Eine Serie zu kreieren, in welcher jede Episode mit einem Cliffhanger endet, und im Staffelfinale dann alle Geschichten zusammenhängend aufzulösen – das war die originale Idee. Dann kamen noch schnell viele andere Kriterien dazu. Es sollte alles im Stil der Erfolgsserie «Sherlock» gemacht werden, vor allem die Auflösung zum Schluss. Warum nicht noch eine Webseite, um der Geschichte einen Platz zu geben und wo alle Folgen übersichtlich aufgeführt sind? All diese Dinge in einem sowieso schon vollgepackten Herbstsemester zu bewältigen, war die grösste Challenge. Dachten wir zumindest…

Ideenfindung:
Das erste mal selbst ein Skript schreiben und dieses dann hoffentlich auch umsetzen, das wollten wir gerne noch in unserem letzten Semester Digezz probieren. Die Idee für die Geschichte entstand im Sommer bei einem Kaffee in Zürich. Während man so dort sass, konnte man ohne Probleme der Menschenmenge beim Treiben zuschauen. Dort kam folgender Gedanke auf: Wenn in diesem Moment, an diesem Ort, etwas geschehen würde, dann hätten plötzlich alle Anwesenden etwas gemeinsam, etwas, das sie alle verbindet. Und so wurde die Idee weiterentwickelt, indem wir uns über einem Eiskaffee Geschichten zu den vorbeischlendernden Menschen ausdachten. Der eine könnte ein verkaterter Student sein, der von einer langen Nacht nachhause stolpert und in dem Moment mit einer knallharten Businessfrau zusammenstösst, welche hektisch die Strasse überquert und sicher schon seit dem Morgengrauen wach ist – denn das ist die Art Person, welche morgens vor der Arbeit joggen geht. Die Charaktere wurden immer spannender und so kam die Idee auf, sie in eine Geschichte einzubinden. Bis jedoch der passende Moment kam, in welchem die ganze Geschichte Form annahm, verging noch ein Monat. Eines Morgens, bei der Joggingrunde am Rheinufer, fielen mir wieder die Charaktere aus Zürich ein, und ich überlegte, was dann mit denen hier in Chur passieren könnte.

Die Geschichte könnt ihr hier lesen.

Die Crew:
Anschliessend suchten wir einige Mitstudenten, welchen wir verschiedene Rollen für das Projekt zuteilten. Wir besetzten folgende Rollen:

Crew:
• Laura Barrett: Story/Script/Regie/Allgemeine Organisation
• Tim Stroeve: Script/Kamera/Postproduktion
• Joni Näff: POV Kamera/Schauspieler/Postproduktion/potentielle Webseite
• Fabian Arnold: On-Set Audio/Foley
• Matthias Spicher: Runner/Fahrer/Schauspieler

Schauspieler:
• Nathalie Reichmuth: Schauspielerin
• Manuel Ramirez: Schauspieler
• Marlise Freitas: Schauspielerin

Während der Rollenverteilung mussten wir feststellen, dass wir trotz einem guten Skript niemals an das Niveau von Dialog und Schauspiel kommen würden, an welches wir uns bei TV-Serien gewöhnt sind. Ohne Schauspieler mit Schauspielerfahrung war es unmöglich, den Dialog, den wir uns vorgestellt hatten, umzusetzen.

Die Challenges:
Deshalb mussten wir schon früh einsehen, dass das Projekt, so wie wir uns das vorgestellt hatten, nicht umsetzbar ist. Deshalb entschieden wir uns dazu, uns auf die vier grössten Challenges zu konzentrieren.

Filmen einer Entführung
Die erste Challenge, die wir uns setzten, war eine oder mehrere Action-Szenen zu drehen, dies dazu noch aus zwei verschiedenen Perspektiven; aus der des Entführers und der Entführten.
Zuerst organisierten wir eine mehr oder weniger «sichere Entführung». Damit meinen wir eine komplett durchgedachte Szene, in welcher wir jeden einzelnen Schritt zuerst geübt- wie auch sichergestellt hatten, dass es sich beim Drehort nicht um eine öffentliche Strasse, sondern um einen Privatparkplatz handelt. Dort waren wir ungestört. Alle unbeteiligten Personen waren informiert und niemand fühlte sich daran gestört.
Bei der Entführung auf öffentlichem Gelände mussten wir einige Faktoren mehr einberechnen. Wir informierten die zuständige Polizei und sicherten uns ab, dass unser Vorhaben nicht illegal war. Wir nannten den Behörden den Ort sowie das Zeitfenster, gaben an, wie viele Personen zum Dreh gehörten und was wir genau vorhatten. So konnte im Falle eines Anrufes Unbeteiligter entsprechend gehandelt werden. Zudem musste die ganze Crew, die nicht im Bild war, eine Leuchtweste tragen, um Unbeteiligte so gut wie möglich auf uns aufmerksam zu machen. Und dennoch mussten wir vielen Passanten erklären, dass sie nicht wirklich Zeugen einer Entführung waren, sondern nur beim Dreh eines Studentenfilmes.

Filmen aus der Point-of-View-Ansicht
Damit sich die Episode des Entführers von derjenigen des Opfers auch visuell unterscheidet, entschieden wir uns dazu, etwas zu probieren, was wir in noch keinem Projekt probiert hatten: Das Filmen der Point-of-View-Sicht.
Zuerst haben wir uns überlegt, eine A7III auf einen Helm zu montieren, um so die bestmögliche Qualität zu erhalten. Dies erwies sich jedoch als aufwendiger als erwartet und auch das ständige Wechseln von Stativ/Gimbal auf dem Helm hätte unseren, sowieso schon knappen, Zeitplan noch mehr unter Druck gesetzt.
Wir entschieden uns dazu, eine GoPro Hero 5 Black auf den Helm zu basteln. Die Qualität ist zwar bei weitem nicht so gut wie die der A7III, jedoch für unsere Zwecke ausreichend.

Renn-Szene
Da eine Action-Szene nicht genug war und wir, falls die Entführungen komplett scheitern sollten, doch noch etwas Action in unserer Serie haben wollten, planten wir diverse bewegte Shots ein. Jedoch stellte sich heraus, dass sogar eine «einfache» Renn-Szene schwierig umzusetzen sein kann. Da die Szene am frühen Morgen im Dunkeln spielt, mussten wir mit einer Blende von f1.8 filmen. Somit war es eine Herausforderung, die rennende Person scharf zu halten. Auch kann man nicht einfach mit einem Gimbal vor einer Läuferin weglaufen, denn egal wie gut der Gimbal ist, die Aufnahme wackelt. Also musste ein Auto her…
Wir hatten zum Glück das HTW-Auto als Material- und Entführerauto ausgeliehen und fuhren mit diesem rückwärts auf die Rheinpromenade. Tim sass hinten im Kofferraum mit offenen Türen und filmte die Joggerin so von vorne.
Das Problem der verwackelten Aufnahmen war so gelöst, die Person im Fokus zu behalten war aber trotzdem noch sehr schwierig. Es mussten einige Takes aufgenommen werden, was wiederum viel, eh schon zu knappe, Zeit kostete.

Mehrere Szenen zur gleichen Zeit filmen
Die weitaus grösste Herausforderung war jedoch das Filmen der Szenen, die zur gleichen Zeit spielten. Aufgrund der knappen Zeit rechneten wir mit einem langen Drehtag. Doch schon kurz nach dem Drehbeginn um 05:00 Uhr mussten wir feststellen, dass die Zeit nirgends hinreichen wird. Wir mussten die Sicht von vier Personen zum gleichen Zeitpunkt filmen. Aufgrund der schnell aufgehenden Sonne und den sich ändernden Wetterverhältnissen konnte so nie ein Bild erstellt werden, das den Anschein erweckt, zur gleichen Zeit zu spielen.
Eine lang andauernde Schiessübung des Militärs spielte uns auch noch entscheidend in die Karten. Der eigentliche Schlüsseldialog konnte so nicht ohne Unterbrechung oder signifikante Störgeräusche aufgenommen werden.
So hinkten wir dem Zeitplan immer mehr und mehr nach. Unter dem Zeitdruck litt die Qualität der Bilder und auch gingen diverse Aufnahmen vergessen oder wurden schweren Herzens bewusst weggelassen.

Postproduction:
Für die Postproduktion hatten wir grosse Pläne. Wir wollten viel mit Smartphone Pop-Ups arbeiten, Logos von Autos verschwinden lassen und sogar den Rhein anders einfärben! Doch daraus wurde aufgrund der knappen Zeit leider nichts.

Equipmentliste:
• Sony A7III
• Sigma 18-35mm f1.8
• Dji Ronin M
• Small HD 701
• Sachtler Stativ
• 2x Rode Funk Mic
• Zoom H5
• Sennheiser Richtmikro
• GoPro Hero 5
• alter Motorradhelm

Enblicke in die Aufnahmen

(lhu)

Kritik
von Tim Stroeve, Laura Barrett, Jon Andri Näff, Fabian Arnold und Matthias Spicher

Es war durchaus eine gute Erfahrung denn ganz alleine mit der Idee aufzukommen und diese irgendwie, am Anfang sogar mehr schlecht als recht, aufs Papier zu bringen. Dann diese Idee jemandem zu erklären so dass diese Person dann auch an Bord ist, um dann gemeinsam weiter zu schreiben, hört sich schon nicht einfach an, und das könnt ihr uns glauben, das war es auch nicht. Wir wussten das Skripte schreiben sicher mal nicht einfach sein würde, aber dass es sich als so knifflig herausstellen würde, war niemandem von uns klar. Man konnte sich nicht einfach nur auf die Story konzentrieren sondern musste sich gleichzeitig auch immer die Einstellungen, die länge des Shots und den Dialog überlegen. Vor allem die Crossover-Passagen waren sehr schwer aufeinander abzustimmen, damit jede Geschichte von der Abfolge immer noch logisch war.Für dass, das es sich um das erste von uns selbst geschriebene Skript handelt, sind wir aber doch relativ stolz darauf.

Etwas weiteres, was wir sicher vorher in Betracht nehmen hätten können, sind die von uns schon im Beitrag erwähnten Challenges. Denn das man immer noch mehr Zeit einplanen muss bei Sachen die noch keiner in der Crew umgesetzt hat, wissen wir, wir waren bloss ein wenig zu optimistisch eingestellt. Es hielt uns nicht davon ab alles zu drehen. Nur hatten wir dadurch sehr lange Arbeitstage. Hier muss man auch einen grosses Dankeschön an die Crew aussprechen! Denn die haben ohne zu murren alles bei eisiger Kälte mit gemacht, bis zum bitteren Ende. Aber beim nächsten mal werden wir mit Sicherheit einen oder zwei Tage mehr einplanen, damit man sich dann bei den einzelnen Szenen auch viel mehr Zeit lassen kann.

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