Acheronian Scar | Past The Gate

The gates are open, no escaping, I cannot bear this atmosphere any longer, it drives me crazy, the omnipresent death, smell of rotten flesh, I can hear them scream.

Elias (Gesang und Gitarre), Jonas (Bass), Lukas (Drum) und Silvan (Gitarre). Das sind die Jungs von Acheronian Scar. So komplex wie ihr Name, ist auch das Konzept hinter dem Mega-Album, welches im September 2019 erscheint. Und so wie die Band eine zehnjährige Geschichte trägt, ergeben auch die Songs eine ganze Geschichte, die auf der griechischen Mythologie basiert: Zeus hat den Menschen das Feuer weggenommen. Deshalb geht ein Grieche auf eine Mission: Um die Welt zu retten, reist er zu einem See in der Unterwelt. Doch als er dort ankommt, muss er erfahren, dass er sich vergebens auf den weiten Weg gemacht hat. Prometheus ist bereits dran, die Welt zu retten. Doch Hades, Gott der Unterwelt, hat den Griechen belauscht und lässt ihn nicht im Stich…

Hier kommt das Musikvideo zur offiziellen Single des Albums, Past The Gate.

(lhu)

Kritik
von Charleen Bretteville, Kim Valéry Corpataux und Milena Steiner

Idee & Konzeption

Die Anfrage für die Produktion eines Musikvideos kam von Freunden, die vor zehn Jahren die Metal-Band Acheronian Scar gründeten. Da sie im 2019 ein neues Album releasen, wollten sie zur offiziellen Single des Albums ein Musikvideo drehen.

Da der Dreh eines Musikvideos für alle drei von uns eine Premiere war, organisierten wir als erstes einige Coachings. Thomas Weibel und Serge Djoungong gaben uns wertvolle Tipps mit auf den Weg: Thomas Weibel erzählte uns einiges über die symbolischen, fiktionalen, wie auch dokumentarischen Ebenen in Musikvideos. Serge Djoungong legte uns das Erstellen eines Moodboard ans Herz. Gleich im Anschluss liessen wir uns von verschiedenen Musikvideos aus dem gleichen oder ähnlichen Genres inspirieren. Bei interessanten Stellen analysierten wir Frame für Frame, wie gearbeitet wurde, damit wir die Technik auch anwenden konnten. Hier ein Beispiel, wo wir eine Stelle vom Song Mantra von Bring Me The Horizon genauer angeschaut haben:

Mit der Band trafen wir uns mehrmals, um ihre Vorstellungen und Wünsche herauszuspüren, Ideen zu besprechen das Material zu organisieren. Die Entscheidung zur Location hatte uns die Band bereits abgenommen: Sie wollten in einer alten Scheune drehen und hatten dazu auch schon eine passende Location, die auch wir vorab mehrmals besichtigten.

Inhaltlich stellte sich die Band eine schlichte Live-Performance vor. Darum war die Konzeptionierung für uns anfangs schwerer, als gedacht. Die grösste Herausforderung war, trotz fehlender Story, spannende Szenen zu entwickeln, die verhindern sollten, dass das Musikvideo zu 08-15 wird. Also nahmen wir Serges Tipp ernst und kreierten mit Lichtsituationen aus bestehenden Musikvideos ein Moodboard. Dieses half uns, zu bestimmen, bei welcher Stelle im Song jeweils eine andere Lichtsituation folgen und bei welchen Parts wir spezielle Ideen einbauen konnten. Aufbauend auf dem Moodboard, fertigten wir ein sehr detailliertes Drehbuch an, welches nebst Beispielen zu Lichtsituationen auch Einstellungen, Zeitangaben und zusätzliche Informationen wie Rauch oder Farbe der Lichter beinhaltete.

Unter Berücksichtigung des Tageslichts, des Lärms (Musikanlage und Schlagzeug), der Planung des Mittagessens, der Reihenfolge der zu benötigten Bandmitglieder (Pausen einplanen) und aller Kameraeinstellungen, erstellten wir den Drehplan. Dieser ermöglichte uns, einen konkreten Überblick über die gesamte Produktionsdauer des Drehs zu haben. Folgende Inhalte fanden Platz:

  • Lichtsituation (mit Bild, damit für alle auf einen Blick klar war, welche Szene gemeint war)
  • Wer spielen musste (alle Bandmitglieder oder einzelne Personen)
  • Ausschnitt des Songs (ganz oder nur z.B. Solo)
  • Bild-Einstellung (z.B. Totale, frontal, seitlich etc.)
  • Art und Weise der Aufnahme (Stativ, von Hand, Gimbal)


Equipment

Nebst der Produktion des Musikvideos, war auch die Bedienung der Technik eine Premiere, denn mit vielen der ausgeliehenen Produkten hatten wir bisher noch nie gearbeitet. Ziel war es, Neues kennenzulernen, um das Know-How im technischen Bereich erweitern zu können (zB Arbeit mit DJI Ronin M, Einsatz von künstlichem Licht etc.). Es folgt eine Auflistung der verwendeten Technik während der Drehtage:

Equipment von der Technikausleihe der HTW Chur und HKB

Filmmaterial:

  • Drei Canon 5Ds, damit wir alle mit der gleichen Kamera und denselben Einstellungen filmen konnten.
  • Eine Panasonic Lumix GH5s aufgrund der Kompatibilität mit der DJI Ronin-M
  • Drei Monitore, die uns vieles erleichterte: Grösseres Bild, verstellbarer Winkel für besseres Preview, Focus Assistant
  • Die DJI Ronin M hatten wir zum ersten Mal genutzt - aus diesem Grund erhielten wir dazu eine Einführung der Ausleih-Verantwortlichen der HKB
  • Ein Stativ

Licht:

  • Ein Roto Light Koffer mit Farbfolien
  • Zwei Lichtstative

Equipment der Band

Das Kunstlicht, welches wir verwendeten, wurde von der Band bereitgestellt. Sie boten uns  Hilfe bei der Installation und Montage (z.B. Befestigung an der Decke, Wand etc.), was uns natürlich sehr entgegenkam:

  • mehrere Bühnenscheinwerfer (in verschiedenen Farben)
  • kleine, farbige Lichter mit Farbfolien
  • Strobo
  • Blinders
  • Nebelmaschine
  • Musikanlage: Diese war äussert notwendig, da die Band unbedingt im gleichen Tempo, wie der fertig-produzierte Song spielen musste, den wir ja dann unter das Video legten
  • Stromversorgung
  • → diese Sachen hätten wir in der Ausleihe gar nicht holen können

Eigenes Equipment

  • Zwei Fotostative
  • Ein schwarzer Molton zur Abdeckung undichter Stellen in der Scheune, sodass kein natürliches Licht ins Innere eindringen konnte
  • Handyhalterung für die DJI Ronin M, um das Smartphone als Monitor benutzen zu können (Verbindung mit Panasonic-App)

Dreh

Trotz guter Planung, kann manchmal so einiges schiefgehen: Fünf Tage vor dem geplanten Dreh mussten wir erfahren, dass der Besitzer der geplanten Scheune seine Zusage zur Benutzung der Location zurückzieht. Aus diesem Grund mussten wir uns auf die Suche nach Alternativen machen, denn ein anderes Datum kam nicht in Frage. Als die Band nach etlichen Telefonaten tatsächlich eine Alternative fand, die nur wenige Meter von der ursprünglichen Scheune entfernt lag, konnten wir den Dreh wie geplant durchführen:

Vorab informierten wir aufgrund des Einsatzes einer Nebelmaschine die regionale Polizei sowie die Feuerwehr, falls Rauchmeldungen eingehen würden. Zudem planten wir einen ganzen Tag ein, um alle Lichter zu montieren, das Drehbuch durchzugehen und Testaufnahmen zu realisieren. Zum letzteren Punkt fertigten wir am Abend einige Color-gegradete Outputs an, um die Lichtsituationen bewerten zu können. Zudem wollten wir anhand dieser Testaufnahmen herausfinden, wie viel Spielraum wir bei der Canon 5D und der Panasonic GH5s mit dem ISO hatten, bevor das Bild zu rauschen beginnt (Canon 5D: 500 | GH5s: 1600). Dieser Punkt war insbesondere wichtig, da wir aufgrund wenig Licht viel Schwarz im Bild haben würden.

Am selben Abend definierten wir zudem die Verantwortlichkeiten der einzelnen Personen. Dieser Workflow hatte sich sehr bewährt, denn an einem solch langen Drehtag gab es viele einzelne Details zu bedenken, die rasch vergessen gehen konnten:

  • Kim: Akkus und Speicherkarten
  • Milena: B-Roll
  • Charleen: Drehplan / Drehbuch

Der Drehtag

Uns war klar, dass der Drehplan sehr eng berechnet war. Wir hofften, alles an einem Tag durchzubringen. Die erste Lichtsituation brachte uns aber bereits in den Verzug. Wir - wie auch die Jungs von der Band - mussten am Anfang zuerst warm werden. Dann kam noch hinzu, dass der Bauer, welchem die Scheune gehörte, schon nach etwa drei Stunden Dreh vorbeikam. Er erhielt ständig Anrufe von Leuten, die dachten, seine Scheune brennte. Darum bat er uns, mit dem Rauch aufzuhören und wenn möglich leiser zu sein. Zum Glück hatten wir fast alle Szenen, wo Nebel nötig war, bereits durch. Zudem zogen wir die Aufnahmen mit dem Schlagzeug vor, damit sich der Lärm nicht durch den ganzen Tag hindurchzieht.

Am Nachmittag konnten wir dann effizienter arbeiten und die Zeit wieder aufholen. Es war ein sehr anstregender Drehtag, denn es war kalt und nach zehn Stunden Denkarbeit und Kamera sowie DJI Ronin M halten, wurde es so langsam anstrengend. Auch die Band war nach all den Stunden mittlerweile unkonzentriert und ungeduldig, was uns nicht sehr entgegenkam, denn als letzte Einstellung hatten wir die Schwierigste geplant: Das Gitarren-Solo, wo die Bandmitglieder im Bild auftauchen und wieder verschwinden sollten. Zwar zog sich vor allem das Austesten dieses Shots in die Länge aber schlussendlich hatten wir eine gelungene Aufnahme im Kasten.

Der Dreh hat uns trotz Schwierigkeiten sehr viel Spass bereitet! Zu sehen, was mit einer guten Vorbereitung und Planung alles möglich ist, hat Motivation für künftige Projekte geschaffen!

Postproduction

Im ersten Schritt widmeten wir uns der Synchronisation jedes einzelnen Clips mit dem fertigen Song. Wir legten mehrere Sequenzen nach Lichtsituationen des Drehbuchs an. So hatten wir den besten Überblick.

Der Rohschnitt, der als nächstes folgte, konnten wir aufgrund des sehr genauen Drehbuchs gut im Team aufteilen. Dies liess Raum für Kreativität: Wir mussten uns lediglich Gedanken über die Übergänge machen und in welchem Tempo wir auf den Takt schneiden möchten.

Nach der Anfertigung des Rohschnitts, trafen wir uns wieder mit der Band. Sie gaben uns konkrete Anpassungsvorschläge, die sich vor allem auf Synchro-Fehler bezogen. Diese waren, aufgrund des schnellen Tempos des Songs, für uns kaum erkennbar gewesen. Mit dem Feedback der Band konnten wir diese kleinen Fehler effizient korrigieren und direkt mit dem Feinschnitt starten.

Vor dem Color Grading unterlegten wir den fertigen Schnitt mit der gemasterten Version des Songs, die uns von der Band nun zugestellt wurde.

Die Color Correction und das Color Grading waren ziemlich aufwändig, da wir bei der Panasonic GH5s mit S-Log und bei der Canon 5D mit Cinestyle gefilmt hatten. Beim Color Grading arbeiteten wir zusätzlich mit einem LUT, der uns allen sehr gut gefiel. Zudem fügten wir den Faded-Film Effekt ein, um einen noch stärkeren Cinematik-Look generieren zu können.

Nachdem wir das Musikvideo fertig hatten, erstellen wir aus demselben Material noch einen 15-sekündigen Trailer für die Social-Media-Kanäle der Band. So können sie Werbung für ihr neues Album machen.

Software

  • Adobe Premiere Pro
  • Adobe After Effects
  • Adobe Photoshop

Promo-Plan

Nebst der Produktion des Musikvideos und dem Trailer, erstellten wir im Anschluss einen kleinen Promotions-Zeitplan. Auslöser dafür war, dass die Band konzeptlos unsere Inhalte veröffentlichen wollte. Wir fanden, dass sich das Potential von Social-Media besser ausnützen liesse und überlegten uns darum, wann welche Veröffentlichung Sinn machen würde.

Dazu recherchierten wir zu Social-Media-Marketing, aber vor allem auch zu Musik-Promotion und Releaseplanung. Für die Timetable berücksichtigten wir dann alle ihre Kanäle (Facebook, Instagram, YouTube, Spotify, Webseite) und die schon gefixten Milestones (Interview im Radio, Plattentaufe etc). Wir versuchten auch, viel weiter zu denken als bis zur Veröffentlichung unseres Musikvideos und planten darum mehrere Wellen ein - auch bis nach der Plattentaufe im September.

Fazit & Learnings

Für uns alle war diese Art von Videoproduktion das erste Mal. Die exakte Preproduction hatte sich extrem gelohnt, was sich beim effizienten Dreh und in der Postproduction zeigte. Die Arbeit mit dem «Auftraggeber» vorab, am Set und danach war sehr angenehm - Es war ein grosses Team mit demselben Ziel.

Im Folgenden einige Learnings, die wir aus der Produktion mitnehmen:

  • Sofern wir Einstellungen geplant haben, bei denen wir uns aber nicht sicher sind, ob sie auch so umsetzbar sind, brauchen wir unbedingt einen Back-Up Plan.
  • In dunklen Lichtverhältnissen sollten wir bei der Panasonic GH5s in Verwendung mit der DJI Ronin M keinen Autofokus verwenden, da diese ständig sucht. Bei Tageslicht ist der Autofokus in Ordnung.
  • Allgemein müssen wir uns mit der DJI Ronin M mehr bewegen.
  • Wenn wir verwackelte Aufnahmen für ein Musikvideo benötigen, sollte der Stabilisator ausgeschalten werden. Das hat eine noch stärkere Wirkung zur Folge.
  • Gewisse Aufnahmen hatten wir zu komplex durchdacht, obwohl einfachere Umsetzungen möglich gewesen wären, zB: Dreheffekt mit der Band zeitlich exakt geplant: Wir hätten aber auch in der Post mit Time-Remapping arbeiten können.
  • Die Bandmitglieder haben sich auf den Aufnahmen teils zu wenig bewegt, bzw. nicht Vollgas gespielt (damit nicht zu viel Lärm für die Bauern rundherum entsteht).Das ist auf den Aufnahmen sofort ersichtlich.
  • Eine Totale ist bei solch schneller Musik fast überflüssig. Viel wichtiger sind Nah- und Detailaufnahmen, da diese hektischer und somit mehr wirken.

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