Gleis 7-Reise

Viele Studenten besitzen es: Das Gleis 7. Es ist relativ günstig und bietet fast alles, was das GA auch kann, nur halt erst ab 19:00 Uhr abends bis um 05:00 Uhr morgens. Um das Gleis 7 etwas auszunutzen, begaben sich drei Studentinnen mit ihren Kameras auf eine Gleis 7-Reise durch die Schweiz.

Die Gleis 7-Reise sollte mit der Fotografie verbunden werden. Da die Zugfahrt immer erst ab 19:00 Uhr beginnt und es am Zielort folglich meist schon dunkel ist, wurde die Nachtfotografie zum Thema gewählt. Das Ziel war es, die jeweilige Stadt in der Dunkelheit zu fotografieren und ihren «Charakter» anhand der Bilder zu widerspiegeln.

Freitag 1. Halt: Zürich

Zürich, die grösste Stadt in der Schweiz, die mit vielen Vorurteilen zu kämpfen hat: In Bern, besonders aber in Basel, wird gerne über Sie und Ihre Einwohner gespottet. Warum wohl? Ist es die Ausstrahlung des Millionen-Zürichs, die Neider dazu bringt, die Stadt anzuschwärzen? Oder tragen die Einwohner selbst Schuld, da sie ihre Stadt gerne stolz auf ein Podest stellen, was unwillkürlich mit Arroganz verwechselt wird? Wahrscheinlich haben viele voreingenommenen «Lästermäuler» einfach noch keine Gelegenheit gepackt, die Schönheit und den wahren Charakter der Stadt zu erforschen. Das bunte Volk von Banker, Drögeler, Touristen, Studenten, Hipsters und auch heimatlosen Gesellen, das man hier antrifft, ist vielleicht ein Zeichen davon, dass Zürich für jeden etwas zu bieten hat, oder nicht? Wir finden das hat es definitiv! Jedenfalls uns drei entdeckungsfreudigen Studentinnen mit dem Gleis 7, bot die Stadt wunderschöne Fotosujets. Am Ufer der Limmat, an der wir, trotz des androhenden Gewitters (nicht schon wieder, bitte!) in aller Ruhe fotografiert haben, wurde uns von Passanten ein angenehmer Respekt entgegengebracht. Diese Anonymität kombiniert mit einem Gefühl von Verbundenheit, zwei grundsätzlich widersprüchlichen Dingen, haben wir in Zürich gespürt. Ausser einer offensiven indischen Dame, die unsere Bilder bestaunte: «Are you Profi-Photographers?», sind wir weitestgehend alleine geblieben. Wir haben das Schauspiel der Wolken, der verschieden farbigen Lichter und die Ausstrahlung der prunken Gebäude auf uns, vor allem aber auf die Kameras wirken lassen. Am besten seht ihr euch die Bilder gleich selbst an.

Samstag 2. Halt: St. Gallen

Sankt Gallen: Im Jahre 612 sollte der Überlieferung nach der heilige Gallus, ein irischer Mönch, als erstes in das heutige St. Gallen gezogen sein. Und wir verstehen ihn! Denn St. Gallen hat noch viel mehr zu bieten, als das Open-Air, die HSG oder eine Bratwurst ohne Senf.

Mit dem ältesten innerstädtischen Verkehrsmittel, der Mühleggbahn, einer Zahnradbahn bei der Mühleggschlucht — dort, wo der Legende nach Gallus als erstes angekommen sei — kommt man schnell zu den «Drei Weihern». Diese bieten einen wunderschönen Ausblick auf die Stadt St. Gallen. Von dort aus sieht man sogar bis auf den Bodensee und kann so die farbige Lichterkulisse von oben bestaunen. An sommerlichen Abenden scheinen die Drei Weihern sehr beliebt und der Weg, von welchem man auf die Stadt sieht, kommt uns etwas vor, wie eine Ausgangsmeile: Viel frequentiert und belebt. Alle wollen die schöne Aussicht geniessen und gemütlich beisammen sein. Wieder zurück in der Stadt bestaunen wir die alten beleuchteten Häuser der malerischen Altstadt, welche in der Nacht eine angenehme Ruhe ausstrahlen.

Sonntag 3. Halt: Chur

Auch die Hauptstadt des Kantons Graubündens und der Wohnsitz von vielen Studenten hat nebst den Steinböcken Gian und Giachen viel zu bieten: Ein schöner Dialekt, die höchste Dichte an Bars in der Schweiz und meist gutes Wetter. Wenn das nicht ein Grund ist in Chur zu fotografieren?Während eines Abends haben wir die älteste Stadt der Schweiz unter die Lupe genommen und Knotenpunkte vieler Studenten fotografiert. Vielleicht erkennt ihr ja die Orte!

Kritik
von Lucia Plaen, Rahel Weibel und Sara Lema Vilas

Die Idee

An einem Poetry Slam in Glarus — als einige MMP-Studentinnen, alle aus verschiedenen Kantonen, zusammenkamen — beschlossen wir, ein Digezz-Projekt zu machen. Wir hatten dann die Idee, eine kleine Gleis 7-Reise durch die Schweiz zu unternehmen — ausgerüstet mit Kameras, um das Ganze zu dokumentieren. Da wir im Fotografieren alle eher unerfahren waren, wollten wir uns etwas an das Thema herantasten. Da die Reise immer erst ab 19:00 Uhr beginnt und es am Zielort dann meist schon dunkel ist, wollten wir uns die Nachtfotografie, speziell die Langzeitbelichtung, zum Ziel setzen.

Die Planung

Die Route war schnell gewählt: Chur - St. Gallen - Bern -  Genf - Lausanne und wieder zurück nach Chur. Die Utensilien waren in der Technikausleihe reserviert und die Unterkünfte auf airbnb gebucht, bis uns dann aber der Wetterbericht einen Strich durch die Rechnung machte: Es sollte das ganze Wochenende regnen und stürmen. Für unser Projekt nicht sehr ideal. Also mussten wir die Reise verschieben. Die zweite Reise verschoben wir deshalb in den Sonnenkanton der Schweiz: Ins Tessin. Falsch gedacht! Auch das zweite Mal war Petrus nicht auf unserer Seite und die Reise fiel im wahrsten Sinne des Wortes erneut ins Wasser. Unser airbnb-Host sendete uns nach der Stornierung Fotos vom wunderschönen und vor allem sonnigen Lugano. Wir hätten also nicht auf den Wetterbericht hören sollen…

Aber alle guten Dinge sind ja bekanntlich drei: Das dritte Mal klappte es dann endlich. Die Route sah auch bei diesem Mal wieder etwas anders aus: Zürich - St. Gallen - Chur. Etwas langweilig im Vergleich zu den beiden vorherigen Routen, aber das kurzfristige Verschieben liess es nicht anders zu. Die Ziele standen fest und der Wetterbericht zeigte uns sonniges Wetter an: Die Reise konnte starten.

Das Material

  1. Canon 5D
  2. Canon EOS 550d
  3. Nikon D300
  4. Objektive Nikon: Weitwinkel 8-16mm f 1:4.5-5.6, 17-55mm f 2.8
  5. Objektive Canon: EF-S 18-135mm f  3.5-5.6 IS STM
  6. 3 Manfrotto (Video-)Stative
  7. Fernauslöser für Nikon
  8. ND Filter
  9. Backpack mit (wetterfester) Kleidung für drei Tage

Die Bildbearbeitung 

Die Bearbeitung haben wir zu einem grossen Teil während der Zugfahrt gemacht, um damit die Zeit sinnvoll zu nutzen. Uns war es wichtig, dass wir gutes Ausgangsmaterial herstellen, also möglichst ideale Kameraeinstellungen wählen, um die Lichtverhältnisse und Stimmungen optimal einfangen zu können. Die Bearbeitung im Nachhinein hat aber dennoch geholfen, das Beste aus den Bildern, die wir im RAW Format aufgenommenen haben, herauszuholen.

Wir haben jedes Bild einzeln im Photoshop bearbeitet. Dazu haben wir die ersten Schritte immer mit dem Camera RAW Filter gemacht. Zunächst haben wir die Belichtung (Exposure) bei vielen Aufnahmen etwas erhöht, weil die Bilder manchmal fast zu dunkel waren. Wir haben auch festgestellt, dass Nachtaufnahmen schnell etwas zu gelblich geraten. Bei einigen Aufnahmen fanden wir genau diesen Effekt schön, bei anderen weniger. So haben wir den Weissabgleich teilweise nachträglich ins bläuliche korrigiert um das Licht kühler zu halten.

Bei länger belichteten Nachtaufnahmen sind statische Lichtquellen schnell zu grell und ausgerissen. Zum Glück braucht es nur einige Handgriffe im Photoshop um weisse Lichter zu reduzieren. Immer wieder eine kleine Korrektur Wert, war natürlich auch das gerade Ausrichten des Horizonts, das bei der kleinen Brennweite eines Weitwinkelobjektivs schnell etwas problematisch werden kann. Ansonsten galt vor allem: Viel Ausprobieren.

Lessons Learnt

  1. Kameraeinstellungen bei Nachtfotografien
  2. Langzeitbelichtungen aufnehmen (Bulb Funktion)
  3. Mit unterschiedlichen Kameras (Nikon und Canon) umgehen
  4. Bildbearbeitung im Photoshop
  5. die Zeit im Zug sinnvoll nutzen

Fazit

Wir haben gemerkt, dass wir froh sind, ein Studium gewählt zu haben, in dem wir unser Wissen sogar während gemeinsamen Reisen vertiefen können. Wo gibt es das sonst?

Wir sind zufrieden mit unserem Resultat. Trotzdem ist es, verglichen mit dem Zeitaufwand der dahinter steckt, ein eher «kleines» Ergebnis. Daran waren die zwei ersten Anläufe, die auf Grund von miserablen Wetterprognosen scheiterten, nicht ganz unschuldig. Auch haben wir die Location-Wechsel ganz ohne Auto etwas unterschätzt. Das Schleppen von Backpack, Stativ, Kamera und Zubehör war ziemlich mühsam und dauerte länger, als uns lieb war. Beim nächsten Mal werden wir ausserdem bestimmt nicht immer gleich den Kopf hängen lassen, wenn Petrus wieder Wolken aufziehen lässt. Denn auch Risikomanagement, Improvisation und Bilder im Regen könnten ein interessantes Resultat ergeben. Und wenn nicht, dann zählt doch zumindest unser Wagnis.

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