Von Studentinnen zu Superstars

Ja, du hast richtig gelesen. Wir haben uns für Digezz in Superstars verwandelt. Falls es mit dem Studium oder einem 0815-Job also nicht klappt, gründen wir offiziell eine Girlband. Musikvideo-Erfahrung haben wir nun ja genug…

Nein, mal ganz ehrlich: Wer kennt sie nicht, die Hits der späten 90er und frühen 2000er – «Angels» von Robbie Williams oder  «Oops! …I Did It Again» von Britney Spears. Für uns – alle Kinder der 90er – pure Nostalgie. Noch heute werden die Songs im Auto oder auf Parties lauthals mitgesungen. In unseren Köpfen spielt sich dabei, wie früher auf MTV, das passende Musikvideo ab.

Ähnlich erging es uns mit dem Song «Daylight In Your Eyes» der deutschen Girlgroup No Angels. Bei einem gemeinsamen Abendessen sind wir über den Song und das Video gestolpert.

Was für uns heute total überspitzt und komisch wirkt, war damals das Non­plus­ul­t­ra. Aber was zum Teufel steckt alles hinter so einem Video?

Wie zu Teenie-Zeiten, teilte sich jede einem passenden Bandmitglied zu. Aus einer witzigen Idee wurde ein (mehr oder weniger) ernstes Digezz-Projekt. Wir präsentieren:
No Angels 2.0

May we be the Daylight In Your Eyes ?

(lhu)

Kritik
von Nuria Spycher, Gina Gysi, Amber Vetter, Milena Burch und Aileen Lakatos

Vorbereitung
Gleich zu Beginn ging es darum, uns einen Überblick zu verschaffen, was bei diesem Projekt alles beachtet werden muss. Niemand von uns hat je zuvor mit einem Greenscreen gedreht und auch unsere After Effects Skills hielten sich – nett ausgedrückt – in Grenzen.

  1. Drehtermin

Mit fünf Personen plus einem Studio, das frei sein musste, war es schwierig, einen passenden Termin zu finden. Uns wurde auch schnell klar, dass es mit unserer fehlenden Kapazität unmöglich war, den Dreh auf zwei Tage zu verteilen. Schlussendlich konnten wir aber die Selbststudiums Woche nutzen, um unseren Drehtermin festzulegen.

  1. Materialausleihe

Eigentlich schien es uns bezüglich Material simpel: Wir nehmen keinen Ton auf und alle Aufnahmen können mit einer Kamera gedreht werden. Dass der Fokus beim Greenscreen auf dem richtigen Licht liegt, stellten wir am Drehtag, sowie später in der Postproduction fest. Glücklicherweise ist das Studio mit vielen Scheinwerfern ausgestattet.

  1. Analyse des Videos

Wir wollten uns bestmöglich am originalen Musikvideo orientieren. Da die Schnitte extrem schnell und unübersichtlich sind, kümmerte sich jemand darum, das Video genauestens zu analysieren. Dazu gehörte, es in zusammenpassende Sektionen zu sortieren, um am Drehtag Schritt für Schritt vorgehen zu können. Es wurde für jede Person ein eigenes Video zusammengeschnitten, alle Tanzteile zusammengeschnitten und sonstige abweichende Szenen wurden gebündelt. So konnte sich jede Person optimal auf seine Rolle vorbereiten. Das Ganze war sehr zeitintensiv, half uns später aber enorm beim Dreh selbst.

  1. Musikrechte

Dieser Punkt beschäftigte uns seit Beginn. Wie erhalten wir die Erlaubnis, das Video mit dem Originalsong zu veröffentlichen? Ist das überhaupt möglich? Falls es Geld kostet, wie viel? Plötzlich mussten wir uns auch in der Praxis mit Musikrechten auseinandersetzen und es war alles andere als leicht. Wir wurden von Person zu Person und von Firma zu Firma weitergeleitet. Niemand konnte uns sofort Auskunft geben.

  1. Choreografie

Im Video gibt es fünf kurze Tanz-Sequenzen, in denen alle fünf Frauen zusammen tanzen. Diese mussten erst analysiert und dann einstudiert werden. Wir verbrachten einen langen Abend in einem Tanzstudio. Zu unserem Vorteil haben zwei in unserer Gruppe schon Tanzerfahrung – das machte es ein wenig einfacher.

  1. Outfits

Ein wichtiger Part des Videos war, dass wir den originalen Angels möglichst ähnlich sahen. Dazu gehörten natürlich passende Outfits. Einige simple Teile hatten wir in den hintersten Ecken des eigenen Kleiderschranks gefunden, wobei die glitzernden Abendkleider bestimmt nicht dazu gehörten. Wir suchten nach einer Variante, mit der wir möglichst kostengünstig (bzw. -los) an drei Outfits pro Person kamen. Schlussendlich konnten wir vieles davon ausleihen und hatten schnell ähnliche Looks zusammengestellt.

Dreh
Wir trafen uns frühmorgens in der EduZone und begannen uns einzurichten. Netterweise unterstützte uns Serge beim Aufbau und gab uns ein kurzes Coaching, auf was wir bei den Greenscreen-Dreharbeiten achten müssen. Der Aufbau dauerte viel länger als geplant – vor allem die richtige Montage der Lichter war eine Challenge. Drei Stunden nach Ankunft waren wir aber bereit für die ersten Aufnahmen.

  1. 1. Dreh der gemeinsamen Tanz-Choreos

Das schwierigste nahmen wir uns zu Beginn vor. Spätestens hier realisierten wir, dass das Studio zu klein ist, um vor einem Greenscreen zu tanzen. Wir improvisierten und versuchten möglichst nah aneinander zu bleiben.

2. Dreh der Nahaufnahmen
Nacheinander nahmen wir einzeln die nahe Einstellung auf. Dabei kümmerte sich jemand um die Kamera, eine Person coachte und überprüfte die Aufnahmen mit Hilfe der vorbereiteten Einzelclips sowie einem grossen Screen. Eine Person bereitete sich für ihre nächste Szene vor (Outfit und Make-Up) während eine Person Pause hatte. So wechselten wir uns ab und alle hatten jede Zuständigkeit mal durchlaufen. Diese Aufteilung hat gut funktioniert.

3. Dreh der amerikanischen Einstellung
Der Vorgang war gleich wie bei den Nahaufnahmen. Es fühlte sich ausserdem mittlerweile routinierter an – jede wusste, was sie zu tun hatte.

4. Dreh der Close-Ups vom Gesicht (Augen und Lippen
5. Dreh der Aufnahmen auf dem Boden
Dafür mussten wir zusätzlich ein grünes Tuch am Boden festmachen. Dies makellos hinzubekommen, war eine Challenge. Zusätzlich machte uns der Schatten zu schaffen. Es war praktisch unmöglich, eine perfekte Voraussetzung für das spätere Keying in der Postproduction zu schaffen.

Insgesamt verbrachten wir 16 Stunden im Studio – wir hatten zwar alles im Kasten, aber es auf zwei Tage aufzuteilen wäre sicherlich angenehmer gewesen.

Postproduction – der eigentliche Grund für dieses Projekt
Der Dreh war zwar anstrengend, sich einen Tag lang in einen anderen Charakter zu versetzen, bereitete uns aber viel Spass. Danach folgte das aufwändigste am Projekt – das stundenlange schneiden, animieren und keyen. Das wichtigste an der Postproduction, war ein logischer Workflow, den wir folgendermassen handhabten:

  1. Sicherung des Materials…
    ...und zwar doppelt und dreifach auf allen Festplatten. Sogleich erstellten wir eine organisierte Ordnerstruktur.
  2. Vorbereitung für den Rohschnitt
    Wir entschieden uns, für jede einzelne Person eine Sequenz mit allen dazugehörigen Aufnahmen zu erstellen. Das brauchte seine Zeit, denn man musste sich das Video etliche Male anschauen und den passenden Ausschnitt im Rohmaterial finden. Diese Arbeit lohnte sich jedoch, denn es gab uns eine gute Voraussetzung für den eigentlichen Rohschnitt.
  3. Und wie weiter?
    Um das herauszufinden, wurden etliche Tutorials geschaut. Wir merkten zwar, dass wir unserem Ziel näherkamen, jedoch wünschten wir uns ein Coaching zu unseren individuellen Problemstellen. Dafür holten wir uns Hilfe bei Adrian, unserem zukünftigen Postproduction Dozierenden. Er konnte auf unsere individuellen Fragen und Probleme eingehen und half uns einen grossen Schritt weiter.

Für die optimale Effizienz und Learning jeder Person riet er uns, das Video in fünf Teile aufzuteilen. Jede unserer Gruppe sollte dann vom Rohschnitt, über Keying, bis hin zur Hintergrund-Animation, Colorgrading und dem finalen Export alles selbst durchmachen. So hielten wir uns gegenseitig nicht auf und jede konnte im Prozess gleich viel lernen.

Spätestens nach dem Coaching realisierten wir den Berg an Arbeit, den wir noch vor uns hatten. Jede kümmerte sich danach darum, dass sie ihren Teil bestmöglich von A bis Z finalisierte. Währenddessen kommunizierten wir stetig via WhatsApp und tauschten uns aus.

Herausforderungen
Ab vor die Kamera: Nicht alle von uns fühlen sich wohl vor der Kamera. Man nehme dazu viel Schminke und knappe Kleidung – plötzlich kostet es extrem viel Mut. Wenn man dann noch übertrieben singen und tanzen muss, ist es definitiv nicht einfach. Es kostete sehr viel Überwindung, aber letztendlich nahmen wir das Ganze mit viel Humor.

Timing und Organisation
Dieses Semester hatten wir vergleichsweise sehr viele Gruppenarbeiten. Deshalb war es teilweise schwierig, passende Termine zu finden. Auch das simultane Weiterarbeiten an verschiedenen Projekten fiel uns schwer. Wir hätten uns gerne früher intensiver mit diesem Projekt auseinandergesetzt, jedoch mussten andere Arbeiten priorisiert werden. Schlussendlich ging es zeitlich auf und wir konnten uns erfolgreich an die Deadlines halten, auch wenn sie uns anfänglich knapp schienen.

Musikrechte
Da wir uns von Beginn an entschieden haben, nicht selbst zu singen, mussten wir uns für die Veröffentlichung unseres Videos, um die Musikrechte kümmern. Dies stellte sich als sehr anstrengend und zeitaufwändig heraus.
In einem ersten Schritt hat unsere Gruppe mit unserem Rechtsdozenten Fabian Niggemeier, der bei der Suisa arbeitet, Kontakt aufgenommen. Er hat uns davon abgeraten das Video zu publizieren. Da dies für Digezz aber keine Option war, hat uns Herr Niggemeier an einen Kollegen bei der Suisa verwiesen. Dieser wiederum hat uns an den Verleger des Werkes verwiesen, wo wir bis heute stehengeblieben sind. Wir sind jedoch optimistisch, dass wir unser Cover-Video früher oder später auf YouTube stellen können und das Video somit für die ganze Digezz-Plattform zugänglich ist.

Dreharbeiten
Nie zuvor wurde uns der Leitsatz «Don’t fix it in the post» bewusster, als in diesem Projekt. Alles was in der Postproduction nicht funktionierte bzw. nicht zu retten war, ist auf die Umsetzung am eigentlichen Dreh zurückzuführen. Gleich zu Beginn des Drehs realisierten wir, dass unser Studio in der EduZone überhaupt nicht für so einen Dreh geeignet ist. Es ist viel zu klein, um eine Tanzchoreografie mit fünf Leuten vor einem Greenscren zu filmen. Da auch ein möglichst grosser Abstand von Kamera zu Greenscreen nötig ist, war es unmöglich, eine gute Ganzkörper-Aufnahme zu realisieren. Auch wurde uns im Nachhinein mitgeteilt, dass unsere Kamera nicht optimal gewählt war. Dass die korrekte Ausleuchtung das A und O ist, war uns zwar gewissermassen bewusst. Jedoch konnten wir nicht ahnen, wie wichtig sie ist. Das ist auch der Grund, weshalb die Nahaufnahmen qualitativ am besten sind. Alle anderen Aufnahmen, sei es auf dem Boden oder die Choreografien waren absolut ungenügend ausgeleuchtet, was nun leider auch klar im Endergebnis zu sehen ist.

Postproduction
Das Projekt forderte eine neue Herangehensweise der Postproduction, die uns noch völlig unbekannt war. Mit Premiere und After Effects gleichzeitig zu arbeiten war eine Herausforderung – nicht nur unsere Laptops kamen an ihre Grenzen. Durch unsere Unerfahrenheit dauerten gewisse Prozesse eine Ewigkeit, die normalerweise viel effizienter hätten erledigt werden können. Ein Beispiel: Wenn man ein Premiere-File mit einer After Effects-Composition verknüpft, kann diese praktisch nicht mehr im Premiere in ihrer Originalfassung bearbeitet werden. Das war uns nicht bewusst. Also gab es Situationen, in denen wir einzelne Clips noch einmal von vorn bearbeiten mussten. Auch wurde uns (wie zuvor erwähnt) bewusst, welche unwiderruflichen Fehler wir am Dreh gemacht haben. Es war frustrierend zu merken, dass die ursprüngliche Bildqualität mit jeder Einstellung abnahm und es mit unserer nicht vorhandenen Erfahrung keinen Weg gab, gewisse Fehler zu retten.

Animationen
Simple Animationen realisierte jede von uns im Unterricht schon einmal. Meistens hat man eine ungefähre Vorstellung, wie etwas aussehen soll. Man ist dann frei und kann sie je nach Können anpassen. Für uns war es schwierig, das Endergebnis zu kennen, aber nicht zu wissen, wie man bestmöglich zum Ergebnis kommt. Einige Hintergründe waren im Nu erstellt, andere schienen unmöglich. Wir mussten unsere Erwartungen sowie auch einige Hintergründe anpassen und uns mit «möglichst ähnlichen» Ergebnissen zufriedengeben.

Fazit
Unser Ziel, uns mit einem Dreh vor dem Greenscreen sowie mit vielen Animationen auseinanderzusetzen, haben wir definitiv erreicht. Wir wagten den Schritt aus unserer Kom­fort­zo­ne und haben uns ein Projekt vorgenommen, bei dem wir kaum Vorkenntnisse hatten. Das Projekt hat uns zudem gezeigt, dass es überhaupt nicht einfacher ist, ein bestehendes Produkt nachzuahmen. Im Gegenteil. Man spart zwar Zeit bei der Ideenfindung, jedoch ist man in der Umsetzung eingeschränkt. Ausserdem sind Fehler bei einer Nachahmung viel schwieriger zu vertuschen, da man weniger Spielraum hat. Mit dem Endergebnis sind wir nur teilweise zufrieden. Wir finden es schade, dass wir trotz des enormen Aufwands, grosse Qualitätseinbussen nicht verhindern konnten. Dafür sind wir umso dankbarer, dass wir dieses Projekt im Digezz-Rahmen umsetzen konnten und dass schlussendlich nicht alles perfekt sein muss. Der Spass am Projekt bleibt im Vordergrund und wir werden wahrscheinlich noch in 20 Jahren über das Video schmunzeln können. :-)

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