Escapadre – Ein interaktiver Kurzfilm

“Escapadre” ist ein interaktiver Kurzfilm und erzählt die Geschichte eines traumatisierten jungen Mannes aus seiner Perspektive.

Du begleitest den mittlerweile dreiundzwanzigjährigen Theo im Rahmen einer Therapiesitzung durch dessen Vergangenheit. Werde Zeuge seines Traumas und geh mit ihm bis an den Rand des Wahnsinns. Und vergiss nicht: Jede deiner Aktionen entscheidet über Wohl oder Wahnsinn.

Du hast es in der Hand.

Hier gehts zum Film: Escapadre

 

(bae)

Kritik
von Konstantin Schmidt, Andreas Junga und Claudio Caflisch

Idee

Mit "Escapadre" wollten wir die Chance nutzen und den gemeinsamen Traum verwirklichen einen Kurzfilm zu drehen. Da uns aber auch die zunehmende interaktive Komponente der heutigen Unterhaltungsindustrie interessiert, war das Ziel schnell klar: In einer Zeit in welcher Videospiele mittlerweile zum Alltag gehören und auch interaktive Filme nichts mehr Neues sind, wollen wir einen Kurzfilm schaffen, der den Zuschauer einbindet in die Handlung, ihn entscheiden lässt und folglich auch seinen Aktionen Rechnung trägt. Wie sollte das besser gehen als mit einem Psycho-Thriller.

Wir wollten etwas schaffen, was wir alle drei gerne selber „gucken“ würden.

Vorbereitung

Als allererstes mussten wir drei Fragen beantworten:

  1. Um was geht es bei unserem Film?
  2. Wie filmen wir das?
  3. Wie machen wir daraus ein interaktives Erlebnis.

Wir einigten uns schnell auf ein POV-Erlebnis. Es sollte also mehrheitlich aus der Egoperspektive erlebt werden, um die Immersion des Zuschauers zu steigern und seine Entscheidungen intensiver zu gestalten.

Die genaue Handlung sollte sich als grössere Herausforderung darstellen. Zwei Anhaltspunkte waren aber schnell gefunden: Es soll nicht zu gross werden und unser Protagonist soll an einem Syndrom leiden. Dazu das ersteres nicht geklappt hat, dazu später mehr.

Wie wir es interaktiv gestalten wollen war unsere grösste Sorge. Wir haben nach geeigneter Software gesucht und schnell mit dem EKO Creator Studio eine geeignete gefunden. Jedoch handelt es sich bei EKO wie bei Youtube um ein Portal (nur halt für Interaktive Videos). Wir wären also eingeschränkt in den technischen Möglichkeiten, hätten jedoch eine Plattform, die mit Sicherheit funktioniert und intuitiv zu bedienen ist. Auf Rat des Coaches haben wir uns dennoch entschieden es mit einer eigens entwickelten Weboberfläche zu versuchen. Was sich später als überambitioniert herausstellen sollte, da wir alle drei noch Anfänger in JavaScript sind.

Konzept/Script/Drehbuch

Wenn es einen Punkt gibt, den jeder von uns drei mit diesem Projekt gelernt hat, ist es der, dass es verdammt schwierig ist, wenn man zu dritt versucht alles gemeinsam zu machen. Oft wäre einfacher die einzelnen Teile eines solchen Projekts von Anfang an aufzuteilen. Dies zeigte sich insbesondere bei der Entwicklung eines Scripts, zog sich aber auch bei späteren Gebieten fort.

Wir haben über etliche Stunden hinweg individuelle Vorschläge für die Handlung und deren Verlauf entwickelt, diskutiert und wieder verworfen. Wenn das eine Konzept schon stand, wurde es kurz darauf verworfen, da jemandem von uns etwas anderes besser gefiel.

Irgendwann fanden wir dann aber einen groben Ablauf der Handlung der uns allen gefiel. Kompromissbereitschaft war schlussendlich das Stichwort.

Mit dem stehenden ersten Entwurf viel uns aber auf, dass wir dem Zuschauer so gut wie möglich ein individuelles Erlebnis geben wollen. Wir hatten drei Enden auf drei Entscheidungen die im Film gefällt werden. Uns war die Gefahr so aber zu gross, dass wir diesem Vorsatz nicht gerecht werden. Somit ging es daran eine vierte Entscheidung einzubauen und schlussendlich mit acht möglichen Enden aufzutrumpfen, damit wir für wirklich jede Entscheidung eine gewisse Folge haben.

Dass wir mit diesem Entscheid den Rahmen eines „kurzen“ Kurzfilms schon längst überschritten haben, war uns schnell klar. Wir wollten aber einen Film drehen, der die Tiefe besitzt, welche wir uns vorgestellt haben.

Casting/Planung/Location Scouting

Nach der Erstellung des Scripts waren wir ein wenig unter Zeitdruck und für die Planung der Drehs mussten wir einen Zahn zulegen. Drehtermine wurden schnell gefixt. Anfängliche Location-Ideen in alten Sanatorien in Italien oder andere coole Orte mussten wir schnell wieder vergessen, da uns die Zeit schlicht fehlte neben dem Studium noch dort zu drehen. Andreas fand aber schnell Backuplösungen in Chur, Bonstetten und Basel.

Das Casting machte uns da schon mehr Probleme. Schnell hat Andreas eine Reihe an Leuten für die kleineren Rollen gefunden. Zusätzlich hatte er eine Liste von professionellen Schauspielern für die Rolle des Vaters und des Therapeuten Hadorns erstellt und angeschrieben. Diese konnten aber an den gewünschten Daten entweder nicht oder verlangten Gagen die unser gewünschtes Budget überstiegen. Konstantin konnte durch Beziehungen zu Schauspielern, dann aber die Rollen zu anständigen Preisen belegen.

Der Drehplan war soweit gut von Andreas organisiert worden, das letzte Drehwochenende musste jedoch kurzfristig noch umgestaltet werden, da wir ansonsten den Schauspieler für die Rolle des Therapeuten für zwei Tage anstatt einen zahlen müssen.

Dreh/Equipment

Grundsätzlich verliefen die Dreharbeiten unter Leitung von Andreas sehr durchdacht und zackig. Ab und an merkten wir jedoch, wie uns einfach die Zeit fehlte, alles in Ruhe durchzuplanen. Somit mussten wir uns bei viele Szenen dem gegebenen Setting anpassen. Dadurch, dass wir meistens Plansequenzen pro Szene drehten (um den POV-Effekt zu verstärken), war es unsere grösste Herausforderung, die Szenen so zu drehen, dass keiner vom Set oder kein Licht jemals im Bild zu sehen war. Also entweder mussten wir uns dafür entscheiden, das Licht so zu setzen, dass es nie im Bild war, oder wir mussten die Route der Kamerafahrt an das Set anpassen, was nicht immer so einfach war. Zum Teil musste man auch Kompromisse eingehen und einige Motive auslassen oder anpassen. Jedoch muss man sagen, dass wir es ziemlich gut hingekriegt haben, mit stetem Zeitdruck immer adäquat improvisieren zu können.

Beim Equipment beschränkten wir uns auf die Sony a7 III, weil man sie gut auf unserem selbstgebastelten Motorrad-Kamera-Rig montieren konnte, ohne dass einem vor Lauter Gewicht gleich der Kopf abfällt. Dazu verwendeten wir immer ein Weitwinkliges Objektiv (wenn möglich 18mm). Wir hatten jedoch leider das Unglück, dass diese von uns vordefinierte Kameratechnik an der  HTW Technikausleihe meistens ausgebucht war, was uns zwingte, das Zeug anderswo zu besorgen. Preisbedingt meistens in Zürich, was mit der Zeit ziemlich mühsam wurde. Den Rest der benötigten Technik besorgten wir an der HTW. Ausser, dass der Ton über die Lavaliers meistens ein Chrosen verursachte und die Tonaufnahmen fast unbrauchbar machten, funktionierte alles gut. Zum Glück hatten immer noch eine Tonangel und ein Ambi-Aufnahmegerät dabei. Wir haben daraus gelernt, dass Der ton bei solchen Filmproduktionen unmöglich über Lavaliers aufgenommen werden kann. Wir haben entschieden, für künftige Produktionen stets eine Tonangel und ein Ambi-Aufnahmegerät zu nutzen.

Editing / Mix / Bild

Da es sich bei den allermeisten Takes um Plansequenzen handelte, entfiel im Schnittprozess einiges an klassischer Arbeit. Primär bestand meine Aufgabe darin, die Vor- und Nachlaufzeit jeder Aufnahme von der tatsächlichen Szene zu separieren, Tonspuren zu synchronisieren und abzumischen, Audioeffekte nachzuliefern und einzubetten und eine rudimentäre Bildbearbeitung in Helligkeit, Kontrast, Weiss- und Schwarzwerten vorzunehmen.

In einzelnen Fällen war es notwendig, mit Skalierungs- und Positionierungs-Effekten bestimmte Bildausschnitte vorübergehend zu verstecken oder hervorzuheben. Weiterführendes Grading und nachträgliche Korrekturen in Lautstärke und Video-Export übernahm dann Claudio.

Alles in Allem verlief die Nachbearbeitung recht reibungslos. Jede Aufnahme wurde von uns am Set präzise und unmissverständlich durch Ansage und Klappe gekennzeichnet und ließ sich in der Nachbearbeitung dementsprechend effizient zuordnen. So war es für mich nicht schwer, eine übersichtliche Ordnerstruktur zu erstellen und die jeweils zusammengehörigen Audio- und Videospuren zu lokalisieren.

Außerdem konnten wir im Rahmen dieser Bearbeitung einige neue Effekte und Funktionen in Adobe Premiere Pro kennenlernen und ausprobieren. Dazu gehören unter anderem der Surround Reverb, der Pitch Shifter und der (Obsolete) DeNoiser in der Adaptive Noise Reduction.

Interaktives Video / Website

Das Ziel war ursprünglich eine eigene Weboberfläche zu entwickeln über welche wir den interaktiven Kurzfilm laufenlassen können. Anfängliche Coachings bei Martin Vollenweider und Recherche im Internet stimmten uns positiv, dass das auch für Anfänger zu schaffen sei. Wir haben uns masslos überschätzt. Claudio und Konstantin haben anfänglich noch versucht einen Prototypen zu entwickeln mit welchem das Video läuft. Allerdings war die Darstellung und die Performance schon bei kleinen Testsvideos so miserable, dass wir schnell an die Grenzen unseres Möglichen kamen. Dadurch dass der eigentliche Film geschätzt dreimal grösser wurde als geplant, blieb neben der eigentlichen Produktion des Filmes zu wenig Zeit für die Weboberfläche. Für Anfänger in Java, wie uns, wäre es schlauer gewesen noch jemand weiteres zu suchen für das Projekt, der sich ausschliesslich nur auf die Entwicklung der Weboberfläche konzentriert hätte.

Damit aber der Film trotzdem noch so funktioniert wie wir es wollten, mussten wir auf die Softwarelösung von Eko Creator zurückgreifen. Mit dieser klappte vom Start weg alles wie vorgestellt. Trotzdem wäre das Ziel in ferner Zukunft, den Film auf einer eigenen Oberfläche noch zu realisieren.

Update kurz vor Abgabe: Eko Creator hat Probleme mit dem Updaten des Filmes. Folglich doch nicht alles so reibungslos mit diesem Programm, wie erhofft.

Fazit

Claudio Caflisch

Wir haben viel aus diesem Projekt gelernt. Vor allem, dass man sich schnell überschätzt und dass man sich immer vor Augen halten soll, wie gross der Aufwand wirklich ist. Alles in Allem hat diese Produktion von Anfang bis Ende Spass gemacht. Von der Ersten Idee eines Interaktiven POV-Filmes, über die Erarbeitung der Geschichte des psychisch kranken Thoes, bis hin zur Umsetzung an den ausgesuchten Drehorten war jeder Moment zugleich eine Herausforderung sowie ein unglaubliches Erlebnis. Und jetzt, wenn alles fertig ist und man das Endprodukt auf der eigenen Webseite sieht, macht das schon unglaublich Freude.

Andreas Junga

Bei diesem Projekt habe ich vor allem eines gelernt: Unter grossem Zeitdruck zu funktionieren. Das
bringt auch mit sich, Kompromisse einzugehen, Abstriche zu akzeptieren und sich in gewissen
entscheidenden Momenten bewusst zurückzuhalten. Ich habe nun erlebt, dass auch in kürzester Zeit
ein durchaus passables Endprodukt zustande kommen kann, sofern man grundsätzlich dazu bereit
ist, genügend Zeit und Energie zu investieren.

Konstantin Schmidt

Ich schliesse mich Claudio an. Es war ein Herzensprojekt das viel Freude bereitet hat, was aber auch durch den Enthusiasmus schnell (zu) grosse Ausmasse annahm und uns an gewissen Stellen leicht überforderte und frustrierte. Wichtig für zukünftige solche Projekte wäre eine genauere Zeitplanung (inklusive das Halten an diese) und eine bessere Aufteilung der Aufgabenbereiche.
Wie Andreas habe ich aber in erster Linie gelernt Kompromisse einzugehen, sich zurückzuhalten, aber auch in entscheidenden Momenten seine eigene Meinung zu äussern.

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