Hintergründe, Spielregeln und Kommunikation
Ich lebe in einem grossen Block im Breitenrain-Quartier. Bei uns gibt es diverse kleine Wohnungen, die alle zusammen als eine grosse WG funktionieren. Die Anzahl der Bewohner*innen variiert von Zeit zu Zeit. Im Moment sind wir rund zehn Personen.
Vier von uns arbeiten regelmässig im Nachtleben, umso mehr fehlt uns also das Ausgehen, die Musik und die Freiheit. Wir können auf viel Erfahrung zurückgreifen, Situationen gut einschätzen und sind darin geübt, Veranstaltungen sauber über die Bühne zu bringen.
Schon kurz nach der Ausgangssperre im März fing es bei uns im Haus an, zu brodeln. Als ich Freitag Morgen aufwachte, war ich schlecht gelaunt und wusste nicht, was ich mit dem Tag anstellen sollte. Spontan entschied ich mich dazu, dass es dieses Wochenende eine Party bei uns geben musste.
Meine Mitbewohner*innen waren sofort von der Idee überzeugt und das notwendige Equipment noch am selben Tag bei uns. Wir bestimmten alle Rahmenbedingungen und am Samstag ab 10 Uhr fingen wir mit den Aufbau-Arbeiten an.
Alle bleiben in ihren Wohnungen
Die Rahmenbedingungen dieses Raves wurden von uns kollektiv klar definiert: Niemand von ausserhalb darf ins Haus, Bewohner*innen ohne eigenen Balkon sind die einzigen, die sich unten beim Sitzplatz aufhalten sollten und das vermieden werden muss, dass sich Menschen auf der Strasse vor dem Haus ansammeln.
Wir haben unsere Nachbarschaft mit Flyern an den Haustüren informiert, dass ab 18:00 Uhr bis open End getanzt werden kann.
In der Nachbarschaft hatten (fast) alle Freude
Wir erfuhren sehr positive Reaktionen aus unserer Nachbarschaft. Ein Paar gegenüber von uns hat ein Transparent gemalt, auf dem sie sich bei uns bedankten. Diverse Balkone wurden mit Lichterketten geschmückt und ich erhielt diverse Dankes-SMS von fremden Menschen, denen es gut tat, sich wieder einmal mit etwas anderem zu beschäftigen als dem Virus.
Leider gab es halt auch Leute, denen es nicht so gepasst hat. Die Polizei kam zweimal wegen Lärmklagen vorbei. Um 20:30 war dann finito, wir mussten die Musik ausschalten.
Tosender Beifall, Gepfeife und Gutenacht-Wünsche, die durch die ganze Strasse schallten, endeten den Abend.
Mediales Echo
Wir kamen mit unserer Aktion gleich zweimal in dem Medien. Einmal auf Bluewin.ch und einmal auf Radio 3Fach.
(hil)