Ich bin Escort

Das älteste Gewerbe der Menschheit – der Handel mit Sex. Bis heute ein Tabuthema, welches aber vom Politiker bis zur Hausfrau jeden interessiert. Viele meinen Bescheid zu wissen, doch nur wenige wissen wirklich, was sich hinter verschlossenen Türen abspielt.

Diskretion und Verschwiegenheit werden in diesem Business gross geschrieben und nur wenige sprechen mit Laien offen über ihre Tätigkeit. Eine Parallelwelt. Die Vorurteile solchen Frauen gegenüber sind meist in Stein gemeisselt. Trotzdem haben wir alle offene Fragen. Wer sind die Frauen dahinter? Ausländerinnen? Familienmütter? Ehefrauen? Töchter? Studentinnen? Und noch viel wichtiger, warum machen sie es?

Wir haben uns auf die Suche nach einer Escort-Lady gemacht, welche nicht nur Begleitservice sondern auch Sex anbietet und bereit ist mit uns offen über Tabus zu sprechen. Fündig wurden wir bei Anna, auch bekannt als «Lady Sensual». Sie erzählte uns von ihrem privaten und beruflichen Alltag und erklärte, warum die Mehrheit ihrer Kunden vergeben ist und trotzdem für Sex mit ihr bezahlt.

Viel Spass auf unserer Webseite.

(ae)

Kritik
von Simone Schregenberger, Simona Ritter, Seraina Sprick und Dana Hausherr

Idee
Jeder Mensch ist fasziniert von Tabuthemen. Manche geben es zu, andere nicht. Wir gehören zur ersten Sorte und geben offen zu, dass uns das Thema Escort und Prostitution fasziniert. Nach einigen Gesprächen stellten wir fest, dass wir uns zwar vorstellen konnten, wie der Alltag einer Escort-Dame aussehen mag, jedoch fehlten uns ganz konkrete Eckpunkte dazu, die uns nicht mehr losliessen. Speziell das Wer? Wie? Was? Wo? und Warum?
Also entschieden wir uns dort, wo andere nur mutmassen, selbst nachzufragen und ein Interview mit einer Escortdame auf die Beine zu stellen.
Ins Zentrum unseres Vorhabens rückten wir die Leitidee: «Menschen, die Sex für Geld anbieten, sind auch nur Menschen wie du und ich.»

Vorarbeit
Die Suche nach einer Frau, die offen über ihren Beruf als Sexarbeiterin spricht, gestaltete sich als sehr schwierig, da es eben immer noch ein Tabuthema ist. Viele Anfragen und viele gelöschte Browserverläufe später fanden wir dann die Website von «Lady Sensual», einer Escort-Dame aus Chur. Anna (ihr vermeintlich richtiger Name) war sehr offen und sofort bereit mit uns zu arbeiten. Somit konnte die Planung beginnen. 

Diese beinhaltete:
-  Exposé, mittels dessen wir uns Feedback von Dozenten einholten
-  Moodboard, welches uns als visuelles Leitmittel diente
-  Shotliste
-  Interview Leitfaden / Fragebogen
-  Location Scouting

Parallel zur Planung betrieben wir intensive Recherche zu den Themen Escort und Prostitution in der Schweiz. Auch Anna als Person wurde von uns intensiv durchleuchtet, um eine grobe Ahnung zu haben, was für eine Person sie ist und in welche Richtung die ganze Stimmung des Filmes gehen könnte.

Die Erstellung des Fragebogens gestaltete sich als besonders schwierig, da uns wahnsinnig viel interessierte, er aber trotzdem einen roten Faden enthalten sollte mit genügend Spielraum für spontane Fragen und Antworten. Auch die Art und Weise wie man so ein Thema angehen / ansprechen sollte, war für uns eine grosse Herausforderung. Denn es sollte keine Anprangerung werden, sondern eine ästhetische und seriöse Dokumentation über ein immer noch tabuisiertes Thema. Da waren wir froh um die Hilfe von Dozenten aus dem Fach Journalismus, die uns Tipps und Tricks mitgeben konnten.

Dreh
Anfangs war die Situation schon ein wenig unangenehm; eine fremde Person zu fragen, was sie in ihrem Schlafzimmer / Arbeitszimmer so treibt. Aber glücklicherweise waren wir alle mit Sabrina auf einer Wellenlänge und verstanden uns ziemlich gut mit ihr. Das gab allen das Gefühl, man spräche mit seiner Freundin bei Kaffee und Kuchen.

Das Interview lief gut und es ergaben sich viele spontane und spannende Geschichten aus Annas Erlebtem.

Das Hauptproblem bei der Umsetzung stellte Annas voller Kundenkalender dar. Wir hatten immer sehr enge Zeitfenster um zu filmen, konnten dies aber dank einer gut vorbereiteten Shotliste meistern. Mehr Zeit für die B-Rolls hätten wir uns dennoch gewünscht.
Ein tontechnisches Problem verursachte einen zusätzlichen Drehtag, bei dem sie zum Glück aber flexibel war. Wir legten spontan eines Abends nochmals einen zusätzlichen Drehtag ein, als die Idee entstand das Churer «Rotlichtmillieu» bei Nacht zu filmen. Ein guter Entscheid wie wir finden, denn die Aufnahmen sind sehr stimmungsvoll geworden.
Wir filmten mit zwei Canon 70D, einem LED Lichtpanel und einem Zoom H6 mit Lavalier.

Postproduction
Nach Drehschluss hatten wir Stunden an Material, bei dem wir entscheiden mussten, was relevant war und was eher nicht. Das Problem: Wir fanden alles extrem spannend.
Nach stundenlangen Diskussionen entschieden wir uns dann, drei Kurzfilme daraus zu machen: «Ich bin Escort.», «Ich bin Anna.» und «Ich bin Insider.».

«Ich bin Escort.»
Bei diesem Video wollten wir alle Fragen beantworten, die den Zuschauern zu diesem Thema unter den Nägel brennen, wie das Wie? Wo? Was?  und Wer?. Es soll mit vielen B-Rolls eine Stimmung vermittelt werden, einerseits die vom Churer Rotlichtmilieu und andererseits wie das Geschäft bei Anna aussieht / abläuft.

«Ich bin Anna.»
Hier geht es mehr um die Frage Warum? und darum, Anna als Person darzustellen und ihr eine Plattform zu geben, bei der ihre Persönlichkeit zum Vorschein kommen kann. Hier steht Anna im Zentrum des Visuellen und es wird mit weniger B-Rolls gearbeitet.

«Ich bin Insider.»
Hier plaudert Anna aus dem Nähkästchen und erzählt einige amüsante Geschichten. Es werden gar keine B-Rolls verwendet, da es wie ein Plausch mit der Freundin im Kaffee daherkommen soll.

Titelanimation
Für die Titelanimation wollten wir einen Schreibmaschinen-Effekt beim jeweiligen Wort nach dem “Ich bin”. Dies soll zeigen, dass wir alle unsere Geschichte selber schreiben und uns entscheiden müssen, wer wir in gewissen Momenten sein wollen. Die Animation des Cursors stellte sich als komplizierter heraus als gedacht. Mithilfe eines Videotutorials konnte der gewünschte Effekt dann aber erzielt werden.

Bei allen Videos verlief der Schnitt in Premiere Pro und After Effects.

 

Website
Um dem ganzen Projekt die gebührende Plattform zu bieten, entschieden wir uns, eine Website zu gestalten. Der Leitfaden der Website ist Annas Geschichte, die einzigartig mit ihrer Person ist. Der ein wenig sarkastische Titel «All you need is Love.» (Spruch von Annas Fussmatte) der Website, soll den Gegensatz ihrer Arbeit und ihrer Überzeugung aufzeigen. Inspiriert von der Aussage, dass in ihrem Arbeitszimmer alles einen extrem festen Rahmen hat, entschieden wir uns, der Webseite ebenfalls einen Rahmen zu geben. Dieser schliesst sich, wenn man das Ende der Webseite erreicht. Passend zu den Titelanimationen in den Videos wurde zudem ein Typewriter-Effekt eingebaut. Dabei handelt es sich um das jQuery Plugin “TypeIt”. Welches nach anfänglichen Schwierigkeiten verhältnismässig leicht zu handhaben war. Leider funktioniert der Effekt nicht bei jeder Fenstergrösse einwandfrei. Sobald man aber die Fenstergrösse verändert, wird der vollständige Text angezeigt. Eine bessere Lösung konnte nicht gefunden werden.
Durch die Website leitet der Text, der die Videos einleitet, mit Zusatzinformationen untermalt und einen roten Faden darstellen soll. Um noch mehr Stimmung zu vermitteln wurden Aussagen von Anna mit Bildern kombiniert. Eingebaut wurden auch noch kleine animierte Elemente, welche die Webseite interessanter aussehen lassen sollen. Das schwierige daran war vor allem, dass die Animationen erst beginnen, wenn sie im Blickfeld erscheinen. Nach langem googeln und testen, fanden wir zum Glück eine passende Lösung.

Fazit
Alles in allem sind wir sehr zufrieden mit unserem Projekt. Die ganze Webseite und das Thema nicht wertend zu gestalten war uns sehr wichtig und das ist uns unserer Meinung nach gut gelungen. Wir konnten nebst filmischen Fähigkeiten vor allem auf journalistische Weise von dem Projekt profitieren.

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