Am Schluss des Films sieht man das Ergebnis: ein «Facechart». Aber was ist das überhaupt und wofür braucht man es? Die Künstlerin im Film heisst Valeria und ist Make-up Artistin bei M.A.C. «Make-up bedeutet für mich, in andere Welten zu tauchen. Ich kann so sein, wie ich sein will», sagt sie.
Facecharts zu malen ist Teil ihrer Arbeit. Ein Make-up Artist ist einfach gesagt ein Künstler, der mit Make-up arbeitet. Oder wie Valeria es nennt, sie macht «Kunst im Gesicht». Aber nicht nur auf Gesichter, sondern eben auch auf Papier. Sei es als spätere Vorlage, Inspiration oder Übung. Ein Facechart ist ein Hilfsmittel, um Make-up Looks festzuhalten. Dabei fliessen aktuelle Trends in die Gestaltung mit ein, ein «richtig oder falsch» gibt es jedoch nicht. Jede und jeder Make-up Artist ist sehr frei in der Umsetzung. Für ein Facechart braucht Valeria je nach «Skill-Level» zehn Minuten bis zu mehreren Stunden. Dabei spielt die Ausarbeitung der Feinheiten eine grosse Rolle. Ein Facechart wirkt simpel, dahinter steckt aber eine Menge Können, um das farblose Papier zum Leben zu erwecken. Ist es ein einfacher Look? Wird die Haut ausgearbeitet? Oder ist es eine Vorlage für eine Fashion-Show?
Die Adaption des Looks vom Papier aufs Gesicht ist eine grosse Herausforderung. Jeder Mensch ist anders, der Look sollte individuell auf das Gesicht angepasst werden. Das allein ist schon eine Kunst, die nicht jeder beherrscht. Valeria sagt, es gehe vor allem darum, eine Stimmung zu kreieren. «Bei Make-up kannst du nicht einfach nach einer Vorlage fünf Zentimeter nach links und fünf Zentimeter nach oben eine Linie malen. Das funktioniert nicht bei allen Menschen gleich». Man arbeitet also mit dem, was man hat.
Inspiration is everywhere!
Saisonale Trends lässt sie einfliessen, aber auch die von M.A.C. alle drei Monate abgehaltenen «Updates». Das sind interne Weiterbildungen, um die Make-up Artisten auf den neuesten Stand der Dinge zu bringen. Dabei werden neue Produkte vorgestellt und neue Looks umgesetzt. Auch einen internen Tumblr-Blog gibt es, wo ausgewählte Senior Make-up Artists von M.A.C. aus der ganzen Welt Looks oder neue Techniken präsentieren können. «Inspiration is everywhere», antwortet Valeria auf die Frage, wie sie denn zu Ideen für neue Looks kommt.
Der internen Community wird in dieser Firma grosse Bedeutung zugemessen. So kann man sich gegenseitig inspirieren und von anderen lernen. Es gibt dafür eigens den Instagramhashtag #myartistcommunity, welchen alle Make-up Artists von M.A.C. weltweit verwenden. Dabei gibt es auch monatliche interne «Challenges», denen sie sich stellen können. Im Dezember war es beispielsweise #macglitter. Dann kreieren die Make-up Artisten einen Look zu diesem Thema und veröffentlichen ihn mit den vorgegebenen Hashtags. So besteht auch die Chance, dass das Foto von der offiziellen M.A.C.-Instagramseite repostet wird.
«M.A.C.» ist eine Abkürzung für Makeup Artistic Cosmetics und wurde ursprünglich exklusiv für Make-up Artists und den Backstage-Bereich entwickelt. Frank Tosca und Frank Angelo arbeiteten selber als Make-up Artists und Hair-Stylisten. Doch damals, im Jahr 1984, gab es noch kein spezielles Make-up für die Bühne. Ausgefallene Farben suchten sie vergebens. Und so begannen sie, selbst welches zu entwickeln. Zu Beginn fanden die Produkte vor allem bei Fashion-Shows, im Theater und bei Musikern Verwendung. Kurz darauf entschieden die beiden Gründer die Produkte für alle zugänglich zu machen. 1984 eröffnete in Toronto, Kanada der erste «Counter». So werden die Verkaufsstellen genannt. 1996 wurde die Firma von der Estée Lauder Group übernommen und von da an weltweit vertrieben. Heutzutage ist M.A.C. Marktführer und Prestigemarke Nummer eins für dekorative Kosmetik – weltweit.
All races. All Ages. All Sexes.
M.A.C. hat eine stark ausgeprägte Firmenethik. Ihre Vision heisst: Jeder Mensch soll so gelassen werden, wie er ist. M.A.C. möchte nicht Menschen verändern, sondern lediglich jeder Person ein besseres Gefühl geben und die Schönheit jeder Person betonen. «All races, all ages, all sexes», das ist ihr Credo.
Bei M.A.C. arbeiten kann grundsätzlich jede und jeder, der die Passion und das Talent dafür hat. Eine einheitliche Ausbildung gibt es nicht, denn Visagist/in ist kein geschützter Beruf. Es gibt Schulen, die Kurse in diese Richtung anbieten. Voraussetzung ist ein Abschluss für M.A.C. jedoch nicht. Ein gewisses Flair für Make-up und vor allem künstlerisches Talent müssen aber alle mitbringen.
Der Arbeitsalltag eines Make-up Artists ist sehr vielfältig. Die Beratung und der Verkauf von Produkten am Counter oder im Store gehören ebenso dazu, wie Schminktermine oder Lessons für Kundinnen und Kunden. Valeria gehört auch noch zum «Event-Team» Schweiz. Dazu muss jedes Jahr eine Prüfung absolviert werden, denn nur die besten sechs Make-up Artisten werden in das Team aufgenommen. Das Event-Team ist an Musikfestivals, Promos und Presse-Events anzutreffen. Ausserdem arbeitet das Event-Team «backstage» an den grossen Fashionweeks in Europa. Dazu gehören zum Beispiel Paris und Mailand. «Es ist schon so, dass du vor jeder Show nervös bist. Da sind immer Senior Artists, oder berühmte Models oder Designer von denen du Fan bist, dabei. Da gibt es dann schon gewisses Adrenalin», bestätigt Valeria.
Fashion. Shows. Gurus.
Wir wollten wissen: Wie läuft denn das hinter den Kulissen so ab? «Das Wichtigste», meint Valeria, «ist die Diskretion.» Man hält sich zurück und befolgt Anweisungen. Zuerst bekommt man eine Schminkstation zugeteilt. Dann schminkt der «Key-Artist», also der, der den Look entwickelt hat, ihn vor. Dann werden die Models auf die Artists aufgeteilt, welche den Look dann auf die einzelnen Personen adaptieren. Jedes Model wird vom Key-Artist sorgfältig kontrolliert, bevor sie ins «Line-up» gehen. So wird die Warteschlange vor dem Auftritt genannt. Dort wird nochmals die Haut der Models kontrolliert. Meist gibt es zwei Teams: Team Face und Team Body, die sich um die jeweiligen Parts kümmern. Nach jeder Runde auf dem Laufsteg wird nachkontrolliert. Manchmal ist alles super durchstrukturiert, manchmal auch sehr chaotisch. Dann sprechen sich die Make-up Artists untereinander ab.
Eine Erfolgsstory ist Valeria besonders geblieben: Ein Mal schminkte sie an einer Show, bei der Tom Pecheux der Key-Artist war. Pecheux kreiert unter anderem die Looks für die Victoria’s Secret Show und gilt in der Branche als echter Guru. Bei den Kontrollen ist er immer sehr pingelig. An Valerias Trainerin, die auch auf der Show war, hatte er bereits herum gemäkelt. Für Valeria hatte er aber nur lobende Worte übrig. Er war beim Vorbeigehen schon so zufrieden, dass sie den Look am Schluss nicht mal mehr zeigen musste. «Du machst das schon so perfekt, ich vertraue dir», hatte er ihr gesagt. «Das ist für uns Make-up Artists schon sehr viel wert. Wenn dir so ein Profi das sagt, dann bist du mega happy.»
Eine Woche Fashionshow, zwei Shows pro Tag. Da kommen sehr viele Eindrücke zusammen. «Cool ist jeweils auch, wenn wir die Rehearsals der Shows schauen dürfen. Und meistens gibt es nach den Shows noch eine Afterparty», grinst Valeria.
Bevor es weiter zu den Parties geht, übt und perfektioniert Valeria ihre Technik fleissig mit Facecharts und malt ihre Looks in die Gesichter der Menschen. Sie hat gerade eine Zusage erhalten: Im Januar geht es wieder nach Paris an die Haute Couture Show.
Valerias Instagrampage
M.A.C.s Instagrampage
M.A.C. Webseite
(mm)