Super 8

Was haben die Regisseure Quentin Tarantino, Wes Anderson und Christopher Nolan gemeinsam? Ihre neuen Filme wurden allesamt analog produziert. Analoge Produktionen sind äusserst kostspielig und auch aufwendiger in der Produktion als digitale – wieso also erlebt dieses Format wieder einen Aufschwung?

Als Christopher Nolan im Jahr 2014 seinen Film Interstellar veröffentlichte und bekannt wurde, dass er diesen analog auf 35mm- und 65mm-Film produziert hatte, waren viele Kinos zuerst einmal überfordert. Ein Grossteil der Kinos war gar nicht mehr mit Projektoren ausgestattet, um analoge Filme vorführen zu können. Doch Nolan liess sich dadurch nicht beirren und belohnte Kinos mit analogen Projektoren und liess sie den Film zwei Tage vor dem offiziellen Kinostart vorführen. Wer den Film digital zeigte, musste sich gedulden.

Auch Quentin Tarantinos neuester Film «The Hateful 8» wurde auf 70mm-Film gedreht. Für Tarantino stand eine digitale Produktion gar nie zur Debatte. Er sieht im analogen Format gar die Rettung des Kinos. In einer Zeit wo sich immer weniger Besucher in die Kinos locken lassen und auch visuelle Spektakel wie das IMAX nicht mehr richtig ziehen, muss man eben erfinderisch werden. Tarantino behielt recht und das Format fand Anklang.

Qualitativ sind klar Unterschiede zwischen den beiden Formaten zu erkennen. Digitale Produktionen haben eine wesentlich höhere Auflösung, mit der analoge Formate schlichtweg nicht mithalten können. Diese technisch nahezu perfekten Bilder wirken auf das menschliche Auge bald langweilig und steril. Und hier können analoge Filme nun alles wieder wett machen. Analoge Produktionen haben mehrheitlich diesen einen speziellen Look, an den digitale Produktionen kaum herankommen. Je nachdem, welcher Film benutzt wird, spielen Gradationskurven, Farb- und Lichtempfindlichkeit sowie Sättigung und Korn eine individuelle Rolle, wodurch jede Produktion einen unverkennbaren visuellen Stempel hat. Immer mehr Menschen suchen im momentanen Zeitalter wieder nach einer solchen Einzigartigkeit, leider aber gibt es nur noch sehr wenige Hersteller dieser analog Filme. Kodak jedoch hat auf diesen Trend reagiert und verkauft nun sogar wieder Super 8-Kameras und stellt passende Filme dazu her.

Nun haben wir versucht herauszufinden, was am analogen Filmen reizt. Mit einer Super 8-Kamera, die zu Hause auf dem Dachboden verstaubte, machten wir uns auf den Weg an den Crestasee. Die digitale Kamera durfte ebenfalls nicht fehlen, damit wir die Möglichkeit eines direkten Vergleichs von digital und analog hatten. Was zu sagen ist: Super 8 ist nicht vergleichbar mit dem 35mm- bzw. 70mm-Format, die in den Produktionen von Blockbustern verwendet werden, aber es hat dennoch diesen speziellen Look von analog, den auch eine Sony A7ii nicht imitieren kann.

Das Projekt war kein einfaches Unterfangen, wie sich ziemlich schnell herausstellte. Analoge Filme sind heutzutage nämlich teuer und so konnten wir uns nur zwei Filme leisten, die jeweils knapp drei Minuten lang waren. Dies führte dazu, dass wir den Dreh minutiös planen mussten um sicherzustellen, dass wir den gesamten Filminhalt auf die zwei Filmrollen brachten. Filmen, ohne dabei ein Take wiederholen zu können – das ist etwas, das wir so gar nicht kannten.

Wie das Resultat der beiden Kurzfilme aussieht, könnt ihr hier nun bestaunen.

Analoge Aufnahme

Digitale Aufnahme

(fs)

Kritik
von Carmen Wenger, Jana Figliuolo und Lucas Nold

Vorbereitung

Die Planung des Drehs war äussersts wichtig bei diesem Projekt. Da die Filmrollen sehr teuer sind und wir uns somit beim Dreh keine Fehler erlauben konnten, war ein Storyboard unabdingbar. Wir verzichteten bewusst auf einen Film mit viel Inhalt, wichtiger war uns, in verschiedenen Situationen filmen zu können. Nachdem die ersten Ideen standen und Jana’s Hund für den Dreh gebucht war, gingen zuerst nur mit der Digitalen Kamera an den Drehort um herauszufinden, wie lange jeweils ein Shot ungefähr sein wird und welche Bewegungen darin vorkommen. So konnten wir auf die Sekunde genau berechnen, wie viel analog Film wir ungefähr brauchen würden. 

Wie bereits oben erwähnt, ist analog zu filmen mit einigen Schwierigkeiten verbunden, aber die Handhabung der Super 8 Kamera machte vieles einfacher. Die Bedienungsanleitungen für alte Kameras findet man fast immer online und so galt es am Drehtag nur noch, das gelesene und “trocken-geübte” in der Realität umzusetzen. Viel schwieriger war das Organisieren der analogen Filme. Nur noch wenige Fotofachhändler bieten die Filme an. Fündig wurden wir schliesslich bei einem Fotofachhändler aus Bern und einem Filmfachgeschäft aus Berlin. Bei der Fotomedia AG aus Bern, konnten wir die Filme glücklicherweise gleich auch noch entwickeln lassen. Ein sehr teures Unterfangen, muss doch jedes Frame einzeln entwickelt werden. Doch die Neugier war zu gross, um uns jetzt vom Preis abschrecken zu lassen.

Rund einen Monat mussten wir auf die Ergebnisse warten. Unsere Vorfreude war riesig, wir konnten es kaum erwarten das Material zu sichten. Wir waren es uns nicht gewöhnt, so lange auf gefilmtes Material warten zu müssen. Als sie dann endlich eintrafen, war die Freude gross. Die Resultate liessen sich sehen, obwohl schwierige Bedingungen am Drehtag herrschten.

Dreh

Wir drehten mit zwei verschiedenen Kameras um einen Vergleichswert zu erhalten. Carmen drehte mit ihrer Sony A7ii und Jana mit der analogen Super 8 Kamera. Für beide war der Drehtag etwas Neues, beide hatten mit anderen Problemstellungen und Schwierigkeiten zu kämpfen. Zudem wurden wir von schlechtem Wetter getroffen, welches uns viel Regen und Kälte bescherte. Zu Beginn nieselte es nur leicht, später jedoch fielen immer dickere Tropfen vom Himmel, weshalb wir begannen, unsere Kameras in Plastiktaschen einzupacken, damit sie einigermassen vor der Nässe geschützt waren. Trotzdem mussten wir mehrfach die Objektivlinsen von Regentropfen befreien. Gwinnie, unser Filmhund, fand das Nass gegen Ende nicht mehr allzu toll und auch wir zehrten langsam an unseren Wärmespeicher.

Der Regen hatte aber auch positive Seiten, denn so entstanden wunderbar melancholische Aufnahmen.

Eindrücke Jana: Die Sony A7ii, kann sehr gut mit schlechten Lichtbedingungen umgehen. Trotz hoher Iso-Werte ist fast nie ein Bildrauschen zu erkennen. Die Super 8 Kamera hingegen, kann sich in diesem Bereich nicht gross behaupten. Die ISO-Werte, werden mit dem Film eingestellt, den man einlegt. Wir entschieden uns für einen Film mit 100 ISO sowie einen mit 200 ISO und hofften auf einigermassen gutes Wetter. Doch am Drehtag regnete es ununterbrochen. Ich hatte mir aber umsonst Sorgen gemacht. Das entstandene Bildrauschen passt zum analogen Look und es ist eigentlich alles noch sehr gut erkennbar.

Die Kamera Handhabung war sehr einfach. Ich musste nur die Framerate einstellen und die Schärfe. Den Rest übernahm die Kamera. Gefilmt wird mit der Super 8 aus der Hand und man hält die Kamera wie eine Pistole - der der Auslöser ist dann quasi der Abzug. Einzig Detailaufnahmen liessen sich mit der Super 8 Kamera schlecht bis gar nicht machen. Der Sucher war so klein und ungenau, dass ich mich fast nie getraute Nahaufnahmen zu machen.

Eindrücke Carmen: Zusammen mit einem variablen ND Filter und einem 50mm f/1.8 Objektiv ausgestattet, wusste die Sony A7ii bis jetzt so ziemlichen jede Dreh-Situation gut zu meistern. Und so wurde ich auch dieses Mal trotz Regen und eher dunklen Verhältnissen nicht enttäuscht. Um dem Look einer Super 8 nahe zu kommen und einen direkten Vergleich digital - analog machen zu können, verzichteten wir beim Dreh mit der Sony A7ii bewusst auf ein Stativ und setzten auch das ausgeliehene Schulterstativ nur sparsam ein. Wie bereits erwähnt, wird bei der Super8 nämlich auch nur aus der Hand gefilmt.

Trotzdem, dass der eingebaute Steadyshot der A7ii oft sehr gute Dienste leistet, hatte ich mir mehr Unterstützung durch ihn gewünscht. So wurden einige Aufnahme verwackelter als geplant. Zusammengesetzt und mit ein wenig Post-Production ergab sich dann aber ein harmonisches Gesamtbild, das durch die Kameraführung einen eigenen Stil in Anlehnung an die Super 8 erhielt. Die Farbwiedergabe und - Wärme der Aufnahmen überzeugten uns einmal mehr, so musste ich praktisch kein Colorgrading anwenden. Zudem glichen die Farben dem Look der Super 8, was uns erfreute.

Dennoch, es sind zwei komplett verschiedene Aufnahmen, mit ganz eigenen Bildcharaktern, wobei die Aufnahmen der Super 8 um einiges einzigartiger wirken, als die digitalen der Sony Aii.

Fazit

Mit einer Super 8 Kamera zu drehen war sehr eindrücklich und spannend.  Uns wurde wieder einmal bewusst, wie sich die Technik in den letzten 50 Jahren verändert hat. Auch die Planung des Drehs war ganz anders wie normalerweise. Wir waren auf das Storyboard angewiesen und wir konnten nicht spontan noch ein paar andere Aufnahmen machen.

Es war ein Experiment, welches auch problemlos in die Hose hätte gehen können. Permanent hatten wir panische Angst, dass uns der analoge Film reisst oder verheddert, womit alle Aufnahme zerstört gewesen wären. Oder dass die Resultate komplett über- oder unterbelichtet und unbrauchbar sind. Wir hätten nicht die finanziellen Mittel gehabt, nochmals nachzudrehen. Doch unsere Angst war schlussendlich umsonst. Das doch schon alte Material hat einwandfrei funktioniert, was einmal mehr beweist, dass bewährte Technik kaum kaputt zu kriegen ist und man dafür belohnt wird, einen Schritt zurück in die Vergangenheit zu wagen.

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