(K)ein Imagefilm fürs verstaubte Archiv

Bei der jungen Zielgruppe gut ankommen, sich von der Konkurrenz abheben und nicht mehr alt und verstaubt wirken: Ziele, die sich wohl so manch eine Marketingabteilung auf die Fahne schreibt. Doch wie erreicht man diese Ziele, wenn das eigene Geschäft mit alten und verstaubten Dokumenten zu tun hat?

Die Mail im Posteingang war unscheinbar und simpel. Ein fixes Budget, ein klarer Abgabetermin und ein simpler Auftrag: Die Produktion eines «Porträt- oder Imagefilms» für das Landesarchiv des Kantons Glarus. «Worauf warten wir noch, das machen wir», sagten sich drei Multimedia Production Studierende und hauten in die Tasten. Es müssen die richtigen Tasten gewesen sein, kurze Zeit später hatten sie den Auftrag in der Tasche.

Das Konzept steht – oder doch nicht?

Die Fahrt ins Glarnerland war idyllisch, der erste persönliche Kontakt mit dem Auftraggeber angenehm und ein bis auf die letzte Sekunde ausgearbeitetes Drehkonzept vonseiten des Auftraggebers lag auch schon auf dem Tisch. Studentenherz, was willst du mehr?

Bei genauerer Betrachtung des vorliegenden Drehkozepts kam allerdings zutage, dass der geplante Imagefilm zu detailliert die Abläufe im Archiv beschreibt. Es fehlten die Emotionen und ein gewisser Drive in der Story, damit es nicht ein Video wird, wie es sie schon zu Tausenden gibt. Das Imagevideo sollte sich auch jemand gerne anschauen, der keine Ahnung davon hat, was ein Landesarchiv überhaupt macht. Statt das auf dem Silbertablett bereitliegende Konzept des Auftraggebers auszuführen, wurden Alternativen erarbeitet, Vorschläge gemacht, begründet, abgewogen, erklärt, zurückgekrebst und generell viel Fingerspitzengefühl im Umgang mit dem Auftraggeber bewiesen. Ein Aufwand, der sich noch auszahlen sollte.

Zwei Tage für drei Minuten

Mit einem genauen Plan in der Tasche gestalteten sich die Aufnahmen danach deutlich einfacher. Dennoch wurde ein Probe-Drehtag mit nur einzelnen Protagonisten organisiert. Das nahm viel Druck für den richtigen Drehtag weg.

Viel Vergnügen!

(hil)

Kritik
von Bernhard Aebersold, David Marbach und Saskia Marty

Idee und Konzeption

Das ursprüngliche Drehbuch, das der Kunde für uns erstellt hat, war etwas eintönig und altmodisch. Das Drehbuch bestand aus viel Off-Text und Dialogen. Als wir uns vergleichbare Landesarchiv-Imagefilme auf Youtube anschauten, wussten wir wieso. Für uns war klar: Damit die gespielten Dialoge glaubwürdig sind, bräuchte es Schauspielerinnen und Schauspieler. Das kam einerseits aus finanziellen Gründen nicht infrage und anderseits sollte es nicht wie ein Werbespot wirken. Wir erarbeiteten schliesslich ein neues Drehbuch, das die Geschichte im Landesarchiv mit Musik und Texteinblendern erzählen soll.

Umsetzung 

Nach der Erstellung der neuen Story erstellten wir einen Drehplan, an welchen Drehtagen wir welche Bilder im Kasten haben wollten. Wir statteten uns in der Ausleihe für das dunkle Archiv mit viel Licht und lichtstarken Kameras aus. Den Morgen des ersten Drehtages verbrachten wir weitgehend im Archiv. Dabei ging es vor allem darum, Bücher und Regale zu filmen. Und die typischen «Wandregal-Kurbelshots», die in jedem Imagefilm eines Landesarchivs vorkommen müssen. Am Nachmittag drehten wir einige Aufnahmen mit unserer Hauptprotagonstin Eva und filmten wiederum viele historische Dokumente und Bücher im Lesesaal des Landesarchivs. Hier kam auch das Laowa-Objektiv zum Zug, das wir von einem MMP-Kollegen aus Bern ausgeliehen hatten. Das Filmen mit diesem Sondenobjektiv (24mm f14) stellte sich als schwierig heraus. Wir brauchten einige Stunden, bis wir wirklich brauchbare Aufnahmen damit machen konnten. Es lohnt sich aber auf jeden Fall. Es lassen sich nämlich wirklich beeindruckende Makro-Aufnahmen damit machen. Am Abend stand noch ein Drohnenflug auf dem Programm, den wir allerdings ziemlich schnell wieder abbrechen mussten. Erstens spielte das Wetter nicht mit, zweitens erhielten wir immer wieder Warnungen wegen des naheliegenden Flugplatzes in Mollis.

Nach einer weiteren, leichten Überarbeitung unseres Drehbuches stand schliesslich der zweite Drehtag auf dem Programm. An diesem Tag drehten wir vor allem mit unseren Protagonist*innen Eva, Laura und Beat. Zeitlich ging das Ganze gut auf, auch wenn wir die benötigten Bilder in einer ziemlich spontan gewählten Reihenfolge aufnahmen. Am zweiten Drehtag klappte es zwar mit dem Drohnenshot, aber leider nicht mit dem guten Wetter.

Nach diesen zwei Drehtagen stand die Erstellung eines Rohschnitts auf dem Programm. Wir suchten sehr lange nach geeigneter Musik und wiesen dieser eine grosse Bedeutung zu, da wir durch den ganzen Film sehr rhythmisch schnitten. Im Rohschnitt konnten wir uns mehr oder weniger an unseren Drehplan halten, auch wenn sich in der Postproduktion trotzdem einige Änderungen ergaben.

  • Schnitt in Premiere Pro und Animationen in After Effects
  • Anpassungen entsprechend dem Feedback des Kunden
  • Zweiter Drehtermin für Korrekturen
  • Feinschnitt und Colorgrading

Learnings Imagefilm 

Die grösste Schwierigkeit in diesem Projekt bestand in der Erstellung einer passenden Story für die anzusprechende Zielgruppe (Hauptsächlich Schülerinnen und Schüler, Studierende) und die auch dem Budget entsprechend umsetzbar war. Dazu kamen natürlich Vorstellungen des Kunden, die wir mitbedenken und in die Story mit einfliessen lassen mussten. Für uns war von Anfang an klar, dass uns dieses Projekt eine Möglichkeit bot, Neues auszuprobieren.

Erkenntnisse

  • Eine gute Story ist essentiell, um die Zielgruppe anzusprechen.
  • Konzeption und Drehbucherstellung sollten möglichst detailliert sein, damit am Dreh effizient gearbeitet werden kann und das passende Equipment mit am Start ist.
  • Die Kundenwünsche sollten möglichst mit einbezogen werden. Man muss jedoch auch klarstellen, wenn sich etwas gar nicht mit der Story in Einklang bringen lässt.
  • Ein Testdreh lohnt sich sehr. Nimmt viele Unsicherheiten für den richtigen Drehtag weg.
  • Wir sind ein brutal gutes Team!

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