Thunersee-Umrundung

Mein Mini-Jakobsweg vor der Haustüre: 50km, einmal um den Thunersee.

Ein kleiner Ausbruch aus der Corona-Quarantäne. Bewegung, frische Luft und ein paar Sonnenstrahlen tanken, genau das habe ich gebraucht. Deswegen habe ich mich auf meinen persönlichen Mini-Jakobsweg begeben und bin einmal um den Thunersee gelaufen. Begleitet durch meine Drohne.

Das Ergebnis: Ein Matchcut-Video aus der Vogelperspektive.

(hil)

Kritik
von Selina Schneider

Idee

Nachdem mir nach einigen Tagen der Selbstquarantäne die Decke auf den Kopf fiel, verliess ich mein auf dem Balkon errichtetes Büro und ging spazieren. Das Laufen tat so gut, da kam mir plötzlich die Idee, den Thunersee zu umrunden, der unweit von meinem zu Hause entfernt liegt. So könnte ich unter Berücksichtigung der staatlichen Anordnung doch aus dem Haus kommen und das ganze mit meiner Drohne begleiten und daraus ein Matchcut Video schneiden. Sowas habe ich bisher noch nicht zusammengeschnitten und es reizte mich, diese Art von Zusammenschnitt selbst mal auszuprobieren.

Das Ergebnis soll ein Video zu meinem Mini-Jakobsweg in meinem Quarantäne-Spektrum sein. Gefilmt aus der Vogelperspektive, um die Einsamkeit der aktuellen ausserordentlichen Lage bildlich einzufangen.

Ziele

  • Drohnenfertigkeiten aufbessern, Sicherheit gewinnen, Hemmungen vor dem Fliegen verlieren, Start & Landungen verbessern
  • lernen, wie man ein Matchcut Video schneidet

Umsetzung

Die Route

Vorab schaute ich mir die Länge der Route auf Google Maps an. Insgesamt sind es ca. 50km um den ganzen See herum. Da mir von anfang an bewusst war, dass sich die angezeigte Wanderzeit aufgrund der vielen Stopps zum Filmen sehr in die Länge ziehen würde, entschied ich mich, die Route in 4 Etappen aufzuteilen:

Tag 1: 1. April 2020, Thun bis Gunten, Stampbach (ca. 9.8km / 2h)

Tag 2: 9. April 2020, Gunten, Stampbach bis Unterseen (ca. 12.3km / 2h 50’)

Halbzeit =)

Tag 3: 15. April 2020, Därligen bis Spiez (ca. 14.4km / 3h)

Tag 4: 18. Mai 2020, Spiez bis Thun (ca. 10.3km / 2h 5’)

Am Ende jeder Etappe kehrte ich mit dem Bus zurück nach Hause und startete beim nächsten Mal am exakt selben Ort, um die Umrundung fortzusetzen.

Probleme

Nicht überraschend wurde sehr weit an den See gebaut, sodass eine Umrundung immer direkt am Wasser entlang nicht möglich war und gewisse Etappen durch Wald oder entlang der Strasse führten. Allerdings ergab dies einige schöne abwechslungsreiche Bilder für das Endprodukt.

Am Seeende bei Interlaken lässt es sich nicht zu Fuss bis Därligen gehen, weshalb ich bei der 3. Etappe ab Därligen starten musste.

Ab Merligen lässt es sich nur über den Pilgerweg zu den Beatushöhlen wandern, am See entlang führt nur eine Schnellstrasse.

Bildkomposition

  • Frontale Shots herunter, Person mittig platziert
  • langsamer Drohnenflug mit den Schritten der Person
  • einheitliches Outfit an allen Drehtagen: Farbe Lila für Kontrast zum dominierenden grün & blau der Natur

Probleme/Learnings

Leider habe ich es nicht hingekriegt, ein Tracking mittels follow-me Funktion auf der Drohne einzustellen. So sah ich es als zusätzliche Übung, während dem Laufen langsam mit der Drohne mitzufliegen. Das stellte sich teilweise schwieriger als gedacht heraus und mein Hirn musste sich wohl erst ans Drohnensteuern & gleichzeitige Laufen gewöhnen :). Dabei Lauf- & Fluggeschwindigkeit unter berücksichtigung der mal weniger, mal mehr stark wehenden Winde aufeinander abzustimmen und das auch noch ohne zu stolpern stellte sich als eine echte Herausforderung dar. Mir wurde schnell bewusst, dass ich in der Nachbearbeitung einen Trick brauchen würde, um mich nachträglich mittig zu platzieren, da es trotz Fadenkreuz auf dem Bildschirm sehr schwer war, mich immer exakt in der Mitte zu halten.

Ursprünglich plante ich, eine bestimmte Flughöhe zu fixen um immer die gleiche Höhe auf den Shots zu haben. Aufgrund der zahlreichen Flughindernisse (besonders im Wald) verwarf ich diesen Plan und flog jeweils so hoch wie das Bild ansprechend aussah und die Flugsicherheit gewährleistet war. Die Höhenunterschiede stören meines erachtens im Endprodukt nicht.

Drohnenbewilligung

Vorab informierte ich mich via. offizieller Seite der schweizerischen Eidgenossenschaft über mögliche Drohnenverbotszonen. Dies ergab:

  • bis 50m Flughöhe erlaubt in der Stadt (Umgebung Thun, Interlaken)
  • Flugverbot bei den Beatushöhlen (Wasserfall)
  • Flugverbot in der Region um Gwatt (Tierschutzgebiet)

Dreh

Den Dreh verteilte ich gemäss Routenplanung auf 4 Tage.

Probleme/Learnings

Nach jedem Flug musste ich nochmals zurücklaufen um die Kameratasche einzusammeln. Mir wurde bewusst, was es bedeutet, ein Videoprojekt alleine zu machen, da gerade in solchen Fällen eine helfende Hand von Vorteil wäre.

Material

  • DJI Mavic Pro mit 2 Akkus
  • Samsung Galaxy S8 zur Steuerung der Drohne

Postproduktion

Materialsichtung

Nach jeder Etappe/jedem Drehtag sicherte ich die Aufnahmen auf meinem Laptop. Nach dem 1. Drehtag waren jedoch nur ein paar wenige auf der SD-Karte zu finden. Zum Glück speichert das Handy die Aufnahmen während dem Flug ebenfalls noch ab - jedoch mit Qualitätsverlust, was sehr ärgerlich war.

Nachdem das Problem trotz Anpassung einiger Einstellungen am 2. Tag immernoch nicht behoben werden konnte, formatierte ich die SD-Karte und ab Tag 3 waren dann jeweils alle Aufnahmen sauber und in voller Auflösung auf der Speicherkarte auffindbar.

Learning: Nach jedem Flug prüfen, ob die Aufnahmen abgespeichert wurden (auf dem Handy) und die Fokuseinstellungen passen. Die Dateien benannte ich chronologisch, da ich das Video später in chronologischer Reihenfolge schneiden wollte, um die reale Reihenfolge der Landschaft um den Thunersee abzubilden.

Audio/Musik

Auf Artlist fand ich ein Lied das mir gefällt und welches einen geeigneten Rhytmus für den Matchcut-Schnitt bot - nicht zu langsam, aber auch nicht zu schnell, mit klaren Tönen, die zum tollen Wetter und meiner guten Stimmung, die mir das Laufen bescherte passen.

Blue by iamdaylight

Programme

  • Adobe Premiere Pro (Videoschnitt)
  • Adobe After Effects (Intro/Outro)
  • Photoshop (Hilfskreuz, Thumbnail)

Schnitt

Nach Lauftagen sortiert zog ich das Rohmaterial ins Premiere Pro und Schnitt zuerst die gut gelungenen Laufszenen heraus. Anschliessend setzte ich passend auf den Rhytmus Markierungen und kürzte die Shots so, dass sie passend zur Musik wechselten.

Schliesslich erstellte ich in Photoshop ein rotes Kreuz und zog die PNG Datei mit transparentem Hintergrund ins Premiere Pro - dies diente mir als Hilfe, um anschliessend mittels Scale & Position mich als laufende Person auf allen Shots mittig zu platzieren.

Schliesslich kürzte ich das Lied an Anfang und Ende.

Intro/Outro

Für das Intro, sowie Outro wollte ich nicht noch mehr rumexperimentieren und einen riesigen Zeitaufwand generieren und entschied mich, die Texteinblendungen aus einer Vorlage zu übernehmen, die ich bereits für ein anderes Video (siehe Wandervideo Gelmersee) erstellt hatte.

Anleitungsvideo auf Youtube: Create a BLURRY LETTER Title in After Effects! Von DOD Media.

Zudem erstellte ich mittels Einstellungsebene und Transform Crop Effekt schwarze Balken, die von oben und unten ein- bzw. ausfahren.

Color Correction & Grading

Ich nahm nur eine sehr kleine Farbkorrektur vor, indem ich eine Einstellungsebene über den kompletten Clip zog und mit den Lumetri Colors die Sättigung, sowie den Kontrast erhöhte.

Thumbnail

Für das Thumbnail verwendete ich einen Screenshot aus meinem Video. Ich wollte es schlicht halten, so simpel wie das Laufen und das Video selbst eigentlich ist.

Als Schriftart verwendete ich dieselbe wie im Intro & Outro des Videos: Peace Sans.

Mittels Schnittmaske füllte ich die Schrift mit dem Hintergrundbild, verstärkte die Helligkeit und erzeugte einen leichten 3D-Effekt mit den Effekten Bevel & Emboss sowie Drop Shadow.

Fazit

Ich bin mal wieder überrascht, wie viel Aufwand ein kurzes Video generieren kann. Mit den 4 Dreh- bzw. Lauftagen, der Materialsicherung und dem Schnitt selbst sind viele Stunden investiert worden. Das Projekt hat mir jedoch sehr viel Freude bereitet und mein Ziel, mehr an die frische Luft zu gehen und mehr Bewegung trotz der Quarantäne-Situation zu haben, habe ich damit definitiv erfüllt. Nicht nur das Laufen hat sehr gut getan, daraus ein Video zu schneiden hat mir unglaublich viel Freude bereitet. Von Flug zu Flug habe ich gemerkt, wie sich meine Drohnenfertigkeiten verbessern und besonders meine Starts & Landungen sind besser den je. Wie man ein Matchcutvideo schneidet habe ich auch gelernt. Gerne werde ich diese Art des Schnitts für zukünftige Projekte wiederverwenden oder sogar mal aus einer anderen Perspektive ausprobieren.

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