Medienlandschaft Schulzimmer

Digitalisierung, Medialisierung, Big Data und Fake News: Das sind alles Themen, die uns Erwachsene regelmässig überfordern und gelegentlich vor grosse Herausforderungen stellen. Doch wie sehen die Kids von heute diese Dinge? Rede und Antwort steht die sechste Klasse des Schulhauses Hof in St. Gallen.

Rückblende: In der sechsten Klasse war die Welt für uns noch «voll in Ordnung». Klar, Hausaufgaben lösen war auch damals Mist. Doch war man erstmal damit fertig, durften bis zum Abendessen noch Computerspiele auf dem PC der Eltern gezockt werden. Und dann, wenn das Licht gelöscht und die Mutter «Gute Nacht!» gerufen hatte, erhellte der kleine Bildschirm des Gameboy Advanced noch eine Weile die Innenseite der Bettdecke.

Super Mario und Ash von Pokémon: Sie waren die Protagonisten in den Geschichten, die wir uns in der grossen Pause des nächsten Schultages erzählten. Es ging damals noch nicht um die neusten Twitter-Posts eines gewissen hell blondierten, westlichen Machthabers. Und auch nicht darum, ob deren Inhalt nun der Wahrheit entspricht oder es sich lediglich um Falschmeldungen handelt. Doch heute tut es das ­– uns muss es auch. Solche Debatten sind normal.

Nicht normal ist jedoch die Situation, in der wir uns befinden. Heute stehen wir vor der sechsten Klasse des Schulhauses Hof in St. Gallen und nehmen die Rolle der Gastdozenten zum Thema Medien in der Schule ein. Der Lehrer Stan Freid ist gleich alt wie wir. Komische Situation, denn unweigerlich wird uns bewusst, dass wir keine Kinder mehr sind. Doch wie stark unterscheidet sich unsere Sicht auf die Facetten des Themas Medien mit der kindlichen Perspektive der Sechstklässler, die heute vor uns stehen?

Wie ist ihr Umgang mit dem Smartphone? Welche Games zocken und welche Apps benutzen sie? Wie setzen sie die sozialen Medien ein? Und gehen sie im Netz blauäugig mit ihren Daten um oder sind sie reflektierter als wir es erwarten?

Diesen Fragen stellen sich die Kids in unserem Video – und geben uns Erwachsenen damit die Gelegenheit, über die Art und Weise nachzudenken, wie wir solche Themen gemeinsam mit der jüngeren Generation aufarbeiten sollten. Denn das sei wichtig, sagt Lehrer Stand Freid: «Sie sind unsere Zukunft!»

(fms)

Kritik
von Florin Rüdisühli, Max Eschler und Dean Shirley

Die Idee

Die Projektidee kam uns beim gemeinsamen Philosophieren in der WG. In unserem Studium befassen wir uns intensiv mit der Mediennutzung von Erwachsenen und Jugendlichen. Als wir noch in der Grundschule waren, mussten wir uns noch nicht damit auseinandersetzen, welchen Stars wir auf Instagram oder Youtube folgen. Die einzigen Sorgen waren das bevorstehende Diktat oder die vergessenen Mathehausaufgaben. Dies brachte uns zu der Frage: Wie ist es heute in der Grundschule?

Die Probleme, aber auch die Möglichkeiten, welche man durch das Smartphone und die neuen Medien erhält, sind allgegenwärtig. Uns interessierte, wie dieses Thema in einer 6. Klasse behandelt wird. Also zu einem Zeitpunkt, zu dem die Kids selbständig werden müssen, jedoch auch einfach noch Kinder sind. Wir wollten herausfinden, ob die Medien und Smartphones im Unterricht behandelt werden – und was die Lehrpersonen darüber denken. Was uns aber am meisten unter den Nägeln brannte, war die Frage, wie die Schüler heute mit Instagram, Facebook & Co. umgehen.

Es war schwierig uns in die Rolle eines heutigen 6.Klässler’s hineinzuversetzen, denn wir konnten nur erahnen, dass die Schüler von heute andere Gesprächsthemen auf dem Pausenplatz haben, als wir noch vor 10 Jahren. Die Thematik faszinierte uns so, dass wir unbedingt mit einer Klasse den Dialog suchen wollten und eine Art Workshop Schrägstrich Gruppeninterview Schrägstrich Einzelinterview durchführen wollten.

Vorbereitung

Wir hatten auch schon eine Idee mit welcher Klasse wir das Thema behandeln könnten. Ein guter Freund von uns (Stan Freid) beendete die Pädagogische Hochschule letzten Sommer und unterrichtet heute eine 6. Klasse im Schulhaus Hof im Kanton St. Gallen. Wie es der Zufall wollte, fanden wir heraus, dass er sogar Informatik und Medien unterrichtet. Somit war das perfekte Umfeld für unser Digezz-Projekt gesetzt. Wir stellten uns vor, dass wir einen Termin abmachen und dort mit unserem Equipment auftauchen, um die Schüler zu befragen. So einfach ging das nun aber nicht. Die Problematik des Datenschutzes und der Grundschulbürokratie machte uns vorerst einen Stich durch die Rechnung.

Also haben wir ein detailliertes Papier aufgesetzt, das als Projektanfrage zur Schulleitung ging. Wir versuchten so genau wie möglich das Thema zu beschreiben und unsere Projektidee zu erläutern. Nach einigen Anpassungen nach einem Gespräch mit Stan Freid haben wir die Erlaubnis des Rektorats erhalten. Wir haben uns darauf geeinigt, ein Video für Herrn Freid und die Schule zu produzieren und eines für unser Digezz-Projekt.

Die letzte Hürde war nun noch die Einwilligungserklärung. Wir waren zuversichtlich, dass die Eltern der Kinder unser Projekt spannend finden und die Erklärung unterschreiben. Also setzten wir wieder ein Dokument auf, in dem wir die Idee beschrieben und versicherten, dass die Persönlichkeit und Würde der Kinder respektiert werde. Es mussten noch andere Punkte in das Dokument, wie zum Beispiel, wo das Video publiziert wird und dass die Produktion im Rahmen unseres Digezz-Projektes gemacht wird und dadurch für die Schule und die Eltern zugänglich ist. Diesen Brief hat die Schulleitung dann an alle Eltern geschickt und fast alle Eltern waren damit einverstanden und haben unterschrieben.

Nach diesen sehr langwierigen Abklärungen, setzten wir uns mit dem detaillierten Inhalt unseres Projekts auseinander. Dafür konzipierten wir einen Ablaufplan. Dieser bestand aus drei Teilen.

Das Ziel im ersten Teil war simpel: Das Eis brechen! Dafür erstellten wie eine Präsentation, in der wir uns vorstellten und natürlich auch lustige Fail-Videos einbanden. Wir wollten mit den Schülern in einen offenen Dialog treten und spielerisch eine Art Gruppenbefragung durchführen, während wir immer wieder von unseren eigenen Eindrücken bezüglich der Medienlandschaft erzählten. Für die Befragung erstellten wir einen Fragenkatalog, der uns als Leitfaden in dem vielleicht chaotisch werdenden hin und her Gespräch dienen sollte.

Im zweiten Teil wollten wir persönliche Gespräche, also Einzelinterviews durchführen. Dafür haben wir Stan Freid gebeten, in die Klasse zu fragen, wer denn Lust hätte, mit uns alleine zu sprechen. Gleich sechs Schüler hatten darauf Lust. Für die Einzelinterviews erstellten wir ebenfalls einen Fragenkatalog, mit der Möglichkeit, offene Frage einzubauen.

In einem dritten Teil wollten wir den Lehrer befragen. Wir haben ein Interview vorbereitet, wussten jedoch auch, dass wir nach den Gesprächen mit den Schülern wahrscheinlich noch spontane Fragen einbauen werden.

Umsetzung

Um Punkt zwölf fuhren wir samt Equipment auf dem Parkplatz der Schule Hof in St.Gallen vor. Ein mit Vorfreude strahlender Stan Freid begrüsste uns und half, das Equipment in das Schulzimmer zu tragen. Das Schulzimmer war genau so eingerichtet wie wir es von unseren Schulzimmern von früher noch kannten. Das Lehrerpult stand in der vorderen linken Ecke neben dem Fester, die Bänke der Kinder reihten sich durch das Zimmer nach hinten. Trotz der heutigen Technik hing noch immer eine schwarze Wandtafel an der Wand. Nach kurzem schwelgen in Erinnerungen an unsere Schulzeit ging es auch schon ans Aufbauen der Technik und Umstellen des Klassenzimmers.

Für den ersten Block, also die Gruppenbefragung/Workshop, entschieden wir uns die Klasse in zwei Reihen einzuteilen. Die erste auf einer Bank sitzend gefolgt von den Kindern welche auf dem Tisch Platz nahmen. Wir beschlossen, mit zwei Kameras zu filmen, um im Schnitt etwas mehr Dynamik zu erhalten. Eine Kamera positionierten wir vor der Klasse um alle Kinder im Filmausschnitt zu haben und so die Reaktion der gesamten Klasse festzuhalten. Mit der zweiten Kamera filmten wir aus der Hand mit dem Fokus auf einzelne Kinder.

Nach dem Aufbau der Technik und dem umstellen des Klassenzimmers blieb uns noch etwas Zeit uns zu sammeln und letzte Details zu besprechen. Wir waren guten Mutes und freuten uns auf einen spannenden Nachmittag.

Um 13.15 wurde es laut im Schulzimmer und die ersten Kinder stürmten herein. Wir waren sofort das Zentrum der Aufmerksamkeit und wurden gelöchert mit Fragen zum Ablauf des Nachmittages, den Kameras und wer wir genau waren. Nach einer kurzen Einführung von Stan Freid übernahmen wir das Ruder und führten in 45 Minuten einen interessanten Workshop mit den Kindern durch.

Nach einer kurzen Pause baten wir die sechs Kinder, welche bereits im Vorfeld zu einem Einzelinterview zugestimmt hatten, zum Einzelgespräch. Auch hier haben wir mit zwei Kameras gefilmt. Einer statischen, welche wir vor ihnen auf einem Stativ aufgebaut haben und einer dynamischen Kamera. Es war interessant zu sehen wie unterschiedlich die Kinder auf unsere Fragen zu Datenschutz, Online-Mobbing und den allgemeinen Gefahren im Netz geantwortet haben. Einige waren eher zurückhaltend, wohingegen andere wie aus dem Nähkästchen geplaudert haben.

Das Interview mit Stan Freid war das Letzte des Tages. Auch hier haben wir uns für das gleiche Kamerasetup entschieden. Wir wollten wissen wie er die Gefahren für die Schüler in Bezug zur Mediennutzung einschätzt.

Equipment 

Bild

  • 2x Sony PXW-FS5 Set
  • 1x Videostativ Manfrotto
  • 1x Filmklappe
  • 1x Fujifilm X100F für Fotos

Licht

  • 2x Manfrotto Lichtstativ 3-Bein
  • 2x LED Panel SWIT 35x35 cm S-2120C
  • 1x Faltreflektor

Audio

  • 1x K-Tec Tonangel
  • 1x Funkset Sennheiser AVX
  • 1x Audiorecorder Zoom H6
  • 1x Rode Richtimikrofon NTG-2
  • 1x Richtimikrofon Sennheiser MKH416

Postproduction

Ziel war es, das Video mit 3-4 Minuten eher kurz zu halten. Da wir aber viel Filmmaterial hatten, mussten wir uns auf kurze und knackige Aussagen festlegen. Es viel uns schwer, den ersten Teil, also den Workshop mit der ganzen Klasse in den Film einzubauen. Oft war die Interaktion mit der Klasse zwar gut, jedoch ergab diese keine guten Aussagen der Kinder. Dies war der Hauptgrund weshalb wir, bis auf drei kurze Szenen, komplett auf diesen Teil verzichtet haben und den Fokus auf die Einzelinterviews legten.

Aufgrund der Aussagen der Schüler und von Stan Freid haben wir uns auf einen roten Faden, welcher durch das Video leiten sollte, entschieden. Grob sah er wie folgt aus:

  • Handyverbot an der Schule: Gründe dafür und die Erläuterung von Stan Freid.
  • Meinung der Kinder zum Handyverbot und warum dies so ist.
  • Was die Kinder mit dem Handy in der Schule anstellen würden. Hat es einen Nutzen für sie?
  • Einfluss der Medien auf die Kinder. Meinung von Stan Freid.
  • Meinung der Kinder zum Thema Datenschutz.
  • Können die Kinder Gefahren im Netz abschätzen? Meinung von Stan Freid.
  • Gefahr und Chancen. Meinung von Stan Freid.
  • Lustiger Abschluss mit den Kinder.n

Technisch gesehen war in der Postproduction die Sichtung des Materials und die Auswahl der Szenen die langwierigste Angelegenheit. War das jedoch erstmal geregelt, gingen Schnitt und Farbbearbeitung relativ leicht von der Hand. Grund dafür, waren die spannenden und teils sehr lustigen Aussagen der Kids, und das dadurch sehr unterhaltsame Footage. 

Fazit

Obwohl wir nicht genau wussten, auf was wir uns einlassen oder was für Antworten und Erkenntnissen wir aus diesem Digezz-Projekt gewinnen werden, haben wir unglaublich viel gelernt und einen spannenden Einblick in die Mediennutzung in  der Grundschule bekommen. Wir verstehen nun die Problematik sowie auch die Bedürfnisse der Kinder besser. Wie sich der Umgang mit den sozialen Medien und des Smartphones weiterentwickelt, das wird die Zukunft zeigen.

Das Thema faszinierte uns jedoch so sehr, dass wir gerade in der Abklärung mit einer Sekundarschule sind, um diese Thematik in einem anderen Setting aufzugreifen und auf Bild einzufangen. Womöglich werden wir im nächsten Semester mit einer Sekundarklasse über ähnliche Themen sprechen. Nicht nur um die Antworten und Erkenntnisse zu vergleichen, sondern weil es in der Sekundarstufe Gang und Gäbe ist, dass die Schüler mit dem Smartphone in die Schule kommen. Wie gehen die Lehrer damit um? Gibt es vielleicht sogar Unterricht mit dem Smartphone? Stay Tuned!

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