Cinemagraphs

Ein flüchtiger Moment. So sehr wünscht man sich manch einen zu bewahren, ihn festzuhalten und nie mehr gehen zu lassen. Genau dieses Gefühl, wenn auch nicht ganz so dramatisch,  inspirierte uns zu diesem Digezz-Projekt.

Cinemawas?

Cinemagraphs sind GIFs, die nur eine minimale Bewegung enthalten. Diese Technik lässt ein Foto realer wirken und haucht ihm gleichzeitig Leben ein. Wie so üblich bei GIFs werden auch Cinemagraphs im «Loop» abgespielt. Dies bedeutet, dass sie sich unbegrenzte Zeit wiederholen. Was Cinemagraphs ausserdem von normalen GIFs unterscheidet, ist die Tatsache, dass darauf geachtet werden muss, dass der «Loop» nicht zu erkennen ist. Man sollte auf keinen Fall sehen können, wo genau das GIF endet und wieder von Neuem abgespielt wird.

Anwendung

Cinemagraphs finden immer mehr Verwendung auf den Webseiten von Firmen aber auch auf privaten Blogs oder Portfolios. Das Wall Street Journal meinte zur Verwendung von Cinemagraphs Folgendes:

«In einem Versuch gegen all den Lärm anzukommen, experimentieren Vermarkter immer mehr mit visuellen Tricks und Gimmicks, um die Aufmerksamkeit des Konsumenten zu erhalten – wenn auch nur für einige, wenige Sekunden. Cinemagraphs sind ein aktuelles Beispiel einer solchen Taktik.»

Gerade im Bereich von Social Media sieht man Cinemagraphs immer öfter. Die amerikanische Fernsehserie «Bates Motel» veröffentlichte auf all ihren Social Media Kanälen Cinemagraphs, um die neuste Staffel der Sendung zu promoten.

Natürliche Cinemagraphs

Die prägnante Wirkung der GIFs und die Technik, die dahintersteckt, hat uns fasziniert, weshalb wir selbst welche erstellen wollten. Die Natur um uns herum diente als Inspiration und so machten wir uns auf den Weg zu schönen Spots und Locations im Kanton. Wir merkten schnell, dass mit natürlichen Bewegungen wie Wind, Wasser oder Feuer die spannendsten Cinemagraphs entstehen.

Rheinschlucht

Im «Affenzahn» fuhren wir entlang der Rheinschlucht in Richtung Versam. Es war einer dieser ersten Sommerabende, die eine gewisse Magie versprechen. Durch das junge, sattgrüne Blätterdickicht hin zum tiefblauen Rhein. Zwischen den schroffen Kalk- und Sandsteinformationen schlängelt er sich noch roh und ursprünglich seinen Weg durch das Sediment der Jahrtausende. Auf die denkbar männlichste Art und Weise, mit Feuerstahl und Messer, entfachten wir ein Feuer, welches kurze Zeit später zum lodernden Flammenturm wurde. Tollkühne Schwalben die sich waghalsig gen tobende Gischt stürzen, um vor den weissen Felswänden Mücken, ihre fast chancenlose Beute, zu fangen. Das sanft im Wind tanzende Tannengrün und die sacht wankenden Äste der Bäume, die dem sterbenden Licht einen letzten Gruss entbehrten. All das mussten wir einfach festhalten. Wie in Trance richteten wir unsere Linsen auf alles, was sich auch nur minimal interessant bewegte. Vögel. Bäume. Der typisch rote Zug, der malerisch durch die Wildnis rollt.

Crestasee

Den zweiten Anlauf wagten wir am Crestasee. Neben den zahlreichen Hipstern mit ihren Wolldecken und Yogamatten, den mehr oder weniger einflussreichen Influencern mit ihren Drohnen, sassen wir auf dem Steg, zufrieden und die Hände verschmiert vom Öl der Erdnussflips. Im Schilf kämpfte sich eine Maus mühsam vom Wasser zu ihrem Loch. Vielleicht muss die Ruhe erst in einen selbst einkehren, bevor man reif ist, sie mit einem GIF in die Ewigkeit zu zwingen.

(ae)

Kritik
von Jana Figliuolo und Kevin Wildhaber

Idee

Spannende Augenblicke auf ewig zu konservieren. Nicht zuletzt herrscht zur Zeit ein wahrer Hype um die kleinen, bewegten Naturbilder. Wir waren aber auch fasziniert von der Fusion der beiden Medien Film und Fotografie. Es eröffnet einem ganz neue, kreative Möglichkeiten, die beim Filmen oder Fotografieren alleine nicht entstehen würden. So begannen wir zu überlegen, welche Situationen sich am besten eigenen würden um Cinemagraphs zu erstellen und was für Bewegungen wir am spannendsten fänden.

Vorbereitung

Schnell war klar, dass sich in der Natur, sehr viele Bewegungen finden lassen, die sich perfekt für Cinemagraphs eignen. Wir suchten nach passenden Locations und erstellten eine Liste von Shots, die wir benötigten.

Mittlerweile gibt es mehrere Anbieter von Apps, die versprechen, durch einfachste Prozesse und in kürzester Zeit, individuelle Cinemagraphs zu generieren. Ehrlich gesagt, war und ist uns dieses Geld zu schade und wir wären keine MMP’ler, wenn wir sowas nicht selbst zusammenbasteln könnten oder zumindest ein Tutorial dazu fänden.

Wir suchten im Internet nach guten Tutorials, die einfach und präzise erklären, wie man Cinemgraphs erstellt. Dort stiessen wir auf verschiedene Techniken, wie man die GIFs erstellen kann: Manche raten dazu sie im Premiere Pro zu erstellen, andere im After Effects oder in Photoshop. Schlussendlich fanden wir dieses Tutorial und entschieden uns deshalb, die GIFs mit im Photoshop zu bearbeiten.

Umsetzung

Mit Spiegelreflex und Stativ brachen wir auf. Teilweise zeichneten wir Videos in Full HD bei 25 Frames auf und teilweise, da es bei der erzielten Bildqualität der Gifs kaum drauf ankam, in HD bei 60 Frames. Dadurch konnten wir einige der Bewegungen noch verlangsamen. Im anschliessenden Prozess griffen wir ausschliesslich auf Photoshop zurück. Wir kreierten eine neue Videogruppe und kopierten einen bestimmten Frame und fügten ihn wieder ein. Diesen über das Video gelegt, konnte er mittels einer Maske an all den Stellen entfernt werden, an welchen Bewegung stattfinden sollte. Anschliessend kopiert man das Video, nimmt den Anfang und lässt ihn mittels Keyframe am Ende wieder einfaden. Auf diese Weise kann ein Gif perfekt geloopt werden. Dann nur noch  exportieren (für Web). Endlosschleife anwählen und die Bildgrösse auf ca.720px setzen. Alles andere ergäbe eine zu grosse Datei um sie noch irgendwo im Web sinnvoll einzusetzen. Generell sollte die Dateigrösse nicht über 1-1.5MB hinausgehen.

Fazit

Das erstellen solcher Cinemagraphs ist ein echt spannender und sehr unterhaltsamer Prozess. Es ist nicht zu kompliziert und man hat die Freiheit viele neue Dinge auszuprobieren. Teilweise treibt einem der Versuch einen sauberen Loop zu basteln an die Grenzen der Verzweiflung. Dieser Moment kommt aber wohl bei fast allen (experimentellen) Projekten früher oder später. Obwohl wir von Anfang an wussten, wir würden nicht gestochen scharfe, klare Bilder erhalten (weil Gif und klein), bleibt eine gewisse Frustration erhalten. Wir trösten uns damit, dass es auch als Stilmittel verstanden werden kann.     

 

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