Shaper in ihren "Wärkstätten" besucht. Ich habe mit ihnen ein Interview gemacht um zu erfahren wie sie auf das Shaping gekommen sind, was ihre Motivation ist das Shaping zu betreiben. Ich wollte durch dieses Interview ein Gefühl bekommen wer sie sind und was ihre Geschichte ist. Anschliessend haben wir ein kleines Fotoshooting gemacht. Hier war mir wichtig, dass ich sicher ein Portrait von jedem einzeln (ausser ltshapes) bekomme und zeigen kann wie die einzelnen Shaper ihre Werkstatt eingerichtet haben.

Post Production
Ich habe die Bilder in RAW Format geschossen.  Die Fotos habe ich im Photoshop bearbeitet.
Bei der Bearbeitung war mir wichtig, dass die Bilder ihre Natürlichkeit nicht verlieren. Ich wollte mit den Bilder nicht den Eindruck eines Hochglanzmagazins entstehen lassen.

Fazit
Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Leute in der Schweiz das Surfboard-Shaping zu ihrem Hauptberuf machen können. Im Fall von Daniel Gagliardi-Paez funktioniert das aber wunderbar. Alle anderen gehen noch irgendeiner Berufung nach und opfern jede Sekunde ihre Privatlebens für das Shaping. Das hat mich tief beeindruckt. Ich habe 5 sehr unterschiedliche Menschen kennen gelernt und habe sehr viel über das Surfboard-Shaping erfahren.

Keine Kommentare

Schreibe einen Kommentar