Rapvideo – «Gunstwärk»

«Blutti Frauenfüdli», den neusten Porsche und massenhaft Geld – wirst du im folgenden Video nicht zu sehen bekommen. Obwohl es sich um ein Rapvideo handelt, wurde in diesem Musikvideo ein anderer Stil als das übliche Rapper-Klischee umgesetzt.

Der Mundartrapper Cassel – mit bürgerlichem Namen Marc Hofer – steckt bereits seit seiner Kindheit sein Herzblut in die Musik. Im Jahr 2010 nahm er sein erstes Kurzalbum auf. Nach fünf Jahren Texte schreiben folgte das Album «Vo de Bar» und im Jahr 2017 die EP «Gunstwärk». Seine Texte sind mal gesellschaftskritisch, mal persönlich und meistens mit einer Prise Humor beschmückt. Er rappt über Themen, die ihn beschäftigen. Über Zeitgeist, zwischenmenschliche Beziehungen, Liebe, Hass oder einfach gesagt: das Leben. Seine Songs reichen von Partyhits mit satten Beats bis zu nachdenklichen, beinahe schon Poetry-Slam-ähnlichen Liedern. In den meisten seiner Lieder möchte er aber Hoffnung, Wertschätzung und seine Liebe zu Gott weitergeben.

Für seine neueste EP namens «Gunstwärk» und dem Albumrelease wollte er den Hauptsong verfilmen. Mit dem gleichnamigen Lied möchte der Rapper die Welt und die damit verbundenen Werke aufzeigen, welche Gott als Schöpfer geschaffen hat.

Die Videoaufnahmen sollen die Aussagen vom Liedtext unterstreichen und zur Geltung bringen. Aus diesem Grund war unser Rezept für den Song Gunstwärk: Naturaufnahmen in Form von Drohnenshots und Nahaufnahmen von wortgetreuen Sujets. Diese und die verschiedenen Timelapses, welche die stetige Veränderung dargestellt, führen als roter Faden durchs Video.

Nebst dem ganzen Musikvideo haben wir eine Kurzversion als Teaser zusammengestellt:

(mm)

Kritik
von Stephanie Künzler und Bianca Meyer

Idee/Motivation
Im Frühjahr 2017 durften wir bereits für das Minor Postproduction ein Rapvideo für den Aargauer Musiker drehen. Damals versuchten wir mittels des Videos eine Geschichte zu erzählen, die auch im Songtext erzählt wird. Aufgrund einer neuen EP von Cassel hat sich die Möglichkeit ergeben, ein weiteres Musikvideo und Teaser für den Albumrelease zu erstellen.
Das vor wenigen Monaten produzierte Video Liechtermeer gibt es hier zu sehen.

Vorgehen/Vorarbeit
Beim ersten Briefing mit Marc Hofer wurden gegenseitige Ideen und Vorstellungen ausgetauscht. Die Bedingungen des Musikers waren folgende: Es müssen im Clip hin und wieder die «Flaggen» zur Erkennung erscheinen, sowie eindrückliche Landschaftsbilder gezeigt werden. Alles in allem liess er uns jedoch sehr viele Freiheiten bei der Planung und Gestaltung des Musikvideos.

Anschliessend haben wir uns ans Storyboard gesetzt. Wir wollten für jede einzelne Zeile ein passendes Mood-Bild finden, um eine Referenz für den Film zu haben, wie z.B. für die Wörter «Ende» das Ende einer Beziehung mit einem herunterfallenden Ring zu symbolisieren. Gesagt getan: wir haben uns auf die Suche nach den verschiedenen Gegenständen gemacht, die die Wörter in den Texten verkörpern sollten.

Das Lied von dem Gunstwärk steht symbolisierend für unsere Welt, wodurch es uns ein Anliegen war, nebst den symbolartigen Szenen, durch eindrückliche Landschafts-Drohnenaufnahmen die Schönheit der Welt zu zeigen. Die Suche nach geeigneten «Flugplätzen» ging los. Wo befindet sich kein Flugplatz, welcher Berg ist möglichst befahrbar und wie sieht die Topographie dort aus? Mit der Recherche und Festlegung der Orte war es jedoch noch nicht getan. Mit welchem Fahrzeug gelangen wir an abgelegene Orte? Wie sieht das Wetter an den entsprechenden Tagen aus, ist der K-Index in Ordnung und wie lange fliegt überhaupt das Drohnenmodell? Die Vorbereitungen verlangte einiges an Zeit und Organisation ab.

Drehorte
Da wir für das Video etliche Naturaufnahmen geplant haben, mussten wir an ziemlich viele verschiedene Orte gehen. Hier eine Handvoll der Lokalitäten:

  • Chur (Naturaufnahmen, Timelapse)
  • Klöntalersee Glarus (Drohnenaufnahmen)
  • Obersee Glarus (Drohnenaufnahmen)
  • Rheinfelden (Drohnen- & Nahaufnahmen Sujets)
  • Möhlin (Timelapse, Waldaufnahmen)
  • Muttenz (Nahaufnahmen)
  • Caumasee (Naturaufnahmen)
  • Eimeldingen (Drohnenaufnahmmen)
  • Gempen (Drohnenaufnahmen)
  • Falera (Drohnenaufnahmen)

Dreh
Am ersten Drehtag wollten wir möglichst viele Nahaufnahmen und Gegenstände filmen. Diese wurden einerseits in der Natur, aber auch drinnen aufgenommen.
Am zweiten Drehtag fuhren wir mit einer privaten Yuneec Drohne in die Rheinschlucht. Als wir zum ersten Flug ansetzten, haben wir rasch bemerkt, dass die Akkus der Drohne altersbedingt nicht genügend ausreichend war – denn bereits nach einer Flugminute in der Luft, mussten wir die Drohne bereits wieder laden. Der gesamte Weg zur Rheinschlucht war also in der Tat ein absoluter «Reinfall».

Der dritte Drehtag wurde somit arrangiert. Mit dem HTW-Auto und der Phantom 5 Drohne im Kofferraum ging es los in Richtung Glarus. Zu Beginn klappten die Drohnenflüge praktisch problemlos. Die Wetterverhältnisse waren geeignet und die Orte abgelegen.  Nach ein paar Flügen, wollte sich jedoch das Smartphone nicht mehr mit der Drohne verbinden, worauf wir nur noch mit der normalen Kamera aufnahmen machen konnten und auf die Drohne verzichten mussten. Nach bestellten Akkus für die private Drohne, war es uns möglich die fehlenden Drohnen-Shots später nachzuholen.

Material
Da wir das Audio nicht aufnehmen mussten, haben wir keine Audiogeräte ausgeliehen.

  • Canon EOS 5D Mk3 Set
  • DJI Phantom 5
  • Yuneec
  • Sony PXD 70D
  • Sony FS 5 für Timelapse
  • Shape Schulterstützensystem Composite Stabilizer (compostab)
  • Canon EOS 5D Mk3 Set
  • Syrp Slider Set Magic Carpet Combo
  • Tiffen Variabler ND-Filter 77mm (Insbesondere bei Timelapse nicht zu vergessen)
  • Focus Monitor
  • Objektiv Canon EF 50mm f1.4
  • Videostativ Miller DS20

Herausforderung Filmdreh
Während der gesamten Videoproduktion hatten wir einigen Herausforderungen entgegenzutreten.

Wetterverhältnisse: Ein grosser Knackpunkt war die gewünschte Stimmung durchs gesamte Video durchzuziehen. Farblich sollten die Bilder in kalten, ungesättigten Farbtönen daherkommen, um eine melancholisch und nachdenkliche Stimmung zu erreichen. Somit mussten wir beim Drehtag entsprechende Wetterverhältnisse antreffen. Die Sonne sollte nicht scheinen, Regenschauer war unerwünscht und die Windgeschwindigkeit musste niedrig sein, um mit der Drohne überhaupt fliegen zu können. Zudem wollten wir ein paar Nebel-Naturaufnahmen erwischen – zu viel Wolken und Nebel verursachten jedoch eine grellweisse Aufnahme. Zudem musste es genügend hell sein, was in den winterlichen Monaten bei dem frühen Sonnenuntergang auch ein ziemlich taffer Drehplan erforderte. Auch die Temperaturen waren nicht zu unterschätzen, denn bei Minusgraden sollte die Drohne nicht mehr geflogen werden und der Akku wird bei Kälte schneller leer.

Netzempfang: Beim Drohnenfliegen waren wir auf einen guten Netzempfang beim Smartphone angewiesen, um die Drohne koppeln zu können. Bei abgelegenen Orten kam es dann manchmal vor, dass wir kein Netzempfang hatten und die Drohnenaufnahmen abgebrochen werden mussten. Des Weiteren funktionierte das Drohnen-App eine Zeit lang nicht mehr auf den iOS Geräten.

Herausforderungen Postproduction
Nach dem ersten Rohschnitt mussten wir feststellen, dass die schnellen Schnitte auf die Wörter und den dazu passenden Gegenständen eine grosse Unruhe ins Video brachten. Teilweise passten die einzelnen Szenen auch nicht zueinander. Da wir viele Slowmotion Aufnahmen hatten, wirkten andere Aufnahmen langweilig oder zu statisch. Nach langem hin und her haben wir uns daher entschieden, mehr Drohnenshots zu zeigen und weniger auf die einzelnen Wörter einzugehen. So konnten wir eine Ruhe und die gewünschte Stimmung ins Video bringen.

Nachdem der Grobschnitt stand, wollten wir fliessende Übergänge erstellen. Zuerst arbeiteten wir mit Ankerpoints, bei denen wir pro Clip die Schnelligkeit verstellt haben. Leider verschiebt diese Art des Übergangs aber auch den gesamten Schnitt, wodurch es unser gesamter Schnitt verschoben hat und die Clips teilweise zu kurz wurden. Wir gingen auf die Suche nach einer Alternative und sind nach der Durchsicht sämtlicher Tutorials auf Youtube auf ein Übergangs-Preset gestossen, bei dem es einen Pan Swish gibt. So war es uns möglich den Schnitt so zu lassen wie er war und trotzdem fliessende Transitions zu erstellen.

Anschliessend kam die Colour Correction, was nochmals sehr viel Nerven gekostet hat. Da wir mit verschiedenen Kameras gefilmt haben, waren die Farben in den einzelnen Clips sehr unterschiedlich. Zudem hatten wir verschiedene Laptop-Screens und wussten nicht, welcher als beste Referenz dient. Zuerst versuchten wir mit einem Referenzbild, die RGB-Kurven auf dieses Bild anzupassen, wobei die Farben auf dem einen Screen viel zu Rosa wirkten und wir mussten von vorne starten. Also probierten wir im zweiten Durchlauf den Weissabgleich im Nachhinein auf allen Videos auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Nachdem die einzelnen Clips auf der gleichen Basis waren, haben wir alle Clips entsättigt und das Rot aus den Clips gezogen.

Teaser
Nebst dem Endvideo haben wir für den Albumrelease für Cassel zuerst einen Teaser für Social Media erstellt. Bei dieser abgespeckten Version haben wir noch mit dem alten Konzept der schnellen Schnitte gearbeitet. Da der Teaser einen Teil des Hauptvideos ist, versuchten wir diesen Ausschnitt im Video nicht mehr grob zu verändern. So haben wir in der Postproduction nur 1-2 Sequenzen angepasst.

Fazit
Wir haben aus diesem Videodreh einiges gelernt. Zunächst werden wir wenn möglich nie wieder mit 5 verschiedenen Kameras filmen. Das hat uns die Postproduction sehr erschwert, da wir extrem lange an den Farben herumgebastelt haben und diese immer noch nicht zu 100% stimmig sind. Wir waren froh, während den meisten Drehtagen einen Referenzscreen dabeigehabt zu haben, wodurch wir die Schärfe im Bild besser erkennen konnten.
Bei den Drohnenaufnahmen haben wir erst zu spät das Bild geprüft und realisiert, dass die Aufnahmen teilweise körnig geworden sind. Zudem ist es gerade bei der Drohne stets wichtig zu überprüfen, ob das App einwandfrei funktioniert.
Ein weiteres Learning war die Konzeptumsetzung. Für einen nächsten Film ist es hilfreich, sich vor dem Dreh Gedanken über die Geschwindigkeit des Schnittes zu machen. Für die Planung ist dies hilfreich, denn je nach Schnitttempo braucht man viel mehr Einstellungen. Wir hätten uns viel Zeit gespart, hätten wir uns von Anfang an direkt so entschieden.

Nebst dem wir mit einer Toaster Aufnahme fast den Feueralarm ausgelöst hätten und viele Aufnahmen durch den Konzept-Wechsel nicht mehr benutzen konnten, sind wir mit dem Endergebnis zufrieden.

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