Hinter verschlossenen Türen

Sanft wie der erste Sonnenstrahl, der sich nach dem Aufwachen über das Gesicht legt, ist dein Wesen. Doch sobald es dunkel wird, verwandelst du dich in einen anderen Menschen. Ein Unterschied wie Tag und Nacht.

Oftmals ist es eine Familie, die wie alle anderen scheint. Doch hinter verschlossenen Türen verbirgt sich eine ganz andere Wahrheit. Im vertrauten Zuhause, das normalerweise Sicherheit und Schutz bietet, verbergen sich grausame, gewalttätige Realitäten.

Wir gehen den Schicksalsschlägen aus der Sicht von Opfern, Betroffenen sowie Angehörigen nach und unterscheiden die verschiedenen Formen und Facetten der Gewalt. Gewalt im häuslichen Bereich betrifft alle Altersklassen, alle kulturellen- und sozialen Hintergründe. Opfer, die in ihrem eigenen Netzwerk Hilfe finden, fragen oftmals keine öffentliche Anlaufstelle oder Notfallunterkunft an, wodurch das Wissen über häusliche Gewalt für die Gesellschaft weniger ersichtlich wird. Das möchten wir mit unserer Webdokumentation ändern.

(lhu)

Kritik
von Nathalie Müller, Nicole Rösch und Amanda Manse

Idee

Wir alle wurden schon mit häuslicher Gewalt konfrontiert, doch sehr oft...

  • … wird das Thema verschwiegen und unter den Teppich gekehrt.
  • … sind mehr Menschen davon betroffen, als wir ahnen.
  • … wollen wir etwas dagegen tun, springen aber nicht über unseren Schatten.

Aus diesem Grund haben wir uns dazu entschieden,...

  • … eine multimediale Web-Dokumentation zu erstellen, auf welcher zu sehen ist, wie viele Schweizer*innen von häuslicher Gewalt betroffen sind.
  • … zuzuhören und der schweren Thematik eine Plattform zu geben.
  • … nicht zu schweigen, sondern über häusliche Gewalt zu sprechen.

In der Hoffnung, das Thema ein wenig zu enttabuisieren und unseren Beitrag zu leisten, dass sich Opfer nicht mehr alleine und hilflos fühlen.

Umsetzung

Thema
Zu Semesterbeginn entstand die Idee, eine Webdokumentation über häusliche Gewalt zu gestalten. Der User soll sich dabei durch Geschichten betroffener Personen bewegen, und dabei Informationen über die aktuelle Situation in der Schweiz erhalten. Der Fokus der Produktion lag zunächst auf den Erzählungen als Audiodateien, welche von Fotos begleitet werden sollten. Später entwickelte sich das Projekt weiter und wir fügten dem Konzept Animationen und Zeichnungen hinzu.

Recherche & Organisation
Als erstes haben wir uns mit der Recherche zum Thema befasst. Wie viele weisse Zahlen gibt es? Was für Beratungs- und Hilfsstellen gibt es? Sind es wirklich vermehrt Frauen, die Opfer von häuslicher Gewalt sind? Stehen die Täter*innen immer unter Einfluss von Alkohol oder Drogen und bereuen ihre Taten am nächsten Tag? Alles Fragen, die wir genauer untersuchen wollten, und Fakten, die wir dem Leser näherbringen möchten. Nach der grundsätzlichen Recherche erstellten wir das Grobkonzept. Es war uns klar, dass wir mit  Moodbildern und Stimmungselementen zu diesem dunklen Thema arbeiten wollten. Wir planten, wie die Website aussehen sollte, erstellten einen Zeitplan und teilten die Aufgaben untereinander auf.

Der wichtigste und schwierigste Teil des Projektes war die Suche nach Betroffenen von Häuslicher Gewalt. Wir suchten in unseren Freundes- und Bekanntenkreisen nach Personen, die uns ihre Geschichte erzählen wollten. Nachdem wir so wenig Erfolg hatten, entschieden wir uns, eine Umfrage mit LimeSurvey zu starten. Wir waren erstaunt, wie viele Personen auch in jungen Jahren von häuslicher Gewalt betroffen waren und dass sich doch sehr viele Leute uns gegenüber geöffnet haben. Neben den Betroffenen wollten wir auch Fachpersonen interviewen und ihre Arbeit weiter beleuchten. Wir nahmen Kontakt mit dem Frauenhaus Thun - Berner Oberland auf. Die Kontaktperson hatte keine Kapazität für ein Interview und lud uns stattdessen zu einem Vortrag ein, an den wir auch gingen. Obwohl sie einige spannende Aspekte ansprachen, wurden unsere Fragen nicht zufriedenstellend beantwortet. Eine zweite Anfrage für ein Interview verlief ins Leere.

Stories
Mit unseren Protagonisten nahmen wir anschliessend Kontakt auf und vereinbarten ein persönliches Interview mit ihnen. Damit die Berichte leserfreundlich sind, haben wir sie umgeschrieben. In den Geschichten wollten wir viele Variationen haben, weshalb wir uns für verschiedene Darstellungsformen entschieden. Einige sollten als Audiodateien zur Verfügung stehen, andere in schriftlicher Form wiedergegeben werden. Auch die Schreibstile haben wir bewusst verschieden gestaltet. Die Audiodateien liessen wir von einer semiprofessionellen Schauspielerin und einem Kollegen von uns in der Sprecherkabine im SRF-Gebäude einlesen. Visualisiert haben wir die Geschichten jeweils mit passenden eigenen und lizenzfreien Bildern. Zusätzlich haben wir zwei Stories mit Zeichnungen bebildert, um sie letztlich als Videos abzuspielen und haben weitere Animationen in die Webdokumentation eingebaut.

Website
Für die Website haben wir im Vorfeld Stimmungsbilder aufgenommen. Bei der Anpassung des Konzeptes stellten wir fest, dass die Bilder nicht genau in die Gestaltung passen. Wir benutzten deshalb vermehrt Stock-Bilder, die zu unserem Konzept, “hinter verschlossenen Türen”, passten. Für die Programmierung der Website wollten wir vorerst mit einem Bootstrap-Theme arbeiten. Da wir grossen Respekt vor den Beschränkungen des Themes hatten, entschieden wir uns für ein Wordpress-Themes. Schlussendlich landeten wir - unter anderem aus zeitlichen Gründen - bei Wix. Es war uns wichtig, die Website ansprechend zu gestalten, weshalb wir uns für einen Webpage-Builder entschieden haben. Doch auch hier waren unsere Codekünste für spezielle Funktionen gefragt. Ursprünglich wollten wir die Website mit Stimmungsmusik ergänzen. Nach einer circa eintägigen Suche nach dem richtigen Soundtrack entschieden wir uns, die Musik wegzulassen und nur die Animationen auf den Leser wirken zu lassen.

Equipment

Learnings

Protagonisten
Mit diesem Digezz-Beitrag haben wir uns ein sehr heikles Thema ausgesucht. Es war nicht einfach Protagonisten zu finden, nebst den Personen aus unseren Bekanntenkreisen. So haben wir uns früher oder später mit einer Umfrage befasst. Bei dieser haben wir mehr als 100 Antworten erhalten, jedoch waren nicht alle brauchbar. Weil wir die Geschichten anonym halten wollten, konnten wir dadurch trotzdem auf einige sehr interessante Kontaktpersonen zurückgreifen, die uns ihr Vertrauen geschenkt haben.

Ach herrje, wie die Zeit verfliegt
Das zweite Learning ist ein altbekanntes! Einen richtigen durchdachten Zeitplan zu erstellen und uns vor allem daran zu halten, hätte uns sicherlich den Endspurt erleichtert. Allerdings waren es nicht faule Ausreden - wir hatten schlichtweg keine Zeit für Digezz.

Wider Erwarten
Obschon wir sehr viel zum Thema recherchiert haben und unsere eigenen Erfahrungen damit gemacht haben, sind uns die Schicksalsschläge sehr nahe gegangen und haben uns immer wieder schockiert und emotional berührt. Wir haben gelernt, mit einem schwierigen Thema umzugehen und bei einer Barriere, neue Lösungsansätze zu finden. Gleich wie im wahren Leben, sind wir wieder aufgestanden, haben weitergemacht und sind schlussendlich sehr zufrieden mit unserer Leistung.

Fazit
Was vor einigen Wochen noch unmöglich erschien, können wir heute ein Endresultat präsentieren, auf das wir drei sehr stolz sind. Es hat Mut und Fleiss gebraucht, wir haben geschwitzt und uns teilweise göttlich aufgeregt - vor allem über Weihnachten und Neujahr - wo wir doch auch einfach mal Ferien machen wollten. Aber nun. Hier ist es. Wir sind am Ziel angekommen. Auf der anderen Seite des Tunnels. Im Licht. Wir schweigen nicht. Für alle, die von häuslicher Gewalt betroffen waren und/oder sind, SPRECHEN WIR DARÜBER.

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