Ein Brief von Weihnachten

Was würde uns Weihnachten sagen, wenn es schreiben könnte? In einem fiktiven Brief von Weihnachten an uns – eine etwas andere Weihnachtsgeschichte – habe ich darüber nachgedacht, was uns Weihnachten heute eigentlich noch bedeutet.

Die Weihnachtszeit ist für mich etwas ganz besonderes und ein magisches Erlebnis. Mitten im Weihnachtsstress fragte ich mich dann plötzlich: Was genau liegt mir eigentlich an Weihnachten? Ich bin nicht irreligiös, doch die Religion hatte noch nie Stellenwert Nummer eins an Weihnachten. Für mich geht es vor allem um Familie, Liebe, Zusammensein und Frieden. Doch kann man von Frieden und Ruhe sprechen in unserer hektischen Welt? Studenten haben Abgaben und Lernphasen, Arbeitnehmer müssen noch möglichst viel noch vor den Ferien erledigen… Wo bleibt da die Besinnlichkeit der Adventszeit?
Da ich unbedingt eine Weihnachtsgeschichte schreiben wollte, habe ich diese Fragen dann in einen Brief von Weihnachten an uns verpackt.

WICHTIG: Dies ist meine persönliche Auffassung von Weihnachten und nicht das, was ich für allgemein richtig halte. Falls für dich als Leser die Aussagen nicht zutreffen, nimm es bitte nicht persönlich. Für jeden hat Weihnachten eine andere Bedeutung und dementsprechend unterschiedlich sind die Ansichten zum Thema. Dies ist meine:

Ein Brief von Weihnachten

Liebe Enkelkinder

Man könnte meinen, ein Greis wie ich müsste das Leben verstanden haben. Seit über 2000 Jahren statte ich euch einmal im Jahr einen Besuch ab. Doch ich kann nicht umhin zu bemerken, dass sich diese Besuche verändert haben. Für mich ist es das Grösste, euch von meiner Kindheit zu erzählen und die frohe Botschaft von Jesu Geburt weiterzugeben. Dennoch bemerke ich, dass sich euer Interesse dieser Erzählungen gegenüber schmälert und ihr nur der Höflichkeit halber zuhört. Wer könnte es euch verübeln? Es ist eine Geschichte, die ihr nie selber erlebt habt und ich bin ein alter Mann. Dass das Leben und eure Interessen heute nicht mehr dieselben sind wie in meiner Kindheit, verstehe ich.

Doch ist nicht zumindest die Nächstenliebe etwas, das keinen Trends folgt und meinem Besuch zugrunde liegt? Ich werde das Gefühl nicht los, dass ihr euch angesichts des speziellen Anlasses kurz vor, während und nach meinem Besuch von euren besten Seiten zeigt. Ich finde es sehr schön, dass ich euch dazu inspirieren kann, Gutes zu tun und Liebe zu schenken. Mein Sohn, euer Vater – der Alltag – erzählt mir jedoch, dass diese nicht lange währt. Liebe ist doch nicht etwas, das man einmal im Jahr auspackt, weil es der Anlass vorschreibt.

Ich will nicht meckern. Nichts macht mich glücklicher als die strahlenden Augen am Abend meines Besuches, wenn ich endlich da bin und die freudige Erwartung davor. Ich denke nur, dass ihr meinen Besuch mit weniger Druck sehen solltet. Ich sehe doch, wie gross der Stress bei der Vorbereitung für euch ist. Die vielen Geschenke braucht ihr für mich nicht zu kaufen. Mir ist es viel lieber, Zeit mit euch – meiner Familie – zu verbringen, als Geschenke auszupacken, die weder euch zu schenken, noch mir auszupacken Freude bereiten. Der Anlass meines Besuchs ist zwar selten und der Drang nach Perfektion folglich nachvollziehbar. Doch fragt euch: Verliert in dem ganzen Stress die Vorfreude nicht ihre Magie?

So oder so freue ich mich jedes Jahr, euch zu besuchen und gehe danach glücklich und satt wieder nachhause. Dennoch möchte ich euch dazu anregen nachzudenken, was mein Besuch wirklich bedeutet. Es geht nicht um «mehr ist mehr».  Vielmehr komme ich vorbei, um Ausgeglichenheit und Glück zu verbreiten. Fragt euch: Erreicht ihr das so? Und wie sieht es den Rest des Jahres aus?

Ich freue mich schon darauf, euch das nächste Mal zu sehen – hoffentlich genau so zufrieden, wie ich es bin.

Liebe Grüsse und bis bald
Weihnachten

(lhu)

Kritik
von Sarah Büchel

Ich wollte unbedingt eine Weihnachtsgeschichte schreiben. Ein Thema zu finden stellte sich dann jedoch als schwierig heraus. Ich wusste nicht so genau, was ich eigentlich sagen wollte und wie ich diese Botschaft übermitteln sollte. Also habe ich mehrfach begonnen, die Entwürfe wieder verworfen und diverse Ansätze entwickelt. Inspiration aus dem Internet half dabei, doch eine wirklich überzeugende Idee kam mir nicht. Also legte ich die Texte auf die Seite und liess es ein wenig ruhen. Im ganzen Weihnachtsstress kam mir plötzlich die Frage in den Sinn, wieso wir diesen ganzen Aufwand überhaupt betreiben. Religion ist es bei den meisten ja nicht. Und so begann ich zu schreiben. Es sollte eine Kurzgeschichte werden, also musste ich aufpassen, dass ich die Botschaft auf den Punkt brachte. Dabei wollte ich niemandem etwas unterstellen, sondern einfach meine Sicht auf Weihnachten (welche ich liebe) kritisch hinterleuchten. Heraus kam dabei dieser Text.

Um dem Text noch etwas mehr Wirkung zu verleihen, untermalte ich ihn mit einem Bild, im Zusammenhang mit dem Fach Sketch and Draw, welches ich bisher immer ein wenig gescheut hatte. Selbst etwas kreativ zu gestalten war dann doch etwas anderes und hat mir Spass gemacht.

Keine Kommentare

Schreibe einen Kommentar