Selbst wenn schon seit geraumer Zeit das Gerücht kursiert, die soziale Plattform habe ihren Zenit überschritten und befinde sich auf dem absteigenden Ast: Die offiziellen Jahreszahlen von Facebook strafen alle Zweifler Lügen. Noch immer betreten täglich ungefähr dreimal mehr Menschen die Ländereien von König Mark, als dies beim Konkurrent Twitter der Fall ist (ca. 350 Millionen aktive Nutzer pro Tag). Mit der zunehmenden Anzahl an Logins steigen auch die Werbeeinnahmen. Rund sieben Milliarden US-Dollar konnten im vergangenen Jahr in die Schatztruhe des Monarchen gespült werden. Der Internet-Gigant hat sich deshalb zum Ziel gesetzt, zukünftig auch die Verweildauer seiner Vasallen nach dem Betreten seines Einflussbereichs zu erhöhen. Pfade, welche vom Gebiet des Königs weg in fremde Länder (sprich: auf andere Webseiten) führen, sollen geschlossen werden. Benutzer sollen ihre News direkt auf Facebook lesen, das Ansteuern externer Anbieter wie 20 Minuten oder Blick.ch in der Schweiz soll nicht mehr nötig sein. Die Idee der «Instant-Articles» wurde geboren.
Instant-Articles: Die Zukunft digitaler News
Mit Hilfe dieser «Sofort-News» erhalten Medienhäuser eine neue Möglichkeit, ihre Inhalte leserfreundlich auf Facebook zu veröffentlichen. Das Prinzip ist simpel: Unternehmen erstellen ihre Artikel entweder direkt auf der sozialen Plattform oder schicken bereits vorhandenen Content von Drittseiten z.B. via WordPress-Plugins an «König Marks» Datenprüfer. Nach deren Review wird – sofern die zu publizierenden Texte und Bilder mit den Gesetzen des Reiches übereinstimmen – ein hübsch gelayouteter Artikel generiert, und auf Facebook direkt eingebunden. Als Resultat werden die Leser mit enorm kurzen Ladezeiten beglückt: Klickt man auf einen Instant-Article, wird die folgende Seite bis zu achtmal schneller geladen, als dies bei einer Weiterführung auf eine externe Webseite der Fall wäre. Zudem sind die Inhalte für ein mobiles Leseerlebnis optimiert und die Navigation zwischen Artikel und Facebook-Feed eines Medienanbieters ist einfacher möglich.
Wer jetzt neugierig geworden ist: Der Spiegel setzt als eine der ersten Zeitschriften im deutschsprachigen Raum bereits auf Instant-Articles. Einfach innerhalb der Facebook-App auf die Spiegel-Seite navigieren und selbst erfahren, worin die Zukunft schneller News im Internet liegt.
«M»: Der Butler als Cyborg
Der Spiegel ist es jedoch auch, welcher einen Schwund an jüngeren Konsumenten bei Facebook ausmacht. Längst scheint die Plattform nicht mehr so «hip» und «trendy» zu sein, wie dies 2010 noch der Fall war. Bei den Teens hat die Nutzung von Zuckerbergs Netzwerks abgenommen. Gestiegen ist hingegen die Verwendung von Messenger-Diensten zur Kommunikation unter Freunden. Über 80% der Jugendlichen geben an, ihr Smartphone hauptsächlich zum Chatten zu verwenden. Und wer herrscht über den heutzutage wichtigsten Online-Messenger? Genau: König Mark und sein Hofstaat.
Durch Einverleibung der überaus beliebten Anwendung «WhatsApp» (über 1 Milliarde Nutzer und über 63 Prozent des Marktes) konnte sich der selbstgekrönte New Yorker Internet-Herrscher im Jahre 2014 die Macht im digitalen Reich auch auf längere Zukunft hinaus sichern. Dass die Wichtigkeit von Chat-Services früh genug erkannt wurde, zeigte die etwa gleichzeitig stattfindende Entkopplung des Facebook-Messengers (ca. 15 Prozent Marktanteil) von seinem Mutterprogramm. Doch der Imperator will noch mehr: Nachdem in Amerika bereits die Möglichkeit besteht, Geldbeträge direkt via Facebook-Messenger zu übermitteln, soll diese Funktion jetzt auch in unseren Breitengraden Fuss fassen. Wer jetzt an die zukünftigen Sammelmöglichkeiten für Daten denkt, ist ein Schelm!
Auch eine nahtlose Integration des Fahrdienstes «Uber» ist im Facebook-Messenger bereits implementiert – vorerst allerdings nur in den Vereinigten Staaten. Ebenfalls leider noch nicht in Europa verfügbar, ist der virtuelle Assistent «M», Facebooks Alternative zu Siri und Cortana. Er – oder besser: «es», im Gegensatz zu ähnlichen Diensten ist «M» nämlich geschlechtsneutral – soll dem Volk das Leben in König Marks Imperium erheblich erleichtern. Als digitaler Butler soll «M» Zuckerbergs Gefolge ermöglichen, Aufgaben wie das Bestellen von Waren oder die Routenfindung im Internet zu vereinfachen. Interessant hierbei ist, dass es sich bei «M» nicht wie bei der Konkurrenz um eine rein digitale Dienstleistung handelt: Das Programm wird zusätzlich von realen Facebook-Mitarbeitern bewirtschaftet und bietet somit eine hybride Funktionalität aus digitaler und echter menschlicher Hilfestellung.
Free Basics: Das Web jetzt auch worldwide
«Eine Welt voller Freunde» war bereits zu Beginn der Plattform Hauptslogan des Facebook-Gründers Zuckerberg. Mittlerweile geht der König sogar noch ein paar Schritte weiter: Die digitale Vernetzung sei ein Menschenrecht, welches jedem zustehe. Mit Hilfe der Kampagne «Free Basics» und der Plattform Internet.org will der Sohn jüdischer Eltern und Bruder dreier Schwestern das Internet auch für mittellose Menschen zugänglich machen.
Ärmere Regionen der Welt sollen kostenlosen Zugang zu wichtigen Online-Diensten wie Wikipedia und natürlich Facebook sowie WhatsApp erhalten. In Zusammenarbeit mit Partnern wie Samsung, Nokia oder Opera soll somit allen Personen, denen die Tore zum Königreich bisher verschlossen blieben (immerhin sind ca. zwei Drittel der Weltbevölkerung noch immer ohne Internetanschluss) der Weg ins digitale Glück erleichtert werden. Dabei soll Menschen mit geringem oder keinem Einkommen ermöglicht werden, sich ohne zusätzliche Kosten über wichtige Themen wie Gesundheit, Bildung und den Arbeitsmarkt zu informieren.
Die Kritik nimmt zu
Die scheinbare Selbstlosigkeit Zuckerbergs bleibt nicht ohne Kritik: Im Hinblick auf die Wahrung der Netzneutralität hat der indische Staat das Free Basics Programm verboten. In Ägypten wurde ebenfalls bereits juristisch gegen die Kampagne vorgegangen. Doch nicht nur das vermeintliche Gratis-Angebot bereitet dem König Sorgen: Auch das langsame Bewusstwerden diverser Regierungen bezüglich Datenschutzbestimmungen bringen den Giganten zunehmend in Bedrängnis. Die Seite «Europe vs. Facebook» sammelt hierbei alle wichtigen News betreffend dieses Themas.
Im deutschen Sprachraum steht die Plattforum zudem vermehrt wegen der Verbreitung rechtsradikaler Propaganda und der Rekrutierung von Jihad-Reisenden im Rampenlicht, was sich zunehmend negativ auf das Image von Facebook auswirkt. Erst kürzlich machte ausserdem die Schlagzeile die Runde, Falschnachrichten auf Facebook (sogenannte «Fake-News») hätten Donald Trump bei der Wahl ins Präsidentenamt geholfen.
Kein Ende in Sicht
Trotz der wachsenden Zahl an Facebook-Kritikern muss der König noch lange nicht um seinen Thron fürchten. Auch im kommenden Jahr ist eine Steigerung der Nutzer- und Umsatzzahlen zu erwarten. Zusätzlich dazu ist des Königs Einfluss auch dort auszumachen, wo sich seine Untertanen dessen oft nicht bewusst sind: Sowohl den beliebten Foto-Sharing Dienst «Instagram» als auch die Dating-App «Tinder» hat Mark Zuckerberg schon längst unter seine Fittiche genommen. Es ist also nicht auszuschliessen, dass mit Hilfe der Technologie des Königs bereits Beziehungen entstanden sind und Familien gegründet wurden. Der Nachschub an klickfreudigen Gefolgsleuten sollte somit auch für die weitere Zukunft gesichert sein.
(mm)