Isoliert, aber nicht allein: Coronavirus Community Maps

Bietet mein Lieblingsrestaurant nun einen Lieferservice an? Und wie hiess der nette Nachbar schon wieder, der gerne für mich einkaufen gegangen wäre?
In Krisenzeiten ist es hilfreich, die Community in seiner Nähe zu kennen. Drei Multimedia Production-Studierende haben interaktive Karten entwickelt, damit auch in Zeiten von Isolation und Social Distancing niemand allein sein muss.

Das Coronavirus hat die Schweiz und weite Teile der Welt fest im Griff. Kaum jemand hat vor wenigen Wochen mit einem solchen Szenario gerechnet. Doch in der Krise gibt es auch Erfreuliches zu beobachten: In diversen Schweizer Städten ist eine grosse Solidarität und Hilfsbereitschaft spürbar.

So werden vielerorts Facebookgruppen gegründet und Webseiten aufgeschaltet, auf denen Botengänge für Risikogruppen angeboten werden. Und auch Restaurants bieten ihre Menüs neuerdings als Take-Away oder gar mit Heimlieferung an.

Eine aktuelle und übersichtliche Darstellung aller möglichen Angebote fehlt allerdings in den meisten Communities noch. Drei Multimedia Production-Studierende wollen diesem Umstand entgegenwirken und sämtliche Angebote auf interaktiven Karte für ihre jeweiligen Communities zusammenfassen. Folgende Webseiten sind entstanden:

Kinderbetreuung und einander Geschichten vorlesen

Auf den Webseiten kann sich grundsätzlich jede Person eintragen und seine Hilfestellung unter Wahrung der BAG-Vorsichtsmassnahmen anbieten. So lassen sich neben den gängigen Hilfestellungen wie Botengänge, beispielsweise auch Angebote zum Freizeitvertrieb eintragen.

Beispieleintrag von Bernhard aus Chur in der Rubrik «Unterhaltung»:
Als waschechter Berner möchte ich euch Churern die berndeutsche Sprache etwas näherbringen und lese euch auf Wunsch und via Skype oder Zoom ein paar Kurzgeschichten aus dem Buch «Plötzlech hets di am Füdlä» von Pedro Lenz vor.

Hintergrund

Sämtliche Webseiten wurden mit Hilfe der Vorlage vom Webentwickler Marc Fehr erstellt, der wiederum den Code von Simon Huwiler vom Tages-Anzeiger gebrauchen konnte. Fehr hat seinen Programmiercode auf Gitlab kostenlos zur Verfügung gestellt. Beim Projekt geht es darum, nachbarschaftlich für einander da zu sein, in einer Zeit, in der man isoliert sein sollte. Ziel ist es, dass weitere solche Communities entstehen.

Die lokalen Medien in Graubünden haben über das Projekt der drei FHGR-Studierenden berichtet:

(spu)

Kritik
von Bernhard Aebersold, Sandro Anderes und Frank Zinsli

Spread maps, not viruses

Angefangen hatte alles mit einem Tweet von Webentwickler Marc Fehr, der in der Timeline von Bernhard erschien. Darin machte Marc auf seine jüngste Webseite «Whozinberg.org» aufmerksam. Die Idee, in schwierigen Zeiten füreinander da zu sein und in Form einer digitalen Nachbarschaftshilfe einander zu helfen, gefiel Bernhard sehr. Er fragte, seine Kommilitonen Sandro und Frank an, die von der Idee ebenfalls überzeugt waren und mit Social Distancing legten wir gemeinsam los.

Database on Fire(base)

Zunächst arbeiteten wir Schritt für Schritt die online verfügbare Anleitung von Marc Fehr durch. Verbunden via Zoom, tauschten wir uns über unsere Gedanken und Problemstellungen bei jedem Schritt aus. Denn vieles was wir da machten, verstanden wir nicht ganz, bzw. verstehen wir bis heute noch nicht ganz. Die Webseiten basieren auf dem Open Source Framework Gatsby.js und wurden mit einer Google Firebase Datenbank verknüpft. Alles Dinge, von denen wir vorher gar nicht wussten, dass es sie gibt. Die Webseite selber entstand auf der Web-Entwickler-Plattform Netlify. Als die Projekte bereits Gestalt angenommen hatten, verknüpften wir unsere gekauften Domains mit Netlify und unsere interaktiven Karten waren geboren.

Alles nur Copy+Paste?

Man könnte kritisch anmerken, dass das Projekt nichts anderes als ein etwas aufwändigerer Copy+Paste-Vorgang eines bestehenden Projektes ist. Das ist absolut korrekt, denn das ist es in Tat und Wahrheit auch. Aber mal ehrlich: Welches Webprojekt ist das nicht? Ein Copy+Paste zur richtigen Zeit und mit den richtigen Anpassungen sollte nichts Verwerfliches sein.

Als die Projekte eine gewisse Flughöhe erreichten, war es spannend zu beobachten, wie sich die drei Webseiten von Bernhard, Sandro und Frank in unterschiedliche Richtungen entwickelten. Während Bernhard vor allem darauf pochte, das Projekt in einer minimal funktionierenden Version möglichst schnell online zu stellen, feilten Frank und Sandro etwas länger an ihren Webseiten und fügten eigene Logos und diverse weitere Zusatz-Features ein. Die Seiten im Design klar voneinander abzugrenzen, war demnach auch eine grosse Herausforderung, weil man sich im fremden Code zuerst einmal zurecht finden musste.

Positives Feedback

Einige Einträge wurden auf der Karte zunächst durch die Administratoren hinzugefügt. Dafür wurden zahlreichen Webseiten von Restaurants und lokalen Geschäften konsultiert und neu eingerichtete Take-Aways und Heimlieferservices eingetragen. Durch die lokale Berichterstattung und die Verbreitung in den Sozialen Medien, mehrten sich die Punkte auf den interaktiven Karten relativ rasch und die Solidarität innerhalb der Communities war spürbar.

In Chur konnte zudem eine Partnerschaft mit der Jungen Wirtschaftskammer Chur eingegangen werden, die einen Online-Shop für Gutscheine aufgebaut hat. Dadurch kann das lokale Gewerbe zusätzlich unterstützt werden.

Insgesamt ein Projekt, das möglicherweise nicht den Digezz-Innovations-Preis gewinnt, aber eines, das in der jetzigen Zeit wirklich Sinn macht.

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